Stellungnahme von PAX CHRISTI INTERNATIONAL zum Tod von Osama bin Laden. Veröffentlicht am 6. Mai 2011 in Brüssel.

Die Nachricht des Todes von Osama-bin-Laden, der im Verlauf einer militärischen Operation von Spezialeinheiten der US-Armee in der Stadt Abottabad in Pakistan getötet worden ist, hat zu Reaktionen der Freude geführt und zur Behauptung, dass „Gerechtigkeit geschehen ist".

Für Pax Christi International ist der Tod von bin Laden ein Anlass für tiefes Nachdenken – über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft: Können wir diesen Moment in einen Wendepunkt verwandeln und nach einem Jahrzehnt der Gewalt und Rache nun in Richtung Frieden und gegenseitiges Verständnis gehen ?

Der Hl. Stuhl hat den Tod bin Ladens kurz aber treffend kommentiert: „Osama bin Laden, war – wie wir alle wissen – verantwortlich für Spaltungen und Hass zwischen den Völkern, hat den Tod unzähliger unschuldiger Menschen verursacht und hat die Religion für seine Zwecke manipuliert" (...) Der Tod eines Menschen ist für einen Christen niemals Grund zur Freude und es gilt, über die große Verantwortung eines jeden vor Gott und den Mitmenschen nachzudenken, zu hoffen und dafür zu arbeiten, dass jedes Ereignis, gleich welcher Art, zur Gelegenheit werde, dass der Frieden unter den Menschen wachse und nicht der Hass."

Pax Christi International stimmt mit dieser Haltung überein. Tausende von Menschen der verschiedenen Religionen und Kulturen, sind von extremistischen Netzwerken unter dem Einfluss von bin Laden getötet worden. Aber die Antwort auf diese Taten - willkürliche Gefangennahme, Folter, unbeschränkte Anhaltungen und Kriege in Afghanistan, Pakistan und im Irak – all das war viel zu oft vom Geist der Rache getragen und hat unsere höchsten Prinzipien und tiefsten Werte verraten. Hass und Trennung haben sich vermehrt. Hunderttausende von unschuldigen Leben sind verloren gegangen.

Wir drängen die Führer/innen der Welt, die Spirale der Gewalt und des Krieges zu brechen. Es ist Zeit, Frieden zu machen und Brücken zwischen den Gesellschaften und Religionen in der ganzen Welt zu errichten. Wir rufen auf, die bewaffneten Operationen in Afghanistan und Pakistan zu beenden und eine neue Afghanistan-Politik auf der Basis von Dialog, Unterstützung der Menschenwürde und Entwicklung einzuleiten und dies den militärischen Interventionen vorzuziehen. Lassen wir doch den Tod von Osama-bin-Laden zu einem neuen Moment der Klarheit und Weisheit werden, die von den Ereignissen der letzten Jahrzehnte so oft verdunkelt worden sind.

Wir sind bei alldem inspiriert von den Worten Dr. Martin Luther King jr.: „Die letzte Schwäche der Gewalt besteht darin, dass sie eine absteigende Spirale bedeutet, hervorbringend was sie zu zerstören sucht. Anstelle der Verminderung des Bösen, vervielfacht sie es. Mit Gewalt magst du den Lügner ermorden, aber du kannst die Lüge nicht ermorden und schon gar nicht der Wahrheit zum Durchbruch verhelfen. Mit Gewalt magst du den töten, der hasst – aber du tötest nicht den Hass. Tatsächlich ist es so, das Gewalt den Hass verstärkt. So ist es! Gewalt mit Gewalt zu vergelten vervielfalt die Gewalt, bringt noch tiefere Dunkelheit in eine schon sternenlose Nacht. Dunkelheit kann das Dunkel nicht vertreiben; nur das Licht das tun!" 

Brüssel, am 6.Mai 2011

Anmerkungen:
- Übersetzung (nicht autorisiert) von Walter Buder
- Zitat aus: M. L. King jr., Where do we go from here: Chaos or community?”, Beacon Press, 1967, S. 62.