Das Wort Gottes ist in jedem Gottesdienst die Mitte, in dem Jesus Christus gegenwärtig ist und sich im Wort als Brot des Lebens verschenkt. In der Gestaltung eines Gottesdienstes ist es die Herausforderung, diesem Wort ein besonderes Gewicht und eine besondere Bedeutung zu geben, damit aus einem flüchtigen Wort Nahrung für den Alltag wird.

Die Liturgietagung am 22./23. April 2016 stand ganz im Zeichen der Verkündigung des Wortes Gottes. Dabei ging es nicht nur um die Wort-Gottes-Feiern – vielmehr um die Frage, wie denn im Hören auf das Wort Gottes in jedem Gottesdienst Gemeinschaft mit Jesus Christus entstehen kann – und somit „Communio“ erfahren werden kann.

Dr. Gunda Brüske, Co-Leiterin am Liturgischen Institut der deutschsprachigen Schweiz hat zu dieser Tagung dafür ganz unterschiedliche Möglichkeiten mitgebracht, wie durch sinnliche und buchstäblich bewegende Rituale und Zeichenhandlungen die Wortlastigkeit einer Feier durchbrochen und so abwechslungsreicher und lebendiger wird.

Communio im Wort

In einem ersten theologischen Impuls zeigte Gunda Brüske auf, wie im gemeinschaftlichen Hören auf das Wort Gottes Gemeinschaft mit Jesus Christus entsteht. Diese Communio ist nicht herstellbar, sondern eine Gabe Gottes. Dabei geht es um einen Kommunikationsvorgang, der über die Verkündigung und das Hören des Wortes hinaus eine Teilhabe am Wort Gottes ermöglicht. Sinnenfällige Rituale und Zeichenhandlungen helfen uns dabei, das Wort Gottes im Hören zu verschlingen, durch das Verstehen wiederzukäuen und durch den Glauben zu verdauen, so dass es in Fleisch und Blut übergehen kann und wir unser Handeln daran ausrichten können. So steht das Wort-Antwort-Geschehen der Verkündigung im Zentrum eines Gottesdienstes und ermöglicht so gemeinschaftliche Teilhabe an Jesus Christus. Im Verkünden des Wortes Gottes ereignet sich auch heute noch, was Gott uns darin zuspricht. Deutlich wird das in vielen Heilungsgeschichten, in denen das Wort bewirkt, was Jesus den Menschen zuspricht – z.B.: wenn er zum Gelähmten sagt: „Steh auf, nimm dein Bett und geh.“

Wort Gottes als Lebensmittel

Wenn wir glauben, dass wir das Wort als Stimme des lebendigen Gottes hören („Wort des lebendigen Gottes“), es wie Brot empfangen und als Nahrung verdauen und dadurch gesättigt werden, dann ist eine Kommunionspendung in einer Wort-Gottes-Feier nicht notwendig und auch nicht sinnvoll. In den Liturgischen Büchern ist daher die Option, im Rahmen einer Wort-Gottes-Feier keine Kommunion zu spenden (mit Ausnahme in einem Kranken- und Pflegeheim). Dabei weist Gunda Brüske auf die Option eines integralen Vollzugs der Eucharistiefeier hin, bei dem das Mahl, das Opfer und das Gedächtnis wesentliche Bestandteile sind. Es soll außerhalb der Messe außer bei Kranken keine Kommunion gespendet werden. Theologisch gesehen haben wir bei der Kommunionspendung im Rahmen einer Wort-Gottes-Feier Probleme. Deshalb plädiert sie dafür, die Gegenwart Gottes in einer sinnenfältigen und bewegenden Wortverkündigung erfahrbar zu machen, damit darin die Gläubigen das Wort als Lebensmittel erfahren und empfangen können.

Das Wort zum Ereignis werden lassen

Es geht also darum, eine Feierform zu entwickeln, in der das Wort der Schrift zum Ereignis wird. Dies ist durch die Aktionsform einer Prozession möglich, die bereits vor der ersten Lesung stattfinden kann. Das Lektionar wird schon beim Einzug am Beginn des Gottesdienstes von einer Lektorin feierlich auf ein Pult, den „Ort des Buches“ gelegt. Während die Mitfeiernden vor der Verkündigung einen Kehrvers singen, nimmt die Lektorin das Lektionar vom Ort des Buches, erhebt es und zeigt es der Gemeinde. Die Vorsteherin spricht zur Begrüßung ein Gebet – dann erst tritt die Lektorin zum Ambo und trägt die erste Lesung vor. In diesem sinnenhaften Ritual wird das Buch zur Mitte des Geschehens. Bewegung im Raum zieht die Blicke an und fördert Aufmerksamkeit und weckt eine Erwartung. In der Begrüßung des Wortes wird deutlich, dass Gott im Wort jetzt erscheint und gegenwärtig ist. Eine solche sinnenhafte Inszenierung macht das erklingende Wort wichtig. Und wenn dann vor dem Evangelium noch ein Hallelujaruf mit Weihrauch und Akklamation gestaltet wird, steht dem Hörereignis nichts mehr im Wege. Der Abschluss der Wortverkündigung bildet dann der Dank und die Antwort der Gemeinde, die in ganz unterschiedlichen Formen gestaltet werden kann (Lobpreis, Fürbittgebet, Dankgebet, Glaubensbekenntnis …).

Versammelt in seinem Namen

Zur Unterstützung einer Entwicklung der Wort-Gottes-Feier als eigenständige Gottesdienstform haben die Liturgischen Institute Feierbücher für die Sonntage und Werktage herausgegeben. Gunda Brüske hat während der Tagung immer wieder Beispiele aus dem Feierbuch des Liturgischen Institutes der deutschsprachigen Schweiz vorgestellt. Darin stehen verschiedene Zeichenhandlungen und eine Vielzahl an Gebeten zur Verfügung: Lobpreisgebete, eine Verehrung des Wortes durch ein Kerzenritual oder durch eine Verneigung vor dem Buch, der Zuspruch eines biblischen Wortes, ein Taufgedächtnis, eine Feier mit Bußakt und Versöhnungszeichen oder die Eröffnung einer Wort-Gottes-Feier mit einer Lichtdanksagung. Auch im neuen Gotteslob sind solche Gestaltungselemente zu finden. In einer einfachen Komplet und einer Wort-Gottes-Feier konnten die TeilnehmerInnen dies selbst erfahren und erleben.

Stimmen von TeilnehmerInnen:

„Die verschiedenen Formen von Wortgottesdiensten (Morgenlob, Abendlob, Maiandachten, Wortgottesdienste am Sonntag …) sind eine große Herausforderung. Sind sie doch recht wortlastig und eher wenig mit sichtbaren Zeichen ausgestattet. Und das aufmerksame Zuhören geht in unserer oft hektischen und lauten Zeit schon fast verloren. Alles muss schnell gehen, Stille aushalten wird zum Problem. Mir ist bei dieser Tagung wieder bewusst geworden, dass Gott uns allen etwas zutraut. Uns Wortgottesdienst-Leiter/innen und den Mitfeiernden im Gottesdienst. … Mir ist dabei die Unterstützung durch die Ortspriester sehr wichtig. Dass sie uns regelmäßige Fortbildungen ermöglichen, uns mit Arbeitsmaterial ausrüsten und uns im Wortgottesdienst durch die Einteilung der liturgischen Dienste wie Ministranten, Lektoren, Organist, Kantor … andere unterstützend zur Seite stellen. Und wenn die Pfarrgemeinde durch ihre Bereitschaft zum Mitfeiern ihre Wertschätzung kundtut, dann kann durch dieses Miteinander etwas Gutes entstehen und für´s Herz und den Alltag nur Gewinn sein.“
Dolores Podgorschek. Feldkirch Altenstadt

„Die Tagung hat mir einen umfassenden Einblick in die Gestaltungsmöglichkeiten von Wort-Gottes-Feiern gegeben. Bei der Wort-Gottes-Feier steht die Verkündigung der Heiligen Schrift im Mittelpunkt. Wir haben gelernt – und in zwei Feiern in der Kapelle erlebt, wie dem Wort Gottes durch Zeichenhandlungen, Symbole, Gesten und Gebärden die gebührende Wertschätzung und Verehrung zuteil wird. Den Mitfeiernden soll sinnenhaft vermittelt werden, dass im Wort der Heiligen Schrift Gott selber zu uns spricht. Das Wort Gottes ist Nahrung für unsere Seele. Die Antwort darauf in Form vom Lobpreis, von Gesängen, Gebeten, Fürbitten stiftet Gemeinschaft – Communio, weshalb die Referentin von „Wort-Kommunion“ spricht. Die persönliche Begegnung des Einzelnen mit Gott bleibt immer ein Geschenk, das wir als Leiter von Wort-Gottes-Feiern nicht bewirken können. Wir können aber einen Rahmen schaffen, der dies ermöglicht. Die klare Struktur und der geistliche Hintergrund helfen bei der Vorbereitung einer Wort-Gottes-Feier und geben dem Leiter/der Leiterin Sicherheit.“
Valentine Bauer, Röthis

„Mich beeindruckte die Referentin, Frau Dr. Gunda Brüske durch ihre hohe theologische Kompetenz und die Vielfalt ihrer praktischen liturgischen Erfahrung. So waren die Komplet am Abend und die Wort Gottes Feier am Morgen ergreifende Erlebnisse. Die Feiern ließen uns erfahren, dass es zahlreiche kreative Entfaltungsmöglichkeiten für die Gestaltung von Wort Gottes Feiern gibt. Besondere Hoffnung gibt mir die differenzierte Sichtweise der WGF am Sonntag: Wir müssen die Wort Gottes Feier nicht länger vom Mangel des eucharistischen Vollzugs her sehen, sondern dürfen sie als eigenständige Form eines Gottesdienstes betrachten. Sie wird gefeiert, wenn es aufgrund des zunehmenden Priestermangels nicht möglich ist, eine Eucharistiefeier in einer Pfarrgemeinde anzubieten. Die Communio geschieht in dieser Feier durch das Wort Gottes, in dem Christus in der feiernden Gemeinde lebendig gegenwärtig ist und so zum Lebensbrot wird.“
Rosi Hillbrand, Feldkirch Nofels

"Für mich war an dieser Tagung eine große Freude und das große Engagement der LeiterInnen von Wort-Gottes-Feiern spürbar. Es gilt aus der Fülle zu leben. Die Eucharistiefeier steht dabei im Zentrum, die Wort-Gottes-Feier ist dagegen ein Ort intensiver Gegenwart des Auferstandenem in seinem Wort. So ist für mich die Tagzeitenliturgie das Gebet der Kirche vor Ort. Durch die Tagung ist mir deutlich geworden, dass ein ritueller, ganzheitlicher Zugang zur Wort-Gottes-Feier notwendig ist, damit das Wort zur Entfaltung kommen kann und Tiefgang bekommen kann.“
Manfred Sutter, Thüringen

Liturgische Bausteine:

Die Lust an der Weisung des Herrn - Nachtgebet auf der Liturgietagung 2016
Rein durch das Wort - Wort Gottes Feier auf der Liturgietagung 2016
Wort Gottes verkünden - Wortgottesfeier zum 13. Sonntag im Jahreskreis, Pfarre Hard

Weiterführende Hinweise:

Schwierige Wortkommunion – Ein Artikel von Gunda Brüske aus der Herder Korrespondenz 6/2015
Gottes Gegenwart im Wort ernst genommen - Ein Artikel von Eduard Nagel aus Gottesdienst 1/2015
Liturgie.ch - Homepage des Liturgischen Institutes der deutschsprachigen Schweiz
Den Lobpreis gestalten. Damit Text Gebet wird - 5 Hörbeispiele