Bald sind Schulferien. Das bedeutet jedoch keine Pause in der Arbeit des Schulamts der Diözese Feldkirch: Der Beitrag der Religionspädagogik zur „Pädagog/innenbildung NEU“ etwa ist inhaltlich und organisatorisch teilweise noch zu gestalten. Im KirchenBlatt-Gespräch nimmt Schulamtsleiter Theodor Lang Stellung zur Religionslehrer/innen-Ausbildung - und auch zur Diskussion um die Gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen.

„Wir brauchen eine kindergerechte, eine jugendgerechte, eine menschenwürdige Schule.“ (Lang)


Dietmar Steinmair

KirchenBlatt: Die „Gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen“ ist eines der Hauptthemen in Vorarlberg in den letzten Wochen. Wie stehen Sie persönlich - als Lehrer mit langjähriger Berufserfahrung - zum pädagogisch begründeten Vorschlag, die Bildungswegentscheidung nach hinten zu verlegen?
Theodor Lang: Die bildungspolitische Diskussion der Gemeinsamen Schule der 10- bis 14-Jährigen ist eigentlich nichts Neues. Seit über hundert Jahren wird dieses Thema wellenartig, also einmal mehr und dann wieder weniger eindringlich genannt, diskutiert oder gefordert. Nämlich als Lösungsvorschlag für die vielen gesellschaftlichen, politischen, sozialen, aber auch pädagogischen Probleme und Herausforderungen. Die Gesamtschule als „Patentlösung“ all dieser Probleme zu sehen, ist für mich ebenso fraglich, wie die starre Position, dass am jetzigen Bildungssystem nichts geändert werden müsste.

Die Ausgangsfrage jeder bildungspolitischen Reform sollte die Perspektive beinhalten, wozu Schule gut ist. Mit kirchlichem und pädagogischem Blick kann die Antwort nur lauten: Es geht um die Kinder und Jugendlichen. Sie brauchen eine kindergerechte, eine jugendgerechte, eine menschenwürdige Schule.

Die entscheidende Rolle für eine Verbesserung der Schulentwicklung und der Bildungsqualität tragen die handelnden Personen. Denn Reformen im Bereich der Bildung sind weniger eine Frage der Technik oder eines Systems als vielmehr der Glaubwürdigkeit, der Verbindlichkeit und der Nachhaltigkeit. Sie werden vom gemeinsamen Wollen und vom spürbaren Gewinn für alle Beteiligten und Betroffenen getragen.
So gesehen verlangt eine gerechte und effiziente Bildungspolitik nach einem entsprechenden Ressourceneinsatz und nach Offenheit für eine Vielfalt von Modellen und Schulformen.

Welche Auswirkungen auf den Religionsunterricht würde die Gemeinsame Schule haben?
Lang: Das österreichische Bildungs- bzw. Schulwesen ist seit Jahrhunderten mit der katholischen Kirche verbunden. Von Beginn an hatten bzw. haben wir als Kirche aus unseren jüdischen Wurzeln und unserer christlichen Tradition etwas einzubringen, das auch heute noch für das Wohl und eine umfassende Bildung der Schüler und Schülerinnen relevant ist. Wir sehen Schule als einen Ort der Menschwerdung, einen Ort einer umfassenden Bildung. Hier und heute trägt der Religionsunterricht zur Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrages der österreichischen Schule bei, indem er unter anderem sittliche, religiöse und moralische Werte fördert.

Schüler und Schülerinnen kommen heute aus vielen Ländern, Herkunftssituationen und Milieus der Identität, auch religiösen.  Das Zusammenleben einer größer werdenden Heterogenität (wie sie in einer Gemeinsamen Schule der 10- bis 14-Jährigen gegenüber dem derzeitigen Schulsystem noch ausgeprägter wäre) zu gestalten, braucht neue Formen des Miteinanders. Dem Beitrag des Religionsunterrichts am Umgang mit Verschiedenheit und mit Minderheiten, im gemeinsamen  Lernen an Unterschieden käme in der Gesamtschule eine entscheidende Bedeutung zu.

Stichwort „Pädagog/innenbildung NEU“: Wie ist der Stand der Dinge, was die Ausbildung von Religionslehrer/innen anbelangt? Welche Änderungen betreffen da auch die Kirchlich Pädagogische Hochschule?
Lang: Im Zusammenhang mit der „Pädagog/innenbildung Neu“ gibt es künftig gravierende Änderungen. Grundsätzlich gibt es ein Lehramt im Bereich der Primarstufe und ein Lehramt im Bereich der Sekundarstufe. Dem Konzept der Primarstufe liegt im Rahmen der vierjährigen Bachelorausbildung ein Schwerpunkt wie etwa Inklusion, Elementarpädagogik oder Religionspädagogik zugrunde. Dieser Schwerpunkt, der im 3. bzw. im 5. Semester gewählt werden muss, umfasst ca. ein Viertel der Ausbildung.

Da der Schwerpunkt Religionspädagogik ausschließlich von den Kirchlich Pädagogischen Hochschulen angeboten werden darf, ist eine enge Kooperation zwischen der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg  und der Kirchlich Pädagogischen Hochschule Edith Stein notwendig, damit die Vorarlberger Studenten und Studentinnen auch hier in Vorarlberg den Schwerpunkt Religionspädagogik studieren können.

Und wie geht es nach dem Bachelorstudium weiter?
Lang: Im Anschluss an das Bachelorstudium wird an den Pädagogischen Hochschulen und an den Kirchlich Pädagogischen Hochschulen ein eineinhalbjähriges Masterstudium angeboten. Damit ist jemand nach Abschluss des Masterstudiums Generalist/in für die Primarstufe und zugleich Religionslehrer/in - das heißt, dass er/sie die Befähigung zum Unterricht in allen Fachbereichen hat. Falls jemand ein aufsetzendes Masterstudium mit Erweiterung im fachlichen Bildungsbereich Religion auf den Altersbereich 10-14/15 absolviert, kann er als Religionslehrer in der Primarstufe und in der Sekundarstufe I eingesetzt werden.

Im Herbst 2015 starten die ersten Studiengänge an den Pädagogischen Hochschulen im Rahmen der „Pädagog/innenbildung Neu“ im Primarstufenbereich. Im Bereich der Ausbildung zum Religionslehrer, zur Religionslehrerin für die gesamte Sekundarstufe gibt es derzeit noch viele offene Fragen und neue Entwicklungen zur inhaltlichen und organisatorischen Gestaltung, sodass ich dazu noch keine genauen Informationen weitergeben kann.

Wie sieht es derzeit generell mit dem Religionslehrer-Nachwuchs aus?
Lang: Wir stehen an einem Wendepunkt in Bezug auf den Religionslehrer-Nachwuchs, insofern - wie zuvor schon erwähnt -  als einerseits sich die Ausbildung der Religionslehrer/innen stark verändern wird, andererseits wird der Bedarf in den nächsten 15 Jahren durch zahlreiche Pensionierungen enorm ansteigen. Die beruflichen Perspektiven als Religionslehrer/in sind jedenfalls sehr, sehr gut. Es bleibt zu hoffen, dass viele angehende Pädagog/innen den Dienst als Religionslehrer/in übernehmen werden. Dazu müssen wir die jungen Menschen auch immer wieder ermutigen.

Vielen Dank für das Gespräch.

ZUR SACHE

Das Schulamt der Diözese Feldkirch

Das Schulamt der Diözese ­Feldkirch trägt im Auftrag des ­Bischofs Verantwortung für den katholischen Religionsunterricht und die Privatschulen in kirchlicher Trägerschaft. Zu den Aufgaben des Schulamts zählen:

  • Personalplanung für den ­Einsatz und die Rahmenbedingungen für den Religionsunterricht an den jeweiligen Schulstandorten
  • Entwicklung von religionspädagogischen Konzepten und deren Umsetzung
  • Mitarbeit bei der Erstellung von Lehrplänen und Schul-büchern
  • Beratung und Unterstützung in religionspädagogischen, rechtlichen und dienstrechtlichen Fragen in Kooperation mit dem Landesschulrat, der Schulabteilung des Amtes der Vorarlberger Landesregierung und der Kirchlich Pädagogischen Hochschule Edith Stein

Das Schulamt der Diözese Feldkirch wird von HR Mag. Theodor Lang geleitet, der  auch als Fachinspektor für die Begleitung der Religionslehrer/innen der mittleren und höheren Schulen zuständig ist. Die Verwaltungsaufgaben werden von Monika Häusle bearbeitet und durchgeführt. Der allgemeine Pflichtschulbereich und die Berufsschulen stehen in der Verantwortung der Fachinspektorinnen, Mag.a Annamaria Ferchl-Blum (Bildungsbereich Süd) und Dipl.Päd. Maria Lang (Bildungsbereich Nord).

Zahlen und Fakten
Im Schuljahr 2014/15 waren 542 Lehrer im Religionsunterricht eingesetzt: 424 im Pflichtschulbereich, 34 an Berufsschulen und 91 an mittleren und höheren Schulen.
Von den 38.611 katholischen Schüler und Schülerinnen besuchten 33.356 (86,93 %) den Religionsunterricht.

Zur Person
HR Prof. Theodor Lang, 1955 in Dornbirn geboren, schloss das Studium der kombinierten Religionspädagogik (Zweitfach: Geschichte und Sozialkunde) 1981 an der Universität Innsbruck ab. Lang unterrichtete am Bundesgymnasium Bregenz-Blumenstraße von 1981 bis 2011 und am Privatgymnasium Mehrerau von 1981 bis 1986.
Von 1989 bis 1990 stand er dem Studieninternat Marianum in Bregenz als Direktor vor und ist seit dem Jahr 2000 als Fachinspektor für den römisch-katholischen Religionsunterricht an den mittleren und höheren Schulen tätig.
Seit 1. September 2011 ist Theodor Lang als Nachfolger von Prälat Dr. Hans Fink Leiter des Schulamtes der Diözese Feldkirch.

(aus dem KirchenBlatt Nr. 26 vom 25. Juni 2015)