Die Katholische Bibelwissenschafterin Prof. Dr. Helene Schüngel-Straumann hat im Rahmen des Ökumenischen Bildungswerks Bregenz im Gymnasium Sacre Coeur Riedenburg einen bewegenden Vortrag über das Frauenbild der biblischen Schöpfungserzählungen gehalten.

Prof. Helene Schüngel-Straumann ist nicht irgendwer: als erste Frau und Laiin konnte sie in den Sechzigerjahren im deutschsprachigen Raum im Fach Theologie promovieren. Als erste Frau erhielt sie in Deutschland einen Lehrstuhl und musste sich erst einmal Anerkennung verschaffen in einem Wissenschaftsbetrieb, der fast ausschließlich durch Priester geprägt war. Sie gehört zur ersten Generation von Theologinnen, die auf viele Fragen einen ganz neuen Blick warfen. Unter dem Titel "Meine Wege und Umwege. Eine feministische Theologin unterwegs" hat sie ihre Lebenserfahrungen in einer Autobiographie publiziert.

Eva - der Ursprung der Sünde?
Zum Beispiel die Gestalt Evas in der Bibel. Vor allem in der christlichen Wirkungsgeschichte galt sie als die Frau, die sich durch die Schlange im Paradies hatte verführen lassen und die deshalb "Schuld" an der Sünde überhaupt war. Vor allem in der christlichen Wirkungsgeschichte des Textes hat sich das verheerend ausgewirkt: Frauen wurden als minderwertig dargestellt. Vor allem ab dem späten Mittelalter wurde sogar die Schlange als Frau dargestellt, obwohl sie im hebräischen Original eindeutig männlichen Geschlechts war!

Genaues Lesen relativiert
Schüngel-Straumann ermunterte in ihrem Vortrag zu einem genauen Blick in das hebräische Original der biblischen Urgeschichten im dritten und vierten Kapitel des Buches Genesis. Dort ist vielmehr von der ursprünglichen Gleichwertigkeit der Geschlechter die Rede. Diese Texte erzähen auch nicht von Einzelmenschen, sondern vom Menschen oder der Menschheit an sich. Nichts anderes bedeutet nämlich das Wort "Adam". Es ist dann auch der Mensch, der sich verführen lässt und damit die ursprüngliche Harmonie mit Gott und Welt verliert und in die Zivilisation eintritt. Die Mühen der (Feld-)Arbeit und die Mühen des belasteten Verhältnisses der Geschlechter sind für die biblischen Schriftsteller die Folgen dieses Schrittes des Menschen in die Zivilisation. Mit den Urgeschichten setzt er (oder sie?) die Utopie der Harmonie mit der Natur und der Gleichwertigkeit der Geschlechter.

Die angeregte Diskussion nach dem Vortrag, moderiert durch die evangelische Pfarrerin und Religionslehrerin Sabine Gritzner-Stoffers, zeigte, dass die Gedanken von Helene Schüngel-Straumann sehr aktuell sind.

Lesenswerte neueste Bücher von Helene Schüngel-Straumann:

  • Meine Wege und Umwege. Eine feministische Theologin unterwegs. Paderborn: Ferdinand Schöningh Verlag, 2011.
  • Eva. Die erste Frau der Bibel: Ursache allen Übels? Paderborn: Ferdinand Schöningh Verlag, 2014.
Beide Bücher können über die Buchhandlungen Arche (Bregenz) oder Quelle (Feldkirch) bezogen werden.