Gedanken und Impulse von Markus Hofer

Unlängst wieder erlebt: Ein altes Kirchengemäuer, weihrauchgeschwängerte Luft und darin gab es eine Laudes, die uralte Form des Stundengebets, Psalmen und Hymnen im Wechsel, Vers für Vers entsteht ein Rhythmus, eine eigene Melodie der wechselseitig Betenden, man kann darin eintauchen, einsteigen in das Gebet der Jahrtausende, vielleicht sogar versinken oder sich gedankenlos vergessen. Es ist eine nicht mehr zeitgemäße Form des Betens, die mir aber immer wieder gut tut – nicht zuletzt, weil sie mich nicht überfordert.

Das zeitgemäße Beten ist spontaner und persönlicher. Moderne Liturgen bemühen sich, den Gottesdienst zu einem individuellen Ereignis zu machen, manchmal fast zu einem innerlichen Event. Kunstvoll werden Nachdenkpausen zur persönlichen Besinnung eingelegt, neuerdings sogar zwischen den einzelnen Psalmzeilen. Und was mache ich? Wenn ich ehrlich bin, warte ich jedes Mal bis es weiter geht. Mich überfordern diese Pausen, manchmal überfordert mich die Bedeutsamkeit des Persönlichen. Vielleicht nehme ich mich selber zu wenig wichtig. Religiöse Erlebnisse habe ich schon hin und wieder, aber eher selten, meist nicht geplant und kaum auf Aufforderung nach einer Nachdenkpause.

Als Benedikt von Nursia das gemeinsame Stundengebet erfand, wusste er, dass nicht einmal ein Mönch mehrmals am Tag spontane religiöse Erlebnisse haben kann. Hätte die Kirche in ihrer Geschichte immer so auf Spontaneität gesetzt, wie es heute zeitgemäß scheint, wäre ihr vermutlich der Atem ausgegangen. Mir tut es jedenfalls gut, wenn einmal nicht ich mich besinnen muss, sondern es mit mir betet.

Markus Hofer