Bis vor ca. 200 Jahren war es in manchen Gegenden Vorarlbergs üblich, in der ganzen Nacht vor dem 1. Mai die Kirchenglocken zu läuten, um Unheil und böse Geister abzuhalten. Den Behörden, die seit Jahrzehnten gegen Aberglauben vorgingen, war dies ein Dorn im Auge. Und der Briefwechsel, den diese Meinungsverschiedenheiten nach sich zog, ist heute als Archivale des Monats nachzulesen.

Dass die Nacht auf den 1. Mai nicht mehr von Glockengeläut begleitet wird, ist noch gar nicht so lange her. Der Vorarlberger Priester Leo Jochum beschrieb 1937 das kirchliche Brauchtum des Mai-Einläutens noch folgendermaßen: "Der Mai wurde im ganzen Oberland feierlich eingeläutet. Im Unterland aber nicht. Im Gebiet Rankweil bis Bludenz war mancherorts an diesem Abend der Maipsalter. Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß dies wegen der in jener Gegend empfindlichen Maikäferplage geschah." Auch ein Grund zu beten.

„.. daß das Läuten überhaupt ganz abzustellen sey…“

Im Diözesanarchiv Feldkirch befindet sich heute ein Akt mit der Überschrift: "Religions-Mißbräuche. Läuten am 1ten May im Walserthale" Der Akt geht zurück auf das Ansinnen des Kreishauptmanns von Vorarlberg, Franz Anton von Daubrawa, zu Beginn des Jahres 1821 gegen das Mai-Einläuten vorzugehen. Er schrieb an den Generalvikar in Feldkirch:
"Schon durch das verehrliche Privat-Schreiben vom 7. Juli des v. J. hatte ich mich veranlaßt gefunden, die Gerichtsvorstände von Sonnenberg und vom Bregenzer Walde zu beauftragen, den Unfuge, daß im Walserthale am 1. May die ganze Nacht hindurch geläutet werden soll, um die bösen Geister ferne zu halten, geeignet nachzuspühren. Im Anschlusse gebe ich mir nun die Ehre, dem hochwürdigen Generalvikariate die von denselben erhaltenen Aufschlüsse zur beliebigen Einsicht mit dem geziemenden Bemerken mitzutheilen, daß das Läuten am 1. May, außer einem kurzen Zeichen zum Gebethe, überhaupt ganz abzustellen seyn dürfte."

Beten statt „unmäßiges Läuten“

Er stieß mit diesem Ansinnen bei Generalvikar Galura in Feldkirch auf offene Ohren. Dieser hatte das gleiche Ziel und antwortete:
"Ich danke Einem löblichen Präsidium für das gefällige Mitwirken zur Aufhebung des in einigen Pfarreien bestehenden Unfugs, am Vorabende des 1ten May unmäßig zu läuten. Daß, wo es immer üblich war, am genannten Vorabende ein Psalter abgebetet werde, unterliegt nicht der geringsten Erinnerung. Was das Läuten betrifft, wird dieses, wo es in der Nacht statt hatte, ganz abzuschaffen, hingegen zu erlauben seyn, daß vor dem Psalter etwa 1/4 tl oder auch eine halbe Stunde, und so nach dem Psalter geläutet werde."

Leider zu spät

Im Folgenden wurden die Ortsvorsteher mit einem deutlichen Text beauftragt, gegen diesen "Unfug" vorzugehen.
Dieser Aufforderung folgte das Generalvikariat und verständigte per Kurrende die Geistlichkeit. Kurrenden (von lateinisch currere: eilen), waren die damals übliche Verständigungsmöglichkeit. Ein Blatt mit dem relevanten Text wurde von Pfarre zu Pfarre geschickt und jeder Seelsorger musste mit seiner Unterschrift die Kenntnisnahme bestätigen. Trotz gebotener Eile kam die im Diözesanarchiv erhaltene Kurrende in der letzten Pfarre erst am 7. Mai 1821 an.


Tut dies zu meinem Gedächtnis“ – Neue Ausstellung in der Bibliothek der Diözese Feldkirch
„Tut dies zu meinem Gedächtnis“ – Die Liturgie vor und nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil
bis Juni 2014; Di und Mi von 14-17 Uhr und nach Vereinbarung
T 05522 3485 431
E bibliothek@kath-kirche-vorarlberg.at

Eine Ausstellung der Bibliothek der Diözese Feldkirch im Kloster Altenstadt, Klosterstraße 2, Feldkirch-Altenstadt


Archiv der Diözese Feldkirch
Öffnungszeiten für Benutzer: Mo-Do nach telefonischer Vereinbarung
T 05522 3485 431
Bahnhofstraße 13
6800 Feldkirch

www.kath-kirche-vorarlberg.at/archivale