Man hätte schon bei seinem "ersten Auftritt" als Papst Franziskus am 13. März 2013 erahnen können, dass sich da was ändern wird. "Buona sera" - mehr hat es damals nicht gebraucht. Drei Jahre später überrascht Papst Franziskus die Menschen immer noch. Berührt, inspiriert und irritiert vor allem. Das perfekte Thema also für das Herbstsymposion, das auch heuer wieder über 150 Interessierte ins Bildungshaus St. Arbogast lockte.

"Wir brauchen einen ganz anderen Mut" lautete der Titel des diesjährigen Herbstsymposions - und Papst Franziskus hat schon gezeigt, wie das gehen könnte. Mit spontanen Besuchen von Lampedusa und Lesbos, Fußwaschungen im Flüchtlingsheim und seiner Wohnsituation. Wie diese Neuausrichtung in der katholischen Kirche unter Papst Franziskus aussieht, präsentierte am Vormittag der Grazer Pastoraltheologe Prof. Dr. Rainer Bucher.

Raus aus den Palästen

Papst Franziskus verkörpere die pastorale Umkehr und erkläre diese auch in Evangelii gaudium, so Bucher. Die Kirche sei kein Selbstzweck, sondern das allumfassende Sakrament des Heils, das offenbart und verwirklicht. Wobei "offenbaren" auf etwas Größeres und "verwirklichen" auf das Tun hinweise. Der Pastoraltheologe warf einen Blick in die Kirchengeschichte mit all ihren Hoch und Tiefs um schließlich wieder auf das Zweite Vatikanische Konzil zurückzukommen. Natürlich hätten auch die Vorgänger von Papst Franziskus Teile des Zweiten Vatikanums durchgesetzt, aber vor der "Selbstanwendung auf die eigene Institution und das eigene Amt haben sie zurückgeschreckt", so Bucher. Franziskus zeigt hier eine neue Art des Mutes, in dem er die Casa Santa Marta dem päpstlichen Palast als Wohnort vorzog. Und Bucher stellte dem Publikum die entscheidende Frage zum Nachdenken: "Aus welchen Palästen müssten wir ausziehen?"

Der konkrete Gott ist heute

Papst Franziskus gehe aus der Perspektive der Gegenwart auf das Evangelium zu, erklärte Bucher den wechselseitigen Dialog zwischen dem Heute und dem Evangelium für wichtig. Oder wie Franziskus es formuliert: "Der konkrete Gott ist heute". Ein weiteres wichtiges Wort bei Franziskus ist die Barmherzigkeit  - also konkrete Hilfe und nicht moralische Verurteilung. Die Kirche müsse an die Ränder gehen - und dabei seien nicht nur offene Türen, sondern auch neue Wege wichtig. Auch Armut hat sich Papst Franziskus auf die Fahnen geschrieben. Armut sei eine säkulare Herausforderung, die religiöse Antworten braucht und die Religion, die darauf Antworten habe, werde überleben, streicht Bucher hervor. Die "Repräsentation der Macht der Ohnmacht" sei die Position, die Franziskus hier einnehme.

Und nicht nur das. Franziskus dränge die Kirche zur Selbstüberwindung, damit sie eine Kirche des Konzils und damit Zeichen und Werkzeug des Heils ist.  Damit drehe er die Druckverhältnisse um. Schließlich wollte die Kirche immer eine Welt gestalten, wie sie sie gerne hätte. Papst Franziskus hingegen will eine Kirche, die die Welt braucht mit der Botschaft des Evangeliums. Die Kirche stehe nicht über der Welt, sondern ist in ihr, so Bucher.

Ein Jesuit als Papst

Franziskus vereint zwei verschiedene spirituelle Haltungen: Die praktisch spontane von Franziskus und die intellektuelle, strategische Raffinesse der Jesuiten. Und Jesuiten sollte man nie unterschätzen, grinste Bucher und gab damit den Startschuss für den zweiten Referenten - den Jesuiten P. Dr. Bernhard Bürgler SJ. Franziskus wolle etwas in Bewegung bringen und die Kirche so verändern, wie sie eigentlich gedacht ist, erklärte Bürgler. Dabei fängt er mit seinem Amt an und lädt alle ein, sich verändern zu lassen. Bürgler zeichnet das Bild von einem Papst, der spontan Zeichen setzt, wie man es sich in der Pastoral auch wünschen würde. Die Quellen des Jesuiten Franziskus, woraus er lebe, handle und spreche, habe viel mit seiner ignatianischen Spiritualität zu tun. Und was es bedeutet Jesuit zu sein, hat die 32. Generalkongregation der Gesellschaft Jesu definiert: "Erfahren, dass man als Sünder trotzdem zum Gefährten Jesu berufen ist“ (D 2,1)

Das Schlusswort soll Papst Franziskus aber selber überlassen sein: "Statt nur eine Kirche zu sein, die mit offenen Türen aufnimmt und empfängt, versuchen wir, eine Kirche zu sein, die neue Wege findet, die fähig ist, aus sich heraus und zu denen zu gehen, die nicht zu ihr kommen (...)". Damit ist wohl alles gesagt.