Liebe, Nähe, Zärtlichkeit – das ist das, was man sich zumindest anfangs von einer Partnerschaft erwartet. Auf Dauer wird uns das aber zuviel. Dann darf es schon auch heißen: Mein Bier! – Dein Bier!

Noch nie waren Mann und Frau so nahe beisammen wie heute und vermutlich waren auch die Erwartungen aneinander noch nie so hoch wie heute. Früher hat man sich das Paradies vom Herrgott erwartet und heute vom eigenen Partner. Und noch nie hat man sich so oft scheiden lassen. Die romantische Vorstellung von der Verschmelzung von Mann und Frau und das womöglich in der 1 1/2-Zimmerwohnung ist eine Überforderung - für beide.

Distanz hilft

Die romantischen Bilder sind vor allem von Nähe bestimmt. Nähe kann anziehen und wärmen, Geborgenheit und Sicherheit geben. Sie kann aber auch beängstigen, erdrücken und uns den Freiraum nehmen. Eine Beziehung, in der man sich immer alles sagen muss, was man denkt, wird sehr bald totalitär. Manche produzieren dann instinktiv einen Ehekrach, um sich von der vielen Nähe wieder erholen zu können.
Distanz kann zwar entfremden und ängstigen, schmerzen und einsam machen. Distanz kann aber auch befreien und Spielraum schaffen, Überblick ermöglichen, interessant machen und Sehnsucht wecken. Wir sollten uns vom Terror der dauernden Nähe befreien und das Spiel von Nähe und Distanz flexibel handhaben; für erfahrene Eheleute sicher nichts Neues. Die zeitweilige Distanz hilft uns, uns als Person zu erhalten – der Mann als Mann und die Frau als Frau - und die eigene Identität zu pflegen. 


Eine Frau, deren Mann seit längerer Zeit in einer Männerrunde dabei ist, hat es einmal auf den Punkt gebracht: „Es gibt Bereiche, die gehören nur ihm und es gibt Bereiche, die gehören nur mir. Ich muss auch nicht alles wissen und alles kontrollieren.“ Beim Wunsch, den Partner ganz kontrollieren zu können, beginnt eigentlich der Beziehungsterror. Wenn wir hingegen Bereiche haben, die nur uns gehören, dann bleiben wir auch für einander interessant.