Wissen Sie, was eine regionale Pfarrbegleiterin ist? Und was zu ihrem Aufgabengebiet gehört? Einsicht in diesen nicht ganz alltäglichen Beruf geben Hermine Feurstein und Judith Zortea im KirchenBlatt-Gespräch in ihrem Büro im neuen Haus der Kirche in Bregenz.

Zur Sache: Regionale Pfarrbegleitung

Simone Rinner

Die wichtigste Frage gleich vorweg: Was macht ein/e regionale/r Pfarrbegleiter/in?

Hermine FeursteinHermine Feurstein: Man würde gar nicht glauben, wie oft ich diese Frage gestellt bekomme. Unsere Aufgabe ist auf der einen Seite, Prozesse in Pfarren zu begleiten, zu gestalten, zu moderieren und darauf zu achten, dass die richtigen Menschen beteiligt sind. Ein zweiter Teil ist der Kontakt in den Dekanaten, also der Besuch von Dekanatskonferenzen und PGR-Stammtischen, aber auch einfach nur nachzufragen wie es geht. Und ein dritter Bereich sind konkrete Aufträge - zum Beispiel die Begleitung von einem Pfarrverband im ersten Jahr, Pfarrerwechsel, Seelsorgeraumprozesse, Klausuren oder Firmkonzepte. Und wir unterstützen bei der Lösung von Konfliktsituationen.

Judith ZorteaJudith Zortea: Wir schaffen den Rahmen für die Lösungen, stellen die richtigen Fragen und moderieren die Sache, sodass dann die Lösung vor den Verantwortlichen in den Pfarren zutage tritt. Denn niemand weiß so gut, was das Passende und das Stimmige für die Situation der Pfarre ist, als sie selber.

Feurstein: Oft ist es auch einfach hilfreich, dass jemand von „außen“ kommt, weil die Verantwortlichen emotional und inhaltlich so involviert sind.

Wer wendet sich mit seinen Anliegen an Sie?

Feurstein: Sowohl die Leitung der Diözese als auch Ehrenamtliche oder Teams, Pfarrgemeinderäte, Vorsitzende oder Priester und Hauptamtliche.

Wie reagieren die Menschen auf Sie als „regionale Pfarrbegleiterinnen“?

Zortea: Ich würde sagen, die Menschen, die mit Pfarrbegleiter/innen schon einmal zusammengearbeitet haben, schätzen es. Sie sehen, dass es eine Erleichterung für sie ist, dass es ihnen auch etwas abnimmt und dass da viel Spezial-Know-how, nämlich Prozess- und Organisationswissen dahintersteckt. Und die Menschen, die unsere Arbeit noch nicht kennen, haben natürlich noch kein klares Bild, was das ist, und deshalb vielleicht auch ein bisschen den Vorbehalt „Die Diözese will uns auf die Finger schauen“. Das ist aber nicht unser Auftrag. Dezidiert!

Frau Zortea, Sie waren vorher in der Wirtschaft tätig, seit September arbeiten Sie in der Kirche. Wie erleben Sie diese Arbeit?

Zortea: Also ein Unterschied ist, dass man mit ehrenamtlichen Menschen zusammenarbeitet, die freiwillig da sind und für etwas brennen. Es geht viel um Sendung und Berufung. Bei allen Menschen, die mit der Kirche zu tun haben, gibt es ein höheres Ziel. Da geht es wirklich darum, ein gutes Leben zu schaffen, ein Leben in Fülle. Der zweite Unterschied ist der Umgang untereinander - sowohl mit Ehren-, als auch mit Hauptamtlichen. Das ist in den meisten Fällen ein aufmerksamerer, menschlicherer, wohlwollenderer Umgang, weniger egozentrisch. Und die Professionalität: Man lässt mehr Zeit, damit Dinge auch professionell passieren können.
Feurstein: Wichtig ist auch die Ganzheitlichkeit. Unser Tun betrifft nicht nur die Arbeitsweise, wie man miteinander arbeitet, nicht nur ein Verhalten, das verändert werden oder erhalten bleiben soll, sondern auch Werte und im Tiefsten auch die eigene Spiritualität.

Die Kirche befindet sich im Wandel, wo liegen hier für Sie die Herausforderungen und Schwierigkeiten?

Feurstein: Mit den starken Veränderungen umzugehen, Ressourcen neu zu verteilen oder auch zu finden - sei es in punkto Zeit, Finanzen, Personal oder Ehrenamt.
Zortea: Die Menschen in diesem Wandel, in ihrem Blick auf die Welt, auf die Kirche, zu begleiten ist ebenfalls eine große Herausforderung. Das ist ja nicht nur einfach eine andere Struktur, sondern da geht auch etwas in den Menschen vor. Für mich liegt die größte Herausforderung darin, das so zu begleiten und aufzubauen, dass den Menschen ein anderer Blick möglich ist. Dass sich das eben nicht einfach nur wie eine Abwärtsbewegung der Kirche anfühlt, sondern eine Neuorientierung der Kirche ist.
Feurstein: Oder auch einen neuen Blick zu bekommen, nicht nur den Mangel zu verwalten, sondern Leute zu ermutigen, ehrenamtlich zu schauen „was macht Freude?“.

Womit wir beim Stichwort „Ehrenamt“ wären.

Feurstein: Personal ist eine Kostbarkeit und in der Kirche geht es ganz oft um Beziehungen, das hängt an Leuten, an Stimmigkeit. Es ist faszinierend zu sehen, was Ehrenamtliche alles einbringen.
Ein starkes Thema ist sicher, einen guten Weg bei der Ehrenamtskultur zu finden, und ein anderes das Selbstverständnis, sprich: Ehrenamtliche in ihrem Tun zu ermächtigen, ihnen Gestaltungsraum zu geben aber auch Verantwortung. Ehrenamtliche müssen Wahlmöglichkeiten haben - dort wo sie sich engagieren, da muss es ihnen selbst auch gut tun und etwas bringen.
Zortea: Ehrenamtliche unterstützen in den Pastoralteams wirklich die Leitung der Pfarre mit, aber das Ehrenamt ist kurzlebiger, man verpflichtet sich nicht mehr auf zehn Jahre.
Feurstein: Und das spüren Pfarren natürlich auch ganz stark. Also diese Sorge ob wir das, was wir bisher haben, aufrechterhalten können. Und gleichzeitig die Leute zu ermutigen: Tut das, was euch Freude macht, denn dort seid ihr am besten.

Welche Bedeutung hat Ihrer Meinung nach die Pfarre für die Menschen vor Ort?

Zortea: Aus meiner eigenen Erfahrung als „Zugezogene“ ist es das Kontakte knüpfen, dieses „Zuhause sein“, das „Dazugehören“. Und ich glaube, dass für die Menschen die Suche nach Gott und die spirituelle Sehnsucht in der Pfarre wichtig sind.
Feurstein: Genau, also Kontakt und Beziehung, Begegnung ermöglichen, Gott und das Leben in Höhen und Tiefen miteinander zu feiern. Und am schönsten ist es, wenn es der Pfarre gelingt einen Raum zu bieten, wo Menschen sich einbringen können mit ihrem Engagement. Also Gestaltungsraum. Das hat oft auch mit Freiheit zu tun.

Und wie sieht Ihr Arbeitsalltag nun aus?

Feurstein: Unser Arbeitsalltag ist sehr unregelmäßig, genauso wie die Arbeitszeiten.
Zortea: Jede Woche ist anders. Es gibt keinen „Alltag“. Beratungsgespräche und Workshops, mit Gruppen arbeiten, Vor- und Nachbereitung, Abläufe und Protokolle prägen die Tage. Qualität und Professionalität sind dabei sehr wichtig - und dazu gehört auch, dass man sich überraschen lässt von den Ergebnissen.

ZUR SACHE

Regionale Pfarrbegleitung

Professionelle Begleitung für Pfarren und Regionen, so lässt sich die Arbeit von Hermine Feurstein und Judith Zortea wohl am besten zusammenfassen.

Seit sieben Jahren
arbeitet Feurstein bereits in diesem Bereich. „Kirche ist in Veränderung, und mit Leuten an der Veränderung oder an dem was ihnen kostbar ist zu arbeiten und zu begleiten, finde ich spannend", erklärt sie. Judith Zortea hat im Rahmen ihrer Arbeit als Personalerin in der Wirtschaft entdeckt, wie viel Spaß ihr das Arbeiten in und mit Gruppen macht. Die Tatsache, dass der Veränderung in der Kirche systemisch begegnet worden sei und nicht einfach nur Entscheidungen von oberster Instanz getroffen worden sind, habe neben der professionellen Herangehensweise für sie den Ausschlag gegeben sich zu bewerben, erklärt die studierte Theologin. Seit September vergangenen Jahres bereichert sie das Team Entwicklung der Diözese Feldkirch. 

Vielfältiger Aufgabenbereich
Insgesamt fünf Personen, aufgeschlüsselt in die verschiedenen Dekanate, unterstützen die Menschen in den Pfarren in ihrer haupt- oder ehrenamtlichen Tätigkeit. Sie begleiten Entwicklungsprojekte in den Pfarren wie die Erarbeitung eines neuen Firmprojekts, beraten Verantwortliche in den Pfarren bei Konflikten, Pfarrerwechsel oder anderen Situationen und helfen beim Auf- und Ausbau von überpfarrlicher Zusammenarbeit. Außerdem organisieren sie Weiterbildungen für Ehrenamtliche und sind das Bindeglied zur Diözese mit all ihren Serviceeinrichtungen. Die Beratung ist für die Pfarren dabei gratis.

  • Hermine Feurstein, 100 % Anstellungsausmaß, Dekanate Bregenz, Vorder- und Hinterwald
  • Judith Zortea, 50 %, Dekanate Rankweil und Dornbirn
  • Heidrun Bargehr, 30 %, Dekanat Feldkirch
  • Josef Fersterer, 60 %, Dekanate Bludenz-Montafon und Walgau-Walsertal
nach oben

(aus dem KirchenBlatt Nr. 4 vom 22. Jänner 2015)