Im Pfarrverband Mittleres Montafon gibt es seit Kurzem die Totenwache bzw. das Trostgebet in einer ganz neuen Form: Was vorher der Psalter oder Rosenkranz waren, ist jetzt ein auf die verstorbene Person und die Angehörigen abgestimmtes Gebet der Gemeinde, das von engagierten Frauen und Männern vorbereitet und geleitet wird. Elisabeth und Konrad Biedrawa engagieren sich als Paar. Im Interview erzählen sie von dieser neuen Aufgabe und der Chance, damit neu auf Menschen zugehen zu können.

Elisabeth und Konrad, ihr engagiert euch im Pfarrverband bei der Gestaltung und Leitung von Totenwachen.
Was bedeutet es euch, diesen Dienst in der Gemeinde auszuüben?

Für uns ist es eine verantwortungsvolle Aufgabe, die wir vor allem als Stütze und Hilfe für die Angehörigen und Freunde begreifen. Es ist aber auch ein Dienst am Verstorbenen, weil wir ihn so noch einmal ganz persönlich würdigen. Und dann ist dieser Dienst natürlich auch eine riesige seelsorgerliche Chance: viele Menschen, die im Glauben Suchende sind oder den Bezug zu ihrem Glauben verloren haben, sind in dieser Situation sehr dankbar und offen für Unterstützung. Durch das Gebet können wir helfen, diese Menschen in ihrer Gottesverbindung zu stärken bzw. diese wieder entdecken zu lassen.

Was hat euch motiviert, diesen Dienst zu übernehmen und euch dafür in den Gemeinden zu engagieren?
Wir möchten mit unserem Einsatz den Angehörigen ein Stück weit Trauerhilfe anbieten und der verborgenen Sehnsucht nach Religiösem, nach Gott Raum und Sprache geben. Im Blick auf die verstorbene Person ist unser Wunsch, eine würdige und ehrliche Verabschiedung zu ermöglichen und diese im Rahmen des Trostgebetes der Gemeinde mit ins Gebet einschließen zu können. Dieser Dienst findet in der Schwellenzeit zwischen Sterben und öffentlicher Verabschiedung (dem Begräbnis oder der Beisetzung) statt. Das Gebet kann in dieser sehr sensiblen und besonders wertvollen Zeit großartige Hilfe in der Trauerarbeit sein. Ruthmarijke Smeding spricht von „Trittsteinen im Fluss der Trauer“, die da gelegt werden können und Trauernden später großen Halt und Trost bieten.

Welche Herausforderung seht ihr beide da in der Gestaltung eines solchen Gebetes?
Die Vorstellungen der Menschen, was nach dem Tod kommt und ob es da ein Weiterleben gibt, sind sehr unterschiedlich. Die Feier und Worte muss so
gestaltet werden, dass wir die Menschen in ihrer Lebens- und Glaubenssituation abholen und die christliche Botschaft als Hilfe anbieten. Tod und Trauer genauso wie Gefühle von Schmerz und Ohnmacht gehören zum Leben dazu und möchten wir als Teil des Lebens vermitteln und verstehbar machen.

Wie werden diese Herausforderungen in der konkreten Gestaltung einer Totenwache sichtbar?
In einem ersten Schritt ist für uns der Hausbesuch ein ganz wesentlicher Teil der Vorbereitung und Gestaltung einer Trostgebetes. Hier begegnen wir den trauernden Angehörigen und helfen, Emotionen und Gefühle anzusprechen und ihnen Raum und Sprache zu geben. Immer wieder braucht es dafür den Mut, das Unausgesprochene, das zwischen ihnen und dem Verstorbenen liegt, anzusprechen. Dabei erleben wir sehr oft Versöhnung und Heilung in Beziehung mit dem Verstorbenen. So können wir dann auch diese Lebenserfahrung im Trostgebet einfließen lassen und mit ins Gebet einschließen. Zudem hilft die Gemeinschaft der Betenden durch ihr Gebet und ihre Anwesenheit den Angehörigen, tragen ihre Trauer mit und geben Halt. Der Schmerz wird geteilt und gibt so Hoffnung für die Zukunft.

Welche Rückmeldungen bekommt ihr für euer Engagement?
Meist ist es eine sehr berührende Dankbarkeit, die uns Angehörige entgegenbringen. Sie sagen, dass das Trostgebet für sie ein Geschenk war, wenn die Erinnerung so lebendig  geworden ist. Manche zeigen sich fassungslos. Gelegentlich sagen manche, sie möchten für sich auch so eine Verabschiedung.

Was würdet ihr der Gesellschaft wünschen, wenn ihr ihnen im Umgang mit Sterben, Tod und Trauer etwas mit auf den Weg geben wollt?
Dass das Sterben und der Tod viel selbstverständlicher als Teil des Lebens gesehen werden soll und dass diese nicht so verdrängt werden. Wir wünschen uns ein viel offeneres und selbstverständlicheres Reden darüber.

Das Gespräch führte Matthias Nägele.