Angeblich wird jede zweite Ehe geschieden – je nachdem wie man es rechnet. Der Trend hält jedenfalls an. Sind die Menschen heute nicht mehr so beziehungsfähig wie früher oder ist die Herausforderung größer?

Von Markus Hofer

Vermutlich gab es noch nie so viele Beziehungsratgeber wie heute. Und gleichzeitig gab es noch nie so viele Trennungen und Scheidungen wie heute. Ist die Welt moralisch am Ende, wie manche meinen, und die Menschen schlechter als sie es früher waren? Mit Sicherheit nicht. Was sein mag, ist, dass wir nicht mehr soviel aushalten, manchmal vielleicht auch zu schnell die Flinte ins Korn werfen.

Partnerschaft ist heute zweifellos eine größere Herausforderung als es früher war. Mann und Frau waren in der Geschichte der Menschheit noch nie so lange beisammen wie heute. Früher hatte ein Mann oft drei Frauen im Leben, weil ihm zwei im Kindbett wegstarben. Zudem werden wir heute wesentlich älter. Das „bis das der Tod euch scheidet“ hat zeitlich noch nie so lange gedauert.

Zum anderen waren Mann und Frau qualitativ noch nie so eng beieinander. Früher waren die Männerwelt und die Frauenwelt stark getrennt. Man traf sich nur in einzelnen Sektoren – wie in der Erotik – und dann gingen der Mann wieder zu den Männern und die Frau zu den Frauen. Heute ist alles viel stärker durchmischt und statt verschiedenen Territorien geht es eher darum, möglichst viel gemeinsam zu machen.

Wir dürfen davon ausgehen, dass das mehr an Nähe und Zweisamkeit auch mehr Konflikte bringt. Das Unternehmen Partnerschaft hat heute viel größere Gestaltungsmöglichkeiten, für Männer wie Frauen, ist aber auch eine größere Herausforderung denn je. Zudem: Früher hat man sich das Paradies noch vom Herrgott erwartet, heute vom eigenen Partner – und damit überfordern wir uns wahrscheinlich auch selber.