Das Verhältnis der Geschlechter wird auch durch die persönliche Geschichte bestimmt. Bei nicht wenigen Frauen gibt es da Gewalterfahrungen, doch umgekehrt sind auch Männergeschichten nicht automatisch rosig.

Von Markus Hofer

Walter hat eine Wut auf Frauen und diese wurzelt in seiner eigenen Geschichte. Darum hat er sie sehr ehrlich niedergeschrieben, um zu zeigen, woher seine Wut auf Frauen kommt:


„Immer wieder muss ich lesen, wie Frauen benachteiligt sind. Dann kommt tiefe Wut und Widerspruch in mir hoch. Ich reagiere zynisch und verächtlich auf diese angeblich so benachteiligten Frauen. Haben Frauen je nach meinen Rechten gefragt? Meine Mutter war kalt und hart. In den Arm genommen hat sie mich nicht, aber geprügelt. Mit der Schuhputzbürste hat sie sich auf meiner Wirbelsäule ausgetobt oder sie hat drei Tage lang nicht mehr mit mir gesprochen, obwohl ich vor ihr auf den Knien gekrochen bin und um Vergebung gebeten habe, weil ich nicht gleich Abwaschen gegangen war. In den Kinderferien haben mir Frauen das „Ruhigsein“ in der Mittagspause mit einem Rohrstock beigebracht. Sie zwangen mich, so lange Pudding zu essen, bis ich ihn nicht mehr erbrach. Meine Mutter hat mir eingebläut, dass man Frauen nicht schlägt, aber sie durfte mich schlagen und prügeln. 


Heute fühle ich mich in vielen Dingen alleingelassen von meiner Frau. Die Verantwortung für Vieles lastet schwer auf mir. Langsam aber werde ich ruhiger, und merke, dass das eine mit dem anderen nur bedingt zu tun hat. Ich spüre Wärme in mir, wenn ich daran denke, mit wie viel Liebe mir meine Frau und meine Töchter begegnen, und ich spüre, dass ich versöhnlicher werde.“ 


Walters Geschichte ist hart, aber sie zeigt deutlich: Ein ehrlicher Blick in die eigene Vergangenheit kann versöhnlich sein, denn es gibt weder DIE Frauen noch DIE Männer.