Sr. Martha Bertsch SSND arbeitet seit Jahren in Israel und führt in Nazareth das Abuna-Faraj-Pilgrim-House, eine Einrichtung der melkitischen Kirche vor Ort. In Jordanien leben über 1,5 Millionen syrische Flüchtlinge, unter denen eine große Zahl von Christen, die aus dem Irak vor den Brutaliäten des IS geflohen sind. Sr. Martha berichtet von der Situation der syrischen Glaubensgeschwister und zeichnet ein bewegendes Zeugnis. Das KirchenBlatt lanciert für einen Aufruf zur Solidarität mit den Glaubensgeschwistern in Not.

Konkrete Solidarität für die Glaubensgeschwister

Ein Bericht aus eigener Erfahrung aus dem Flüchtlingslager in Amman.

Vor nicht allzu langer Zeit sah ich ein Mann, nahe unserem Haus, der sehr traurig dreinschaute. Als ich fragte, warum er so traurig sei, sagte er mir, dass die Situation für Flüchtlinge vom Irak und Syrien schrecklich sei, "und jetzt da es kälter wird, haben sie keinen warmen Platz" sagte er weiter „und wir können nichts tun, weil sie weit weg von uns sind - wir können ja nicht in den Irak gehen.“
 - Ich sagte ihm: „Wir müssen nicht so weit gehen. Diese Flüchtlinge kommen jetzt zu uns, sie sind schon unsere Nachbarn - in Jordanien. Wir werden Christen aus Nazaret bitten, den Christen aus dem Irak zu helfen.“ - Und das taten wir dann! Viele Menschen gaben Geld für unsere Brüder und Schwestern im Flüchtlingslager in Amman.

Ich bin gerade aus Jordanien zurückgekommen, wo ich ein paar Tage mit syrischen Flüchtlingen verbracht habe. Viele Christen aus Mosul (Irak) sind unter den 1,5 Millionen Flüchtlingen, die in Jordanien gestrandet sind. Die meisten der syrischen Flüchtlinge sind in großen Flüchtlingslagern in den nördlichen Gebieten Jordaniens. Ich besuchte die kleineren Lager, die für mich leichter erreichbar sind. Was ich dort gesehen habe und von den Flüchtlingen gehört habe,  war sehr bewegend und hat mich schwer getroffen!  

Die Christen aus Mosul erzählen, wie Kämpfer des IS (Islamischer Staat) in die Dörfer einbrechen und um zwei Uhr morgens vor die Häuser kommen, um sie mit Lautsprechern aus dem Schlaf reißen, um ihnen zu sagen, dass sie ihre Frauen und Töchter dem IS übergeben müssen ... andernfalls würden sie getötet oder sie müssen sofort weggehen. Diese Geschichten - mehrfach wiederholt - machten mich tief betroffen und sprachlos!

So mussten sie fliehen, packten ihre Habseligkeiten zusammen und verließen - so rasch es ging - ihre Häuser. Vor allem die Frauen und Kinder! Alle gingen in der Hoffnung, einen sicheren Patz oder eine offene Grenze zu finden. In all der Eile vergaßen viele von ihnen ihre Pässe und andere wichtige Papiere. Viele warten immer noch darauf, dass sich die Grenze für sie eines Tages öffnen wird. Einige erzählten, was sie auf ihrem Weg in den Dörfern gesehen haben, wie brutal die IS Menschen getötet haben.

In der jordanischen Hauptstadt Amman sind Tausende von Flüchtlingen. Die Caritas kümmert sich gut um sie. Priester und Schwestern öffnen ihre Häuser, Hallen und machen Räume frei und stellen in ihren Gärten Container auf, für die Flüchtlinge. Als ich dort war, hat es stark geregnet. Manche Dächer sind nicht gut isoliert und so regnet es in die Unterkünfte hinein. Die Flüchtlinge ziehen ihre Matratzen dann einfach in eine andere Ecke aber es gibt kaum einen anderen Platz.
 Die Menschen sitzen den ganzen Tag auf dem Boden der kleinen Räume - sie haben nichts zu tun. Den Flüchtlingen ist es auch in Jordanien nicht erlaubt, zu arbeiten. Die Kinder können nicht zur Schule gehen. Es gibt Unterkünfte, die nur an einem Tag pro Woche heißes Wasser haben. Wenn 125 Menschen geduscht haben, ist das Wasser kalt oder aufgebraucht.
 

Wie die Christen aus Amman sich um die Flüchtlinge kümmern, ist großartig. Wohin ich auch ging und kam, versuchte ich einfach zuzuhören, ihre traurigen Geschichten aufzunehmen. Was ich sagen wollte oder zu sagen versuchte, schien sinnlos. Ich fühlte mich sehr, sehr traurig und hilflos!
Es ist sehr berührend, diese Christen mit ihrem starken Glauben zu treffen. Bevor ich jeden Ort verließ, standen wir zusammen und beteten … auch für die IS - weil Hass nicht helfen wird! Es ist wichtig, jeden Tag für sie zu beten! Nur Gott kann das Herz aus Stein von ihnen wegnehmen und ihnen ein Herz aus Fleisch geben! Ein Mann stand auf und sagte: „Die IS hat alles, was wir hatten, weggenommen, aber sie können nie unseren Glauben wegnehmen!“ 
 


Die Gastfreundschaft unter den Geflüchteten ist groß, obwohl sie nichts haben! Gemüse, Früchte oder arabischen Kaffee wollen sie anderen sofort anbieten. Die Menschen helfen einander auf unterschiedliche Weise und sie teilen, was sie haben - wie eine große Familie. 

Es sind einige Ärzte und Krankenschwestern unter ihnen, die früher in Krankenhäusern gearbeitet hatten und ich fragte, wo denn die Kranken nun seien und ob und wie sie transportiert worden seien? Ihre Antwort: "Sie sind in den Händen der IS!"

Das Geld, das ich von Christen in Nazareth mitbringen konnte, war gar nicht so wichtig. Sie sagten, dass sie zwar Geld für persönliche Dinge brauchten, aber dass es ihnen wichtiger sei, besucht zu werden, dass man ihnen zuhören solle und Zeit mit ihnen verbringen solle, um ihnen auf diese Weise Solidarität zu zeigen … Es ist das, was sie zu allererst wertschätzen!

Einige von ihnen gehen schon seit langer Zeit wie durch einen dunklen Tunnel. Sie haben Familienmitglieder bei Terrorangriffen in Bagdad verloren, sie sind und waren krank oder sind oder waren verletzt, sie sind aus ihren Häusern vertrieben worden und dann von Ort zu Ort gereist, immer auf der Suche nach Sicherheit … doch die Leute vom IS kamen und Angehörige und Freunde wurden getötet … Und jetzt sind sie als Flüchtlinge in Jordanien, und wissen nicht, wie lange die Dunkelheit im Tunnel noch sein wird. 

Aber ihren Glauben geben sie nicht auf! Ich dachte an Bethlehem vor 2000 Jahren: Die Türen waren verschlossen, Menschen wurden getötet, die heilige Familie war auf der Flucht, sie ist zu einer Flüchtlingsfamilie geworden. “GOTT kommt und nur leere Hände können IHN empfangen!”
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  • Sr. Martha freut sich über finanzielle und materielle Unterstützung zur Linderung der Not und zur Hilfe für die syrischen Christen in Jordanien. Im Rahmen ihres Aufenthaltes in Österreich kommt es zu einem Treffen des Freundeskreises am 13. Jänner 2015, 18 Uhr in Rankweil (Sportschützenheim, Hadeldorfstr. 47).

  • Bitte benützen Sie für Ihre Beiträge folgendes Konto bei der Erste Bank AG, Wien:
    "Projekt Nazaret" - IBAN: AT42 2011 1220 1218 0502  / BIC:  GIBAATWWXXX 

 

Kontaktdaten :
Sr. Martha Bertsch, SSND 

co Melkite Catholic Church 

Abuna Faraj Pilgrim House 

P.O. Box 3109

16130 NAZARETH, 
ISRAEL

E-mail: marthabertsch@hotmail.com
http://www.afpilgrimhouse.com
Tel. & Fax: 00972-4-6020136