Kapital braucht der Mensch, dann sprudeln auch die Zinsen. Gleichzeitig genügt ein Blick in die Bibel und man stößt auf den irritierenden Satz: „Nimm von ihm keinen Zins und Wucher“? Was hat die Finanz- und Schuldenkrise von heute mit dem biblischen Zinsverbot von damals zu tun? Diese und andere Fragen sind Thema beim Gesellschaftspolitischen Stammtisch am 6. Februar im Dornbirner Kolpinghaus.

Dornbirn (PDF) „Wenn dein Bruder verarmt und sich neben dir nicht halten kann, sollst du ihn, auch einen Fremden oder Halbbürger, unterstützen, damit er neben dir leben kann. Nimm von ihm keinen Zins und Wucher.“ (Lev 25,35 – 36)
So schreibt Moses, lange bevor Börsencrashs und Schuldenbremsen ihren Weg in die Schlagzeilen gefunden haben. „Ihr aber sollt eure Feinde lieben und sollt Gutes tun und leihen, auch wo ihr nichts dafür erhoffen könnt“, liest man bei Lukas (Lk 6,35). Ist das alles Schnee von gestern? Was steckt hinter diesen Geboten? Ist eine moderne Wirtschaft ohne Zinsen heute überhaupt denkbar?

„Parallelen zwischen der biblischen Zeit und dem Hier und Jetzt“

„Spannend ist die Frage, inwiefern sich Parallelen zwischen der biblischen Zeit und dem Hier und Jetzt herstellen lassen, was den sozialen Sinn dieser Bibelstellen betrifft. Wenn biblisch damit ein Schutz für die Armen gemeint war, könnte das dann im Blick auf das soziale Gefälle zwischen Arm und Reich nicht auch heute noch gültig sein“, unterstreicht Dr. Michael Willam, Leiter des EthikCenters der Katholischen Kirche Vorarlberg, die Aktualität des Themas.

Die Finanzlücke dehnt sich aus

Während auf der einen Seite die Zinsen kräftig ins Plus wandern, geraten die Schulden auf der anderen Seite ins Strudeln. Die Kluft zwischen Arm und Reich spannt sich immer weiter auf und vom Bruder, der veramt ist und der sich nicht mehr halten kann, will kaum mehr jemand etwas wissen. Obwohl es doch gerade die Pflicht christlicher Institutionen wäre, gegen diese rein kapitalistische Finanzmentalität aufzutreten.
„Du sollst keine Zinsen nehmen! – Das biblische Zinsverbot und seine Bedeutung für die Finanzkrisen der heutigen Zeit“ ist ein Thema, das unter den Nägeln brennt und das sich beim Gesellschaftspolitischen Stammtisch am 6. Februar Gehör verschafft.

Ist die Bibel noch ernst zu nehmen?

Ist die heutige Form der zinsnehmenden Geldwirtschaft der einzig seligmachende Weg? Sind Alternativen denkbar? Muss die Bibel umgeschrieben werden und das Zinsverbot gegen steigende Aktienkurse ersetzt werden? Und wie ernst nehmen Christen heute überhaupt noch die Aufträge der Bibel? Fragen, die die Expertenrunde – Ao. Univ. Prof. Dr. Wilhelm Guggenberger (Sozialethiker; er wird einen Impulsvortrag halten), Werner Böhler (Vorstandsdirektor der Dornbirner Sparkasse), Gudula Frieling (Initiativkreis 9,5 gegen Zinsen) und Aly El-Ghoubashy (Islamic Banking-Experte) – im Dornbirner Kolpinghaus diskutieren wird.


Termin

Gesellschaftspolitischer Stammtisch
„Du sollst keine Zinsen nehmen!“
Montag, 6. Februar, 20 Uhr
Kolpinghaus Dornbirn

Referenten:
Ao. Univ. Prof. Dr. Wilhelm Guggenberger (Sozialethiker, Universität Innsbruck), Werner Böhler (Vorstandsdirektor der Dornbirner Sparkasse), Gudula Frieling (Initiativkreis 9,5 gegen Zinsen, TU Dortmund) und Aly El-Ghoubashy (AHS-Lehrer, Islamic Banking-Experte)

 www.ethikcenter.at