Vergangenen Sonntag, den 17.7.2022 fand live aus der Pfarrkirche in Bregenz Herz-Jesu der Festspielgottesdienst mit unserem Pfarrer Arnold Feurle statt. Seine Predigtworte finden Sie hier zum Nachlesen.
Liebe Schwestern und Brüder, liebe Mitfeiernde an Radio und Fernsehen!
Wie viele Menschen tragen dazu bei, dass ein Ereignis wie die Bregenzer Festspiele stattfinden kann! Die Protagonisten stehen am Ende auf der Bühne und werden – hoffentlich auch dieses Jahr – begeistert beklatscht. Sie stehen für die vielen, die hinter und unter der Bühne und in der Vorbereitung der Festspiele großartige Arbeit geleistet haben und leisten, übrigens Menschen jeglicher Herkunft, Hautfarbe und Rasse. Auch für diese Zusammenarbeit gilt, was Berthold Auerbach über die Musik gesagt hat: „Musik allein ist die Weltsprache und braucht nicht übersetzt zu werden!“ Zusammenarbeiten und Zusammenwirken ist auch eine Weltsprache, die überall verstanden wird!
Übrigens sind im gesamten Team der Mitwirkenden die Platzanweiser nicht zu unterschätzen. Auf einen Platzanweiser bezieht sich Navid Kermani in seinem Buch „Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näherkommen“:
Der berühmteste islamische Mystiker des 11. Jahrhunderts, Abu Said, kam nach Tus, eine Stadt im Nordiran. Da strömten so viele Leute zusammen, dass kein Platz mehr blieb. „Gott möge mir vergeben“ rief der Platzanweiser. „Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näherkommen.“ Da schloss der Gelehrte die Versammlung, bevor er begonnen hatte zu reden. „Alles, was ich sagen wollte, hat der Platzanweiser bereits gesagt“, gab er zur Erklärung, bevor er sich umwandte und die Stadt verließ.
Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen“, die Platzanweiser auf der Seebühne oder im Festspielhaus mögen sich hüte, das zu sagen, aber im übertragenen Sinn wäre es nicht schlecht, könnten sie es in die Herzen vieler hineinflüstern und – wünschen: Jeder soll von da, wo er in seinem Leben steht, mit seinem Glück und Unglück, mit seiner Dankbarkeit und Sorge, mit seinem Glauben und Zweifel, dem, was das Leben zuinnerst zusammenhält, dem innersten Geheimnis einen Schritt näher kommen. Oder – um es mit Worten des 2004 verstorbenen Kardinals König zu sagen – er möge den Antworten auf die Grundfragen des Lebens ein Stück näherkommen: „Woher komme ich – wohin gehe ich – welches ist der Sinn meines Lebens?“
Der Gläubige kann sich glücklich schätzen, weil er für die letzten Fragen und Antworten einen Namen hat: Gott; und wir Christen ein Gesicht: Jesus Christus, der nicht nur der ihm zu Füßen sitzenden Maria von Magdala diesen Sinn erschlossen hat, sondern Millionen und Milliarden von Menschen, die das mit ihrem Einsatz für andere und viele von ihnen sogar mit ihrem Blut bezeugt haben.
Es mag sein – und es wäre nicht schlecht – würden sich manche bei der schönen Musik, die sie erleben, wie zu Füßen Jesu sitzend vorkommen: einfach da sein, genießen, ruhen und zur Ruhe kommen; viele werden noch nicht ganz am Ziel ihrer Fragen ankommen, aber wenn sich beim einen oder der anderen der Ruf des Platzanweisers erfüllt: „Jeder soll von da, wo er ist, ein Stück näher kommen“, dann werden auch diese Festspiele ein kleiner Baustein in dem großen Vorhaben Gottes sein: dass sein Reich, das Reich des Friedens und der Gerechtigkeit Gestalt annimmt. Amen.