Der Mann von heute muss schön sein, mit Muskelpaketen und Waschbrettbauch – meint man(n). „Adonis-Komplex“ heißt das neue Phänomen, bei dem das Training zu einer Muskelsucht wird.

Von Markus Hofer

Breite Schultern, schmale Hüften und dicke Muskelpakete: Körperlich muss der neue Mann heute einiges bieten können. Hochglanzmagazine, Werbung und Hollywood beflügeln diesen Trend, und immer mehr Männer lassen sich von der simplen Botschaft mitreißen: Mit Bizeps und Waschbrettbauch kommt der Erfolg im Beruf, bei den Frauen und nicht zuletzt beim Sex. Doch der Schönheitskult hat Schattenseiten. „Adonis-Komplex“ heißt das neue Phänomen, unter dem immer mehr Männer leiden. Die Folgen der Orientierung an perfekten Körper-Vorbildern können eine Sucht sein. Während die einen ihr Gewicht krankhaft herunter hungern, trainieren sich die anderen Muskelberge an. Muskeldysmorphie oder Biggerexie nennt man die neue Muskelsucht.


Die Betroffenen sind durchweg Bodybilder, die aber trotz allem das Gefühl haben, viel zu schmächtig zu sein. Sie leiden unter einer gestörten Körperwahrnehmung. Sie ordnen sich, ihr ganzes Tun und ihr ganzes soziales Leben dem einzigen Ziel unter, noch kräftiger und muskulöser zu werden. Nicht selten kommt die Einnahme leistungssteigernder Substanzen hinzu, mit denen sie ihren Körper weiter schädigen. Fitness ist gut und für die Gesundheit wichtig, doch wenn alles der Fitness untergeordnet wird, wird sie zum Fitnesswahn und damit zur krankhaften Sucht. Nach außen wirken solche Männer stark und kräftig, doch im Grunde sind sie sehr unsicher. Muskeln können durchaus zum Ersatz für das eigene männliche Selbstwertgefühl werden. Interessant ist jedoch, dass laut Umfragen die meisten Männer nicht auf spindeldürre Frauen und die meisten Frauen nicht auf männliche Muskelpakete stehen.