... mit Mutter Hildegard Brem - Äbtissin im Kloster Mariastern-Gwiggen.

Woran krankt die Beichte?
Beichte vs. Therapie?

Was hat Zukunft?

Die Beichte erfreut sich nicht allseits großer Beliebtheit. Woran krankt die Beichte?

Mir kommt vor, dass eine der Hauptschwierigkeiten darin besteht, dass die Kirche derzeit im Allgemeinen über keine nachvollziehbare und motivierende Sicht zu so manchen moraltheologischen Fragen hat. Das betrifft nicht nur die wiederverheirateten Geschiedenen und die Homosexuellen, sondern geht viel tiefer. Die traditionelle Lehre von der Sünde zum Beispiel macht bei der üblichen Einschätzung von Sünde und Todsünde 80 bis 90 Prozent auch der Christen zu Höllenkandidaten. Wenn einer zum Beispiel durchaus in seinem Leben Verfehlungen sieht, die ihm leidtun und für die er sich Vergebung erhofft, so ist doch nicht jeder schon gleich bereit, sein Leben bis ins Detail nach der Lehre der Kirche auszurichten. Nach der traditionellen Lehre hat er dann bei der Beichte keine Chance, da auch hier „Alles oder Nichts“ gilt. So ist die Beichte für ihn nichts Befreiendes, sondern eine Zwangsjacke.

Was kann die Therapie leisten, was das Sakrament der Versöhnung?

Von vielen Christen wird der Unterschied zwischen Therapie und Sakrament der Versöhnung nicht klar gesehen. Bessere Tipps für mein Leben bekomme ich im Allgemeinen sicher eher in einer Therapie. Doch das Angebot Gottes, mir neu Beziehung, Freundschaft, Wegbegleitung, seine Hilfe, ja, sein über alles Irdische hinausgehende göttliches Leben zu schenken, liegt auf einer anderen Ebene. Es würde der Sehnsucht vieler Menschen nach Bewusstseinserweiterung, neuen Dimensionen und Perspektiven, tragfähigen Beziehungen und Angenommensein sehr tief entsprechen – da bedarf es aber einen klugen, tiefgehenden  und nicht abgehoben frömmelnden  Katechese.

Was könnte da Zukunft haben?

Ein niederschwelliges Angebot, das viele Menschen ansprechen könnte, scheint mir der Dienst des Anhörens zu sein, den Kardinal Martini in seiner Diözese eingeführt hat. Da würden sich viele Menschen angesprochen fühlen, und sie hätten weniger Angst, mit dem moralischen Zeigefinger empfangen zu werden. Und nicht selten würde sich vielleicht auch die Möglichkeit ergeben, die Angebote, die Gott für Heilung und ein gelungenes Leben macht, vorzustellen.

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