Leitgedanken von Annelies Bleil aus dem Pfarrblatt Ausgabe 8 November 2017.

"Der Tod ist gewissermaßen eine Unmöglichkeit, die plötzlich zur Wirklichkeit wird." So beschreibt  Johann Wolfgang von Goethe das einzig Sichere in unserem Leben. Wenn diese Wirklichkeit uns, gut bis gar nicht vorbereitet ereilt, wird sie meistens begleitet von Leid, Trauer und mehrschichtigem Schmerz. So wie das Leben und der Tod zusammen gehören, sind auch Bindungen  und Trauer untrennbar miteinander verbunden. Wir trauern um Geliebtes, Vertrautes, Versäumtes und nicht Erreichtes.

Den Schmerzen von Körper, Seele, dem sozialen Gefüge und der spirituellen Dimension hat sich die Hospizbewegung seit jeher angenommen. Aus einer weltweiten ehrenamtlichen Bürgerbewegung  hat sich Palliative Care entwickelt.  Medizin, Pflege, Sozialarbeit, Psychologie und Seelsorge sind nur einige Berufsgruppen, die sich mittlerweile professionell, aber vor allem auch menschlich um Schwerkranke, Sterbende und trauernde Menschen ganzheitlich kümmern. Die Bedürfnisse der An- und Zugehörigen sind darin enthalten. Mobiles Palliativteam, Palliativstation und allen voran die medizinische und pflegerische Regelversorgung bemühen sich tagein-tagaus um Palliativpatienten und ihre Angehörigen. Fachliche Kompetenz zur Linderung von Symptomen ist oberstes Gebot. Das Zeitgeschenk des Ehrenamtes ist dabei eine wichtige Säule. Die politische Verantwortung diesbezüglich muss Hoffnungsträger für uns alle sein und werden.

Eine schwere Erkrankung ist mit vielen Gefühlen, Gedanken und Fragen verbunden: Gefühle der Angst, der Unsicherheit, der Einsamkeit. Gedanken über die Zukunft, über die Familie. Fragen nach dem Sinn, Fragen nach dem Tod. Diesen existentiellen Dingen haben wir uns verpflichtet. Sinngemäß möchte ich an dieser Stelle die Sensibilität und Kreativität eines Hospizbegleiters wiedergeben: „Mir ist aufgefallen, dass ich gar nicht so sehr der Sterbebegleiter, sondern eher eine Art Reisebegleiter bin. Reisen, welche die Betroffenen oft  auch nur im Geiste zurück an Orte bringen, welche tiefe emotionale Abdrücke in ihren Herzen hinterlassen haben. So wie bei Herrn Maier. Er ist 76 Jahre alt und leidet schon längere Zeit an einer Krebserkrankung. Zu schaffen machen ihm die Wirbelfrakturen. Dies bedeutet für ihn großes Leid, da er immer viel gereist ist. Italien war für ihn das Schönste. Und weil er ein Schicksal vieler bettlägeriger Patienten teilt, nämlich fast den ganzen Tag dieselbe Blickrichtung zu haben, entschloss ich mich nach Absprache mit den Angehörigen ein Landschaftsposter über Italien anfertigen zu lassen, um es sogleich in seinem Zimmer aufzuhängen. Seitdem kehrt er oft, zumindest in Gedanken, an diese faszinierenden Orte und in diese wunderschöne Zeit zurück. Ich werde ihn dorthin begleiten - wann immer ich bei ihm bin.“ 

Ein Ort, wo man getrost bis zuletzt leben und sterben kann, wird das Hospiz am See in der Mehrerau werden. Die Koordination aller Hospizangebote und ein mobiles Team werden künftig auch im Hospiz beheimatet sein. Die Eröffnung ist Anfang 2018 geplant.  Wir freuen uns auf Ihre zahlreiche Teilhabe in irgendeiner Form. Nähere Auskunft erhalten Sie über die Hospizbüros. Gäste im Hospiz dürfen sich,  auch durch die schöne Lage, eingebunden fühlen in den Kreislauf der Natur.

Menschen, die mit dem Naturkreislauf eng verbunden leben, fühlen sich in diesem Rhythmus geborgen und haben es leichter, loszulassen. Dankbarkeit und Vertrauen durchströmen uns, wenn wir bis zuletzt, im Wissen um die Wandlungen des Lebens, den Geheimnissen der Existenz auf der Spur sind.  So oder auch ganz anders könnten wir schon im Leben sterben lernen.

Annelies Bleil, Hospizkoordinatorin für Erwachsene und Kinder