Pfingsten, ein Mysterium: Dass Menschen einander "Frohe Weihnachten" und auch "Frohe Ostern" wünschen, ist zumindest in Österreich eine Selbstverständlichkeit. Warum aber wünscht kaum jemand dem anderen "Frohe Pfingsten"? Dieser Frage geht ein Bericht am Pfingstwochende nach (siehe TV-Tipp unten). Dr. Michael Willam, Leiter des Teams Lebensgestaltung und Ethik im Pastoralamt Feldkirch, erörtert unter dem Titel "Mehr als eine chemische Reaktion" das Geheimnis "Heiliger Geist".

Mehr als eine chemische Reaktion

von Dr. Michael Willam

Dr. Michael WillamDer Heilige Geist. Wer oder was ist der Heilige Geist eigentlich? Kommt Ihnen dieser Ausdruck nicht auch manchmal etwas hochtrabend und abgehoben vor? Drei Aspekte scheinen mir wichtig, um diesen mysteriösen Geist besser zu verstehen:

1, der Heilige Geist ist ein Beistand in der Not. Wenn es brenzlig wird in unserem Leben, wenn wir existentiell bedroht oder hinterfragt werden, wenn Situationen ausweglos erscheinen und wir drohen zu zerbrechen, dann spendet dieser Geist Kraft. Kraft zu erdulden, Kraft weiter zu machen und Kraft im Innersten frei zu werden.

2, der Heilige Geist kommt nicht wie ein laues Lüftchen daher, sondern wie ein gewaltiger Sturm! Unvermittelt, beinahe ungestüm "überfällt" er die Menschen, die nach ihm suchen.
Genau diese Erfahrung der Jünger, dass der Geist von außen "auf sie herab" kommt und sie plötzlich zutiefst berührt und verwandelt, zeigt, mit welch unbändiger Energie Gott hier am Werk ist.

3, der Heilige Geist wirkt heute genauso wie damals. Kennen Sie die Situationen, in denen sie am liebsten die ganze Welt umarmen möchten? Mit einem Mal quillt ihr Herz über vor Liebe und Wärme. Sie bekommen Gänsehaut und Tränen füllen Ihre Augen. Sie haben Mitleid mit Menschen, die Ihnen Böses tun. Ihr Herz strömt in Fülle Liebe und Versöhnung aus. Es wird Ihnen leicht ums Herz und Sie fragen sich, woher dieses Gefühl bloß kommt...

Das Großartigste und Zentralste, das ich in den Jahren des Theologiestudiums über den christlichen Glauben gelernt habe ist die Erkenntnis, dass diese Gefühle mehr bedeuten als nur eine vorübergehende Euphorie, die durch chemische Reaktionen in meinem Gehirn verursacht wird.

Diese Gefühle der Liebe und der Hoffnung sind eine Art "Postkarte" des Heiligen Geistes. Es sind meist kurze Grüße, kurze Erinnerungen für die Seele, um ihr zu sagen, wo sie eigentlich zu Hauses ist.

Taube, Feuer und Segel

Ein TV-Tipp

"FeierAbend" mit dem Titel "Taube, Feuer und Segel" am Pfingstmontag, dem 1. Juni, um 19.52 Uhr in ORF 2 bringt eine Annäherung an das Pfingsfest mit dem Amstettener Arbeiterseelsorger Franz Sieder. Katrin Mackowski gestaltete die Sendung.

Frohe Pfingsten?

Dass Menschen einander "Frohe Weihnachten" und auch "Frohe Ostern" wünschen, ist zumindest in Österreich eine Selbstverständlichkeit. Warum aber wünscht kaum jemand dem anderen "Frohe Pfingsten"? Mag es daran liegen, dass die meisten Menschen mit dem Begriff Pfingsten wenig anzufangen wissen?

Pentekoste

Etymologisch geht Pfingsten"auf das griechische "Pentekoste" zurück, den 50. Tag. Sieben Wochen -  49 Tage -  sind vergangen, seit Jesus mit seinen Anhängern das Pessach-Mahl zu sich genommen hatte und wenig später gekreuzigt wurde. Sieben Wochen nach Pessach, sieben Wochen nach Ostern, sind die engsten Freunde von Jesus wieder zum Wochenfest, hebräisch Schawuot, zusammengekommen und erfahren nun, was es bedeutet, vom Geist Gottes erfasst zu werden.

Es ist ihnen, als käme vom Himmel her ein Brausen, als verteilten sich Zungen wie von Feuer auf ihnen, erzählt die Apostelgeschichte im Neuen Testament. Feuer, Wind und weiße Taube, Sinnbild des Reinen und Guten, das aus dem Himmel herabkommt, sind die klassischen Pfingstsymbole. Symbole, die Lebenskrisen und Leidenschaft, Hoffnung und Wahrhaftigkeit verdeutlichen.

Im Segelboot

Der Amstettener Kaplan und Arbeiterseelsorger Franz Sieder stellt sich in seinem Alltag diesen Symbolen. Auf dem Neusiedler See steigt er in ein Segelboot, setzt die Segel und lässt sich vom zehnjährigen Jonas das Pfingstwunder der Apostelgeschichte erzählen. Mit Schülerinnen und Schülern der Handelsschule Friesgasse in Wien diskutiert Franz Sieder über Erfahrungen mit etwas, das Geist oder Kraft Gottes genannt wird, über Fremde und Nähe zwischen Teenagern in einer bunt gemischten Klasse verschiedenster Nationalitäten und Religionen. Vielleicht gibt es gar keinen heiligen Geist? Oder doch?

Weiblicher Geist?

Dann ist der heilige Geist vielleicht weiblich? fragt eine Lehrerin und spricht über Ruach, die Geistin, wie das hebräische Wort übersetzt werden kann. Ob aber nun von DEM Geist oder von DER Geistin ergriffen - wem das passiert ist, dem wurde die Kruste der Ichbezogenheit aufgesprengt. Er oder sie hat die Fähigkeit bekommen, den Blick auf den anderen zu werfen und ihn in seiner Eigenart zu respektieren und anzunehmen.

Somit wünscht das Pressebüro im Pastoralamt der Katholischen Kirche Vorarlberg: Frohe Pfingsten!