Einen ganz der Karwoche und dem Osterfest angepassten "kreuz und quer"-Themenabend präsentiert Doris Appel am Dienstag, dem 7. April, um 22.30 Uhr in ORF 2. Eröffnet wird der Themenabend mit Peter Beringers Dokumentation "Die Macht des Gebets": Wen oder was genau beten Menschen an? Worum beten sie? Und bekommt der betende Mensch, worum er bittet? Regisseur Peter Beringer macht sich auf die Suche. Im Benediktinerstift St. Lambrecht in der Steiermark, in einer Pfingstgemeinde in Salzburg, bei Voodoo Anhängern in Wien, bei Ärzten und Ethnologen und bei einer buddhistischen Gruppe findet er ganz unterschiedliche Antworten. Danach, um 23.05 Uhr, begibt sich der TV-Film "Jesus von Assisi" von Friedrich Klütsch auf die Spuren des Franziskus, eines der bedeutendsten Heiligen der römisch-katholischen Kirche.

"Die Macht des Gebets" - Ein Film von Peter Beringer

Handelt Gott, wenn wir ihn bitten? Diese Frage wird sich jeder religiöse Mensch stellen.  Seit Urzeiten ist Gebet auch magische Technik: der Versuch, sich die Götter gewogen zu machen, mit ihnen zu verhandeln, sie um Glück, Erfolg und Schadensabwendung und um Hilfe gegen Feinde zu bitten. Solche Formen des Bittens gibt es in fast jeder Religion: Elemente davon findet der Film von Peter Beringer etwa bei Karine LaBel, die seit 12 Jahren in Wien lebt und hier die Voodoo - Religion ihrer karibischen Heimat praktiziert. Karine gibt im Film Einblick in ihr Pantheon und zeigt, wie und warum man mit den Gottheiten Kontakt aufnimmt.
   
Auch eine Pfingstgemeinde in Salzburg ist überzeugt davon, dass direkter Kontakt mit Gott möglich ist. Für die jungen Pastoren Nicole und Immanuel Fiausch ist es Jesus, der in bestimmten Momenten zu den Menschen spricht, und der Heilige Geist, der von ihnen Besitz nimmt. Gebet ist das Mittel, Kontakt aufzunehmen. Wer sich frei und ohne Einschränkungen anvertraut, wird die Kraft Gottes spüren. Die Erhörung der Bitten ist eine mögliche Folge, aber nicht der Sinn des Gebets, das in den Gottesdiensten der Gemeinde schwungvoll zelebriert wird.

Die Profis des Betens aus dem Benediktinerstift Sankt Lambrecht haben andere Traditionen. Seit mehr als 900 Jahren werden hier mehrmals täglich die Psalmen gebetet, zur Ehre des Herrn und zum Wohle des Landes. Über ekstatische Zustände wird hier kein Wort verloren. Abt Otto sagt: Im Gebet selbst liegt schon die Kraft. Nicht weil es "Ergebnisse" bringt, sondern weil die Ausrichtung auf das "Du", auf die Existenz Gottes, die Überwindung egoistischen Wollens beinhaltet. 

Das, so der katholische Theologe Wolfgang Treitler, sei auch der Sinn des Gebetes: Befreiung. Anderes Beten sei Magie und der Versuch, sich die Gottheit dienstbar zu machen, die paradoxerweise in Verstrickung und Sklaverei führt.

Es gibt auch den Versuch, Gebet als heilende Praxis zu erklären und zu benutzen: Ärztin Veronika Königswieser in Wien ist überzeugt, dass Gebete heilen und dass wahrhafte Heiler für ihre Patienten beten. Gebet ist hier eine Form des positiven Denkens und die mit dem Gebet verbundenen Rituale sind eine Form psychischer Programmierung, die erstaunliche Heilungen und Veränderungen bewirken kann. Für die Ethnologin Ruth Kutalek ist es keine Überraschung, dass abseits aller Wissenschaft Medizin immer auch Ritual, das Gebet immer schon die wichtigste Heilungstechnik ist.

"Jesus von Assisi" - Eine Dokumentation von Friedrich Klütsch

Die dramatisierte Dokumentation geht den Widersprüchen in der Gestalt des Franz von Assisi (1181/82 - 3.10.1226) nach. Spielszenen beschreiben die Wendepunkte im Leben des Franziskus. Recherchen an Originalschauplätzen und Aussagen von Historikern verdichten sich zu einem neuen Bild des Heiligen. Die Überlieferung, die ihn auf einen Tierfreund und zum Erfinder der Weihnachtskrippe reduziert hat, wird als Geschichtsfälschung entlarvt. 

Was aber wollte Franziskus wirklich, wie lautete seine Botschaft? In einer Zeit der Kreuzzüge gegen innere und äußere Feinde formulierte er eine kompromisslose Botschaft des Friedens. Angesichts einer Kirche, der es in erster Linie um Macht und Reichtum ging, forderte er eine Rückkehr zum urchristlichen Ideal der Evangelien. Seine Gemeinschaft von Laienbrüdern wollte nicht nur die Menschen zu einer Umkehr bewegen, sondern vor allem die Kirche selbst. Vom Klerus verlangte Franziskus die Aufgabe aller Besitzstände. Die Kirchenhierarchie sollte abgeschafft werden, die Geistlichen sollten sich auf immerwährende Wanderschaft begeben. 

Mit seinen Forderungen stand der Kirchenerneuerer in der Nähe der mittelalterlichen Armutsbewegungen wie der der Katharer, die die Kirche als Bedrohung für ihre Einheit wahrnahm und mit allen Mitteln bekämpfte. Bei seinem Besuch in Rom würde sich entscheiden, ob der Bürgersohn aus Assisi selbst als Ketzer verurteilt oder als kirchenpolitische Antwort auf die Herausforderung durch die Armutsbewegungen eingesetzt werden sollte. 

Die Instrumentalisierung des Kritikers als Garanten für das Überleben der traditionellen Kirche gelingt. Noch zu Lebzeiten wird Franz von Assisi wie ein Heiliger verehrt. Zehntausende in ganz Europa schließen sich seiner Bewegung an. Bald aber beginnt die Kirchenleitung damit, Einfluss auf die Entwicklung der "Minderen Brüder'"des Franziskus zu nehmen. Bei der Diskussion um die Ordensregel greift sie durch und verhindert eine Festschreibung der radikalen Ziele. Franziskus wird entmachtet und gibt schließlich die Ordensleitung auf. 

Um ihn als Vorbild unerreichbar zu machen, wird Franz von Assisi zu einem zweiten Jesus stilisiert. Seine Botschaft wird verstümmelt. Alle vorhandenen Darstellungen über sein Leben werden unter Ordensgeneral Bonaventura (1221 - 1274) vernichtet und durch eine kirchenkonforme Heiligenlegende ersetzt. Die treuesten Anhänger des Franziskus werden als Ketzer verfolgt und enden auf den Scheiterhaufen der Inquisition. 

Mit Professor Helmut Feld aus Tübingen und Professor Chiara Frugoni aus Padua geben zwei ausgewiesene Experten Auskunft über Leben und Werk des Franziskus. Mitarbeiter des Fraunhofer Instituts aus Berlin besuchen die Basilika von Assisi, um die Möglichkeiten einer Rekonstruktion der beim Erdbeben 1997 zerstörten Fresken zu prüfen. Nuklearphysikalische Untersuchungen von Kleidungsstücken, die Franziskus getragen haben soll, klären die Echtheit der Reliquien. Recherchen unter franziskanischen Ordensleuten der Gegenwart zeigen, inwieweit die ursprüngliche Botschaft des Franziskus auch heute noch lebendig ist.