Erfahrungsbericht aus dem Seminar für Lektorinnen und Lektoren und für Menschen, die es werden möchten.

„... Wörter verkosten um im gegenwärtigen Augenblick uns selbst und Gott zu begegnen ... von der Wahrhaftigkeit des Lesers hängt es ab... öffne dein  Herz damit das Wort in das Innere des Menschen gelangen kann... “
(aus dem Ausschreibungstext von Renate Bauer)

Begeistert und wach verabschiedeten wir uns am Abend nach einem intensiven gemeinsam verbrachten Tag. Ja, „Das Wort Gottes verkünden mit Leib und Seele“, das ganzheitliche gemeinsame Üben hat Freude und Glanz in alle Augen gebracht. Dass der Gottesdienst ein kommunikatives Geschehen ist, wurde von allen am Anfang des Tages mit Begeisterung bejaht und so durfte ich mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern aufbrechen und eintauchen in die Entdeckungsreise „Wort“, damit die gute und kräftige Nahrung auf den Tisch der Bühne gebracht werden kann.

Sich im Wort zeigen

Es verlangt Mut, zur eigenen Stimme zu stehen und auch den eigenen Leib ins Erlebnis zu holen sowie zum Text der Lesung zu stehen und dann auch noch vor der Gemeinde sich zu zeigen. „Sich zeigen mit dem, um was es mir geht“!  Diese Aufgabenstellung erlebten die Lektorinnen und Lektoren als ergreifend, dieser Anspruch wurde aber auch als beängstigend wahrgenommen. Das Zitat von Hilde Domin „Ich stand auf und ging heim ins Wort“ bot ich begleitend durch den Tag an.
Es ist mir als Schauspielerin und Regisseurin wichtig, den Teilnehmern bewusst zu machen, dass die Worte eines Textes uns „anrufen“ und „aufrufen“, um von uns leibhaftig vorgetragen und gelebt zu werden. Eine große Herausforderung und Verantwortung, die an uns als Vorleserin und Vorleser im Gottesdienst gestellt wird. Das erkannten die Übenden im Laufe des Tages und ein neues Leibgefühl konnte sich entwickeln. Es konnte sich dadurch eine Atmosphäre des „Ergriffen Seins“ und des „Ich bin bereit“ entwickeln, diese Stimmung hat das gemeinsame Arbeiten beflügelt.

Gottes Wort verkosten

Nach ersten Übungen an Leib- und Stimme haben sich einige Teilnehmer bereits liebevoll angesprochen gefühlt, sich innig dem Wort, dem Buchstaben, dem Bild, dem Schauplatz der Schrift zuzuwenden. Ein Verkosten von Vokalen, Konsonanten, Bildern und Gefühlen wurde ausprobiert und erforscht und der gegenwärtige Augenblick hat uns, um mit Augustinus zu sprechen, oftmalig „wie Donner“ getroffen. Aus dieser Konzentration heraus konnte die Kraft des Wortes freigesetzt werden.
Viele Übende waren erstaunt über das „neue“ Gefühl im Körper und lernten im Laufe der Stunden, diesem auch zu vertrauen. Den Text, das Wort immer wieder im Moment neu erleben, sogar neu gebären, das führt zur Wahrhaftigkeit beim Vorlesen. Lebendig und wahrhaftig – selbstverständlich ein lebenslanges Üben.
Zu der Beschäftigung mit Kunst, mit Gedichten, mit der heiligen Schrift gehört zu allererst die Fähigkeit, sich ergreifen zu lassen. Staunend mögen wir erkennen, dass sich die Worte auf den Weg gemacht haben, mich zu  erreichen.

Ich wünsche den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Gnade, "dass ihr im Moment des Lesens der heiligen Schrift vor der Gemeinde die Worte immer wieder neu erleben und neu gebären möget. Für die Bereitschaft und Offenheit, für Euer Einbringen an Erfahrungen, Einsichten und Bekenntnissen bedanke ich mich bei Euch."

Renate Bauer, Schauspielerin, Regisseurin, Professorin; Lochau

Wortmeldungen von Teilnehmerinnen und Teilnehmern der letzten Jahre

Marlies: „Reich beschenkt fühle ich mich in diesem Kurs, mit Texten, Lesungen, Gedichten und wertvollen Anregungen.“

Gertrude: „Ich war bei diesem Kurs, weil es mir Spaß macht, mich mit Fragen, die mit dem Gottesdienst zu tun haben, auseinander zu setzen. In mir wuchs die Erkenntnis, dass ich am richtigen Platz war und die Auszeit vom Alltag hat mir gut getan. Der Kurs war für mich von Anfang an ein Gewinn.“

Carmen: „Ich gehe heim ins Wort - meine Sehnsucht - das Seminar hat mir den Schlüssel dazu gegeben."

Andrea: „Mir liegt viel an unserer Kirche und Lektorin zu sein empfinde ich als eine schöne Aufgabe. Ich wurde im Kurs darin bestärkt und konnte mich mit meinen Talenten und Ideen einbringen.“

Helmut: „Es ist aufregend, vor anderen Menschen zu stehen und einen Text vorzutragen, zumal wenn es sich um das Wort Gottes handelt. Das Üben hat mich gestärkt und mich mir näher gebracht.“

Isabella: „Es war ein ganz wertvoller Tag, den ich erleben durfte. Der Abschluss in der Kapelle mit den schönen Texten, umrahmt von der Musik wird unvergesslich bleiben.“

Hans: "Die Begegnung mit Menschen, die sich auf ihre Art mit den gleichen Texten auseinandersetzen, hat mir gut getan und mir gezeigt, wie unglaublich spannend es sein kann, sich mit biblischen Texten zu beschäftigen und was diese Auseinandersetzung mit meinem Leben zu tun hat. Und, was ich nicht vermutet hatte, es ist eine Erfahrung im ganzen Körper."

Worte sind reife Granatäpfel,
sie fallen zur Erde - und öffnen sich.
Es wird alles Inn're - nach außen gekehrt,
die Frucht stellt ihr Geheimnis bloß
und zeigt ihren Samen –
ein neues Geheimnis.
Hilde Domin

Hinweis für weitere Angebote für Lektorinnen und Lektoren mit Renate Bauer:
"Mit Leib und Seele das Wort verkünden"