„Denkt nicht mehr an das, was früher war, schaut nicht mehr auf das, was längst vergangen ist! Seht ich schaffe Neues. Schon sprosst es auf. Merkt ihr es nicht?“ (aus Jes 43)
Es ist eine große Herausforderung, die der Prophet Jesaja vor fast dreitausend Jahren formuliert hat und die auch wir spüren, wenn wir heute Kirche in Bregenz mitgestalten wollen. 25 Menschen aus allen Bregenzer Pfarren, Haupt- und Ehrenamtliche, haben sich für drei Tage in einem Bildungshaus nahe Augsburg versammelt, um nachzuspüren, was gute nächste Schritte in der Entwicklung der Pfarren in unserem Seelsorgeraum sein könnten.
Wenn wir über Kirche im heute und morgen nachdenken, dann müssen wir zuerst über das Loslassen nachdenken. Über viele Jahre haben sich Kirchenbilder in unserem Denken verfestigt, die uns prägen, die heute aber nicht mehr wirklich tragen: Bilder einer Kirche, die möglichst viele Menschen „versorgt“: mit Sakramenten oder mit Ansagen, wie das Leben gelebt werden muss. Bilder einer Kirche, in der einer oder wenige wissen, wie Leben gelingt und wohin es gehen soll und die andere mit einem Auftrag „auf den Weg schicken“.
Die Kirche muss heute erwachen. Fragen, die sich uns stellen, sind manchmal lästig und auch anstrengend und wir würden sie am liebsten gerne übergehen: Was bedeutet es, heute Christ zu sein? Wie verbinden wir Glaube und Leben? Was ist meine Rolle in einer Kirche, die sich dem Heute zuwendet: Als Priester, als Diakon, als Pastoralassistent/in, als haupt- oder ehrenamtlicher Laie? Diesen Fragen können wir nicht ausweichen.
Ist es wirklich unsere wichtigste Aufgabe, Menschen in die Kirche, in unsere Gottesdienste und Feiern zu locken, die das eigentlich gar nicht mehr wollen? Oder geht es nicht eigentlich darum, sichtbar zu machen, wo Reich Gottes auch heute gelebt wird – auch außerhalb unserer kirchlichen Räume und Gewohnheiten – und dort Reich Gottes zu stützen und zu fördern, wo es sich heute eben zeigt? Es geht darum, Menschen zu helfen, ihr Leben im Licht der frohen Botschaft zu deuten, Menschen zu helfen, ihre Umgebung mit der Botschaft des Evangeliums zu durchdringen. Dort, wo Menschen leben, dort sollen wir als Kirche präsent sein.
Und so sollten wir aufhören, immer auf unsere Mangelerfahrungen zu starren. Es kann in Zukunft nicht mehr darum gehen, sich ständig zu fragen, wie wir den einen oder anderen Arbeitskreis am Leben erhalten, wie wir unsere Gruppen verjüngen, um Aufgaben, die wir bei uns sehen, auch weiterhin bespielen zu können. Auch nicht darum, jeden Gottesdienst zu jeder Zeit zu erhalten.
Die Fragen werden sein (müssen): Welche Charismen bringen Menschen, die uns in unserem Lebensraum begegnen, mit? Können wir ihnen helfen, diese Begabungen zum Wohl der Gemeinschaft in unserer Stadt einzubringen? Können wir ihnen Orte in unseren Pfarren anbieten, wo sie ihre Talente leben und verwirklichen können? Können wir Menschen, egal wo sie gerade sind, dabei unterstützen, am Reich Gottes auch im Jahr 2020 mitzubauen? Denn darum geht es: Nicht um Erhalt einer – eventuell überkommenen – Form von Kirche, sondern um die Durchdringung unserer Lebenswelten mit der Botschaft des Jesus von Nazareth.
Die Tagung brachte uns viele positive Bilder, Ansätze und Ideen ins Bewusstsein. Für mich war es ein hoffnungsvolles Bild: Wo soll Untergang der Kirche sein, wenn sich auch heute noch hunderte Menschen in der Kirche in Bregenz, in unseren Pfarren und Gemeinschaften engagieren und einige sogar Urlaubstage „opfern“, um über die Zukunft der Kirche
nachzudenken?
Gerold Hinteregger
Christoph Breuer, PGR St. Gallus:
Der Kirchenkurs war sehr ermutigend: Christus wirkt in uns allen. Herausfordernd bleibt, ihn in den Menschen innerhalb und außerhalb der Kirchenmauern zu entdecken und uns gegenseitig auf den eingeschlagenen Wegen zu unterstützen. Die Tage hier in Augsburg haben uns bestärkt, dass vieles, was wir in letzter Zeit neu begonnen haben, von diesem Geist getragen wird. Wir blicken voller Hoffnung auf das, was kommt.
Helga Purin, PGR St. Gebhard:
Drei Tage waren wir unterwegs, um herauszufinden, wo wir stehen und wohin der Weg führen soll. Wir befinden uns in einem Veränderungsprozess. Gemeinsam können wir unsere Stärken und Charismen entdecken. Am Beispiel von Mose und den Israeliten, die aus Ägypten ausgezogen sind, haben wir nachgespürt, was es heißt, „auf dem Weg“ zu sein.