„Caritate invicem diligentes“, übersetzt „Einander in Liebe zugetan sein“ (Römer 12,10), so lautet der Wahlspruch des 1970 in Südafrika geborenen Pater Anselm van der Linde, dem neu gewählten Abt der Zisterzienserabtei Wettingen-Mehrerau, In einer ersten Stellungnahme äußert sich der Theologe zu seinem Weg und zur neuen Aufgabe in der Zisterzienserabtei Wettingen-Mehrerau.

Mein Weg

In Südafrika aufgewachsen verspürte ich bald eine Berufung zum monastischen Leben. Angeregt von den Schriften des Trappisten-Abtes und Missionars Franz Pfanner (aus Langen bei Bregenz), Gründer der Marianhillmissionare, interessierte ich mich immer mehr für das Leben der Zisterziensermönche. Da es in meiner Heimat keine Zisterzienserklöster gab, entschied ich mich mit 23 Jahren, auf Einladung des Abtes Kassian Lauterer in die Mehrerau nach Bregenz zu kommen.

Nach einer Zeit als Kandidat (Gast) im Kloster wurde ich 1994 in das Noviziat des Klosters Mehrerau aufgenommen und legte am 19. August 1995 die einfachen Gelübde ab. Nun folgte die Zeit der Ausbildung, zunächst im Kloster Einsiedeln als Student der Philosophie, dann an der Päpstlichen Universität S. Tommaso d´Aquino in Rom, wo ich im Jahr 2000 mit einem akademischen Grad in Theologie abschloss.

Während zwei Jahren arbeitete ich als Erzieher an der klostereigenen Internatschule S. Bernardi, bevor mich Abt Kassian Lauterer nochmals nach Rom schickte, um mich als Kirchenjurist ausbilden zu lassen. Das Studium schloss ich im Jahr 2005 mit dem Lizenziat in Kirchenrecht ab. Im selben Jahr ernannte mich der Diözesanbischof von Feldkirch, Dr. Elmar Fischer, zum Kirchenanwalt der Diözese. Derzeit arbeite ich als Religionslehrer in der Internatschule S. Bernardi.

Die Aufgabe

Meine neue Aufgabe sehe ich zuerst und vor allem im Dienst an der eigenen Gemeinschaft, die nach den Satzungen der Regeln des Hl. Benedikt lebt. Die Ordensregel eröffnet mit den Worten: „Höre mein Sohn auf die Weisung des Meisters…“. Diese Worte sind Richtschnur des christlichen Lebens und weisen auf die theologische Tugend des Glaubens hin. Wir sind als gläubige Christen dazu berufen, auf Gottes Wort zu hören und es in unserem Leben umzusetzen. Als Aufgabe des Abtes sehe ich, gemeinsam mit den Mitbrüdern, Gott zu suchen und in einer lebenslangen Aufgabe zu versuchen, die Worte der Hl. Schrift authentisch zu leben.

Auch wenn das Leben im Kloster eine gewisse Abgeschiedenheit von der Welt bedeutet, begegnet der Mönch Christus täglich in seinen Mitbrüdern, aber auch durch den Kontakt mit den Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen an der Klosterpforte anklopfen. Benedikt sagt in der Regel: „Alle Fremden, die kommen, sollen aufgenommen werden wie Christus“.

In gemeinsamem Ausharren und Suchen nach Antworten auf die Fragen unserer Zeit verkörpert der Mönch so die theologische Tugend der Hoffnung. Dies steht im Einklang mit dem Hirtenbrief der Diözesanbischöfe Österreichs wo es heißt: „Das kann für uns als Kirche nur bedeuten, dass wir den Blick auf Christus richten und offen halten. Unsere Rede von Gott muss immer auch eine Rede vom Menschen sein.“

Letztlich ist es die Aufgabe des Abtes, den Mönchen in der Liebe vorzustehen. So heißt es im Kapitel 64 der Regel, über den Dienst des Abtes: „Er suche, mehr geliebt als gefürchtet zu werden.“ Und weiter am Schluss der Regel des Hl. Benedikts: „die Bruderliebe sollen sie einander selbstlos erweisen.“. Das Amt des Abtes ist ein Dienst an der Gemeinschaft und der Kirche Christi, die sich nur als ein Vorstehen in der Liebe deuten lässt. Darum lautet mein Wahlspruch: „Caritate invicem diligentes“, das heißt: „Einander in Liebe zugetan sein“ (Römer 12,10).

Was wünsche ich mir als Abt für das Kloster Wettingen-Mehrerau, für die Zukunft der Kirche in Österreich? Dass wir uns stets vom Evangelium leiten lassen und niemals an der Barmherzigkeit Gottes zweifeln. Der große Zisterzienser Mystiker und Heiliger, Bernhard von Clairvaux, hilft uns mit seinen klaren Worten:

„Fliehe nicht, fürchte dich nicht,
denn Gott sucht dich nicht um dich zu bestrafen,
sondern um dich zu retten!“

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