Die Tiroler Milchbäuerin Waltraud Gruber, Obmannstellvertreterin der IG-Milch (Interessengemeinschaft Rinder- und Grünlandbauern), berichtet über die wirtschaftliche Krise der Milchbauern in Österreich und die damit einhergehende Bedrohung einer artgerechten sowie verantwortungsvollen Milchproduktion. Den LeserInnen der Artikelseite aus dem Pressebüro soll der Bericht - hier wörtlich wiedergegeben - nicht vorenthalten werden:

Schöpfungsverantwortung kann nicht mehr gelebt werden

Mit unseren Rindern und unseren Böden stehen wir Milchbauern in ganz Europa in direkter und intensivster Verbindung. Ohne aufrichtige Beziehung mit Tier und Natur würde die Milchproduktion nicht funktionieren. Aber mit unseren Rücken stehen wir zur Wand. Die soziale und finanzielle Lage auf den Milchbetrieben in allen Regionen Europas spitzte sich immer weiter zu:

_ Die Erzeugermilchpreise sind innerhalb eines Jahres um bis zu 40 % gesunken.
_ Der Milchmarkt ist zusammengebrochen, die Erzeugerquoten wurden von Europa aus erhöht, obwohl kein geeigneter Absatzmarkt ersichtlich war. Der Erzeugerpreisverfall ist somit eiskalt kalkuliert worden. Weitere Fehlentscheidungen aus landwirtschaftlicher Sicht folgten. Die Schuld alleine auf Europa zu schieben, wäre an dieser Stelle auch nicht angebracht. Auch Maßnahmen in Österreich könnten die Situation entschärfen..
_ Es vergeht kein Tag, an dem nicht ein Milchbauer Selbstmord begeht. Täglich verschwinden in Österreich 9 Betriebe und 97 Rinder. Mit jedem gemolkenen Liter zahlen wir drauf.
_ Die Lebensmittelindustrie nimmt enormen Einfluss auf die eigentlichen politischen Vertreter.
Es gäbe Wege auch aus dieser Krise - nur die Politik in ganz Europa steht nicht auf der Seite jener, die mit dem Vieh und Boden so verwurzelt sind, dass sie eigentlich gar nicht aufhören können. Alle Gespräche, Milchgipfel scheiterten. Die uns aufgetragene Schöpfungsverantwortung kann nicht mehr gelebt werden, weil Rechnungen nicht mehr bezahlt werden können. Milchwirtschaft ist zum teuren Hobby degradiert worden. Wir Milchbauern sind wirklich verzweifelt, in allen Dörfern und Bauernfamilien - täglich ist dieses Überleben am Milchviehbetrieb Thema. Richtig Freude und Erfüllung ist nicht mehr angesagt. Freie Zeitkapazitäten , um in anderen Branchen Arbeit zu finden, sind bei den am Bauernhof arbeitenden Familienangehörigen nicht vorhanden.

Für die Milcherzeuger des EMB (European Milkboard - Vereinigung aller engagierten Milchbetriebe) ist klar, dass schnell gehandelt werden muss. "Wir können nicht weiter mit ansehen, wie zehntausende Milchbauern in Europa ihre Existenz aufgeben müssen. Ein Milchbetrieb nach dem anderen macht zu, weil die Politik nicht in der Lage ist, den Mengenüberschuss, der die Preise kaputt macht, in den Griff zu bekommen", so der Präsident des EMB, Romuald Schaber, Milchbauer im Allgäu. Viele europäische Milcherzeuger handeln nun  selbst und verteidigen ihre Höfe mit drastischen Maßnahmen, weil die Politik weiter untätig blieb.

Verantwortung für Gottes Schöpfung

"Den Glauben an die Politik haben wir verloren, den Glauben an Gott noch nicht" - so lautete die Aufschrift jenes Traktoranhängers der ostdeutschen Milchbauern, die mit ihren Traktoren im Juli 2009 zum Papst pilgerten. (www.bdm-verband.org) Wir haben Verantwortung gegenüber unseren Vorfahren, unseren Familien und unsren Kindern und Hoferben. Wir haben auch Verantwortung gegenüber der Schöpfung Gottes.
 
In diesem Sinne bitten wir Sie, dass alle Verantwortlichen in der Kirche dieses Thema aufgreifen, dieses Scheiben erhalten und die verzweifelten Milchbauern in ihr tägliches Gebet einschließen und Verständnis für die derzeit laufenden Kundgebungen, Lieferstreiks, usw.  zeigen.
 
Wir bitten auch um eine öffentliche Stellungnahme. Für Rückfragen mögen Sie bitte unten anstehende Personen kontaktieren. Vergelts Gott und Gottessegen.

Waltraud Gruber

Die IG-Milch: Obmann Ewald Grünzweil 0664/2023869,  Obmann Stellv. Ernst Halbmayr 0664/9249635, Waltraud Gruber 0664/5584221