Männer reden eher wenig über ihre Väter. Manchmal, weil sie sich gut verstehen, ohne dass sie darüber reden müssen. Nicht selten verbirgt sich aber eine tiefe Wunde hinter dem Schweigen.

Von Markus Hofer

Der Vater ist der Mensch, der uns als erstes und am nachdrücklichsten beigebracht hat, was es heißt, ein Mann zu sein. Das mag beim einen von uns gut und beim anderen weniger gelungen sein. Manche Männer denken gerne zurück an das, was sie als Buben mit ihrem Vater erlebt haben und reden mit einer tiefen Achtung von ihrem Vater. Nicht selten aber bekommen Männer traurige Augen, wenn man das Thema anspricht. Es ist die Trauer um all das, was sie gerne gehabt hätten, wonach sie sich als Söhne gesehnt haben – aber sie haben es nicht bekommen. Manchmal ist auch noch Wut da, wenn der Vater sich verduftet oder sie geschlagen hat.
Das Verhältnis zum eigenen Vater ist für uns Männer eines der elementarsten Themen, um das viele nicht ungern einen Bogen machen. Einiges hängt von diesem Verhältnis ab und nicht zuletzt geht es um unsere eigene Männlichkeit. So lange wir mit unserem Vater im Kampf sind, sind wir auch mit unserer Männlichkeit im Kampf. Darum ist die Versöhnung mit dem eigenen Vater eine wichtige Aufgabe, die Männer leisten müssen. Wenn sie es nicht tun, leiden sie selber am meisten darunter.


Wir können uns den Vater nicht aussuchen, aber wir verdanken ihm unser Leben. Auch wenn wir enttäuscht sind von ihm, werden wir nur überheblich und arrogant, wenn wir uns über ihn stellen. Es steht uns Söhnen auch nicht zu, den Vater verändern zu wollen. Ohne ihn gäbe es uns nicht, egal wie er war. Die Trauer um das, was nicht war, darf sein. Vielleicht hilft es Betroffenen weiter, wenn sie beginnen versöhnlicher von ihrem Vater zu denken: In welchem Umständen hat er gelebt? Wie war sein Vater? Hat er bekommen, was ich mir von ihm gewünscht hätte? 


Mit dem eigenen Vater kann man sich übrigens auch dann noch versöhnen, wenn er nicht mehr lebt – aber es ist wichtig für uns Männer!