Wir leben in der Zeit der Ratgeberliteratur für alle Lebenslagen und vor allem: alle sollten wir perfekt sein. Perfekte Männer, perfekte Frauen und natürlich perfekte Eltern. Aber etwas weniger würde schon reichen.

Von Markus Hofer

„Ich habe dauernd ein schlechtes Gewissen“, erzählte mir ein bemühter Vater. Es schien ihm nicht genug, was er für seine Kinder tat, und die Zeit neben dem Beruf sei natürlich auch zu wenig. Dann zählte er mir noch eine Menge Dinge auf, die er eben zu wenig gut hinbringe, jedenfalls nicht so, wie er glaubte, dass es sein müsse. Ich hatte fast den Eindruck: der Mann hat zu viele Erziehungsratgeber gelesen. Heute muss alles perfekt sein und damit überfordern wir uns selber. Kein Wunder, dass soviel von Burnout die Rede ist. „Perfekt und unglücklich“ scheint das Motto unserer Zeit zu sein. 


In meinem Büchlein „Kinder brauchen Väter“ schreibt der neunjährige Gerd: „Wir spielen fast immer im Sommer am Abend Tischtennis. Wir haben schon viel zusammen erlebt. Gestern spielten wir bis in die Nacht Tischtennis. Manchmal kommt er sehr gereizt von der Arbeit nach Hause und streitet dann mit meiner Mami. Das mag ich nicht an ihm. Ich mag an Papa, dass er meistens freundlich ist. Papi kocht auch super. Daddy fährt oft mit dem Fahrrad zur Arbeit. Vati muss um 6.00 Uhr aufstehen um das Essen zu machen. Am Wochenende fahren wir oft zur Oma. Mein Papa ist fast perfekt.“


Das ist doch wunderbar, mit welchem Stolz dieser Bub zum Resultat kommt: „Mein Papa ist fast perfekt.“ Als Trost für alle Väter, die sich überfordert fühlen: Kinder brauchen keine perfekten oder idealen Väter, aber sie brauchen Väter, die greifbar sind und zwar körperlich wie seelisch. Viel wichtiger ist, dass er da ist und sich bemüht. Ein Mann, der mit Leib und Seele Vater ist, darf gerne auch Fehler machen.