Leitgedanken von Walter Buder aus dem Pfarrblatt Ausgabe 3 April 2017.

Die Direktheit, Radikalität und universale Offenheit der Osterbotschaft ist - nichts gegen schöne Liturgien - am Leben, Tod und der Auferstehung des Zimmermanns aus Galiäa abzulesen. „Dieser ‚frohe Botschafter‘ starb wie er lebte, wie er lehrte - (…) um zu zeigen, wie man zu leben hat“ schreibt Nietzsche. Er ist der ‚frohe Botschafter‘ mit einer hochkonzentrierten, gottverwurzelten und menschenfreundlichen Lebensweisheit:  „Alles, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun, das tut auch ihnen! Darin besteht das Gesetz und die Propheten.“ (Mt 7,12). Bei allem was wir von ihm wissen, was er sagt und tut, bricht er Rollen, Masken, Vorstellungen, Fantasien und Bilder. Er sieht keine Feinde, Juden, Griechen, Zöllner, Soldaten, Arme oder Reiche - es sind Menschen - Frauen, Männer, Kinder - die er ansieht, in die Mitte stellt, sich und uns ans Herz legt.

Das Abzeichen des Christen
Der Glaube an den Zimmermann aus Galiläa - sein Name: hebräisch Jeschua bedeutet: Gott ist Heil - gestorben, begraben und auferstanden in Jerusalem „unter Pontius Pilatus“ - einem Funktionär der römischen Reichsadministration - hat unzähligen Menschen geholfen, wieder Boden unter die Füße zu bekommen, sich ihrer eigenen und der Wirklichkeit der Welt, der Mächte und Gewalten bewusst zu werden. Die ihm folgten, waren an ihrer Praxis zu erkennen, die Nietzsche das „Abzeichen des Christen“ nennt, nämlich so zu leben, „wie der, der am Kreuze starb, es lebte…“. 

Österliche Praxis
Das Ereignis der Auferstehung ist so vor allem in der Praxis ernst zu nehmen. Die an sie geglaubt haben - Vorgänger/innen im Glauben - waren einfache Leute, Handwerker, Hausfrauen, Netzmacher, Maurer, Bauern - also: extrem praxisorientiert. An den Auferstandenen zu glauben, war für sie so solide wie Weizen anzupflanzen oder eine romanische Basilika zu planen. Sie stützten sich auf diesen Glauben - und gegenseitig - gleich ob sie ein Gewölbe hochzogen oder ihr Getreide.
Auch die österlichen Evangelien gehen alle in diese Richtung. Sie brechen unsere Fantasien, Träume und Hirngespinste und bürsten sie ordentlich gegen den Strich. Ein Mensch, der in die göttliche Herrlichkeit eingetreten ist, muss ganz außergewöhnliche Sachen gemacht haben, oder?

Jemand, der mit Sternen jongliert oder eine Welt macht, wo das Lamm beim Wolf und der Panther beim Böcklein liegt (Jes 11,6f.). Aber faktisch muss man sich der Einsicht beugen, dass der auferstandene Jesus nichts in dieser Art getan hat. Abgesehen von einem Netz, zum Bersten voll mit Fischen, oder einer Himmelfahrt, von zwei in Weiß gekleideten Figuren ernüchternd kommentiert: „Was steht ihr da und schaut zum Himmel empor?“ (Apg 1,11) - gibt es wenig Wunderliches. Und wenn, sind die Wunder irgendwie ‚verkehrt‘ - gewöhnlich, nicht außergewöhnlich. Sie machen Menschen normal, integrieren sie, machen sie so wie alle sind oder sein sollen: frei, aufrecht, gläubig, gesund, lebendig u.a.m. 

Der Geist Gottes führt ins Wirkliche
„Er war da, in ihrer Mitte“ (Lk 24,36; Joh 20,19 und 26) - die Evangelisten bestehen auf dieser einfachen Bescheidenheit. Und er sagt: „Der Friede sei mit Euch!“ -gerade so, wie man „Guten Tag!“ sagt oder „Servus“! Er bricht Brot, isst gegrillten Fisch, teilt ihre Mahlzeit, erläutert ihnen die Schriften, so wie man am Tisch erzählt, was einem letzthin passiert ist. Und: Er zeigt ihnen seine Wunden - üblicherweise verschwinden Wunden bei Wundern - hier aber bleiben sie sichtbar, für jeden, für immer und ewig! Das ist Realität. Ergo: Was mit dem Auferstandenen zu tun hat, hat eminent praktischen Charakter. Keine Traumwelten, keine Fluchten in spekulative Weiten - nein: alles führt zurück zur Nächstenliebe, lehrt uns die Dinge ‚von oben‘ zu sehen. Das heißt, zu sehen, was den Sterblichen gemeinsam ist, jedoch durch die „Brille“ des Heiligen Geistes. Jesus hatte es ihnen in seiner letzten Ansprache vor der Passion klar gemacht: „Es ist gut für euch, dass ich fortgehe. Denn wenn ich nicht fortgehe, wird der Beistand nicht zu euch kommen; gehe ich aber, so werde ich ihn euch senden.“ (Joh, 16,7). Es dauert erfahrungsgemäß rund 50 Tage. Aber das kann dauern, denn der Geist weht wo er will!

Walter Buder