Die grünen Zweige und der Duft des Waldes erinnern uns an ein Wort des Propheten Jesaia. Wenn die Welt im Dunkel liegt, wenn Leblosigkeit regiert, wird ein Reis hervorbrechen, die alte Wurzel wird neu austreiben.
Von Martin Kranzl-Greinecker
Wenn Sie auf dem Land leben oder sich gern in der Natur aufhalten, ist Ihnen wahrscheinlich der Wald vertraut. Sein dauerhaftes Grün, sein kühler Schatten im Sommer, sein weich bergender Boden, sein gesunder Geruch. Unsere Vorfahren vor vielen Jahrhunderten lebten im Wald, der bis heute für viele Menschen besondere Ausstrahlung besitzt. An den Rändern unserer hoch technisierten Zivilisationsstädte entstehen immer mehr „Waldkindergärten“. Schulklassen pilgern einmal pro Woche in den Wald, um Natur zu erfahren. Der Kontakt zum Wald hat positiven Einfluss auf die menschliche Entwicklung.
Mitten im Dunkel.
Im Advent und zu Weihnachten hält der Wald als Adventkranz und Christbaum Einzug in unsere Wohnungen und Häuser. Mitten im Winter, wenn Kälte und Dunkelheit der Natur eine Pause verordnen, schmücken grüne Zweige unsere vier Wände. Sie bringen uns den frischen und gleichzeitig feierlichen Duft des Waldes. Sie erinnern an das (auf Jesus gedeutete) Bild des Propheten Jesaia, dass ein Reis, ein Trieb aus Isais Wurzel hervorbricht und Frucht bringt.
Lebenszeichen.
Am schönsten ist es, den Adventkranz selbst zu binden – und wer dazu Zeit und Gelegenheit hat, möge dies schätzen.Genauso schön ist es, bei einem Adventspaziergang einen Zweig mitzunehmen und als starkes Lebenszeichen der Natur aufzustellen. Das Bild der Blüte mitten im Winter für die Geburt Christi ist uralt und auch in Weihnachstliedern überliefert. Der Brauch der Barbarazweige, die zur Weihnacht blühen mögen, hat denselben Hintergrund. Gottlob hat echtes Reisig alle Verdrängungsversuche der Kunststoffindustrie überstanden, selbst wenn die kitschigen Behübschungsversuche für Adventkränze beinahe unerträglich sind.
Der Wegweiser.
Vier Lichter und ein grüner Kranz aus dem Wald– dieses einfache Zeichen ist der untrügliche Vorwegweiser des alljährlichen Weihnachtsfestes: Wieder wollen wir die Ankunft Gottes als Mensch feiern. Beim Singen und Beten um den Adventkranz bereiten wir uns auf Jesu Geburtsfest vor. Und wir sind dankbar für Gottes frisches Grün im Grau unseres Alltags.
(Erstveröffentlichung: Vorarlberger KirchenBlatt, Nr. 47/2005)