Laut einer aktuellen Meldung von Radio Vatikan (NL vom 19. 3.) wird die UNO-Entscheidung zum Flugverbot über Lybien mit Skepsis und Kritik aufgenommen. Sowohl PAX CHRISTI Deutschland, der deutsche Zweig der internationalen katholischen Friedensbewegung als auch die EKD (Evangelische Kirche Deutschland) kritisieren die durch ein UNO-Mandat gedeckte Maßnahme und die französische Tageszeitung La Croix kommentiert die Entscheidung sehr zurückhaltend.

Der Vatikan ist skeptisch. Militärintervention in Libyen“: Mit dieser Schlagzeile berichtet die Vatikanzeitung „L‘Osservatore Romano“ vom Samstag über die jüngsten Entwicklungen in der libyschen Krise. Eine Stellungnahme aus dem Vatikan zum Kampf um Bengasi und zur westlichen Unterstützung für die Aufständischen in Libyen gab es aber vorerst nicht. In Paris beraten Staats- und Regierungschefs der westlichen und einiger arabischer Länder über das Vorgehen.

Am Sonntag hat Papst Benedikt XVI. die Verantwortlichen in Politik und Militär aufgerufen, die Unversehrtheit und den Schutz der libyschen Bevölkerung zu gewährleisten, wie Kathpress berichtet. "Ich richte einen dringenden Appell an alle, die Verantwortung in Politik und Militär tragen, dass sie vor allem für die Unversehrtheit und die Sicherheit der Bürger sorgen und den Zugang zu humanitärer Hilfe garantieren", sagte der Papst am Sonntag nach dem Mittagsgebet auf dem Petersplatz.

Er verfolge die "jüngsten Ereignisse" in dem nordafrikanischen Land mit "großer Sorge" und bete in dieser "dramatischen Situation" für alle Beteiligten sowie für den Frieden im Land. Er wolle seine Verbundenheit mit der Bevölkerung Libyens bekräftigen. Die "beunruhigenden Nachrichten" über die Ereignisse in Libyen hätten auch bei ihm große "Unruhe und Furcht" ausgelöst, sagte der Papst.

Kritik am Einsatz der UNO. Die katholische Friedensbewegung Pax Christi lehnt einen militärischen Eingriff in Libyen ab. Johannes Schnettler, der Vize-Präsident der deutschen Sektion, befürchtet „enorme Verluste in der Zivilbevölkerung“. Die Einrichtung einer Flugverbotszone in Libyen durch die UNO sei eine „militärische Unterstützung der Oppositionsbewegung im Land“, so Schnettler am Freitag im Interview mit dem Kölner Domradio. Gleichzeitig sei aber auch die Zivilbevölkerung bei möglichen Angriffen aus der Luft gefährdet. Zudem werden die NATO in einen Konflikt hineingezogen, „dessen Folgen noch nichts absehbar sind“. Zwar hege Pax Christi „Sympathien für die Protestbewegung“ in Libyen, doch in der Wahl der Mittel liege das große Dilemma. Mit dem Weg, den die Vereinten Nationen nun bereitet haben, werde das Leiden vergrößert. (domradio)

Kritik aus der evangelischen Kirche. Das UNO-Flugverbot über Libyen stößt in der evangelischen Kirche Deutschlands auf Kritik. Die Maßnahme sei zwar durch das UNO-Mandat legitimiert, sagte Pressesprecher Reinhard Mawick der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Trotzdem stehe die EKD militärischen Interventionen „mit äußerster Zurückhaltung“ gegenüber, da es schwer sei, den Verlauf vorherzusagen. Mawick wörtlich: „Wohin das führen kann, sehen wir am Beispiel der Intervention in Afghanistan.“ Dort sei das Ziel unklar und ein Ende nicht abzusehen. (idea)

Die französische, katholische Tageszeitung "La Croix" hinterfragte in ihrer Ausgabe vom Freitag die Ankündigungen von Präsident Nicola Sarkozy,  "gezielten Luftangriffe" gegen libysche Ziele vorzunehmen, wie der französische Präsident beim EU-Gipfeltreffen seinen Partnern vorgeschlagen hat. "Sicherlich, Dringlichkeit ist geboten und das europäische Schiff ist oft schwer zu manövrieren. Dennoch ist es merkwürdig, am Vorabend eines EU-Gipfels alleine eine politische Position einzunehmen. Gezielte Luftangriffe (...) wären eine militärische Einmischung auf dem Boden von Revolten, die ihren Erfolg bisher nur den arabischen Bevölkerungen selbst verdankten (...).
Francois Ernenwein, Chefredakteur von La Croix, kommentiert die UNO-Entscheidung des Flugverbotes in der Samstagausgabe von La Croix dann unter dem Titel: "Die Logik des Krieges" und führt aus, dass die getroffene Entscheidung unter den anderen schlechten Möglichkeiten die Schlechteste darstelle. Dies deshalb, weil sie angesichts der Gegebenheiten wohl nicht ohne Gewalt durchzusetzen ist und sie somit als "notwendiges Übel" betrachtet werden müsse. Diese Entscheidung sei "schon schwer zu treffen" gewesen und sie "wird aller Wahrscheinlichkeit noch schwieriger zu erfüllen sein, bedeutet sie doch Krieg. Denn die Dinge bei ihrem Namen nennen ist eine Sache, die Bemühungen und die Kosten zu tragen, die sie erzwingen, ist eine andere." Der Kommentator weist auf die Skepsis der Europäer hin, wie sie sich in einer jüngst von La Croix beauftragten Untersuchung deutlich zeigte. Die Europäer/innen, besonders jene der Mittelmeerländer, trauen den Orientalen nicht so recht zu, dass es ihnen gelingt, den Frieden zu schaffen. "Hoffen wir auf eine rasche Rückkehr zur Diplomatie" meint Ernenwein "in Lybien und anderswo." (_wb)

> Aktuell:  Stopp dem Krieg in Lybien! (Ein Aufruf!)