Papst Franziskus ist auf Instagram und Twitter, Kardinal Schönborn verbreitet Video-Botschaften via YouTube. Warum also setzt die Katholische Kirche weiterhin auf Papierzeitungen? Gedanken zum Sonntag der Kirchenzeitungen am 9. Oktober 2016.

Auf ein Wort - von Dietmar Steinmair

Gedruckte Zeitungen? Schnee von gestern. Kirchen? Kommen aus dem Mittelalter. Der Abgesang auf Printmedien ist ein kleiner Bruder des Abgesangs auf die Religionsgemeinschaften. Doch beide sind ziemlich lebendig. Dafür gibt es Gründe. Hier sind einige für Ihre Kirchenzeitung, das Vorarlberger KirchenBlatt.

Dietmar Steinmair

Zwischen Gott und mir: Papier, Papier
Die Tageszeitung am Frühstückstisch, die Kirchenzeitung auf dem Sofa, das Magazin für Strand und Schwimmbad. Eine gedruckte Zeitung kann man falten, rollen, einpacken, auspacken, hinwerfen - die „Hardware“ ist einfach und unempfindlich. Anders als mobile Endgeräte braucht eine Zeitung kein Ladegerät. Es ist wie beim Elektroauto: Solange das Problem der Energiequelle nicht gelöst ist, werden Autos - noch dazu immer sparsamer - mit Erdöl-Produkten fahren. Am Ende des Tages kann man eine Zeitung  getrost wegwerfen - sie ist restlos wiederverwertbar und nimmt als Recyclingpapier gleich wieder am Wertstoffkreislauf teil.

Überblick
Das Medienverhalten der Menschen verändert sich. Doch die Zeitungslektüre auf dem Sofa - ohne Scrollen, Netzsuche und Akkuprobleme - bleibt für viele Menschen eine gute, nein: die bessere Alternative: Aufschlagen. Auf zwei Seiten einen guten Überblick über ein Thema erhalten (weil sich ein Redakteur etwas dabei gedacht hat). Umblättern. Wieder zwei gut gestaltete Seiten. Die Werbeflächen dazwischen sehe ich, weil ich mich bewusst dazu entscheide. Nicht, weil sie mir wie im Internet entgegenblinken oder ich sie erst mal überhaupt wegklicken müsste.

Menschen aus Fleisch und Blut
Die Kirchen (wir) setzen auf Papierzeitungen, weil die Kirchen (wir) auf Menschen aus Fleisch und Blut setzen. Auf Frauen und Männer mit Geist und Herz, Sinn und Verstand. Weil wir mit ihnen rechnen und auf sie zählen, weil wir auf ihren Widerspruch warten und ihnen den Glauben vorschlagen. Mit den (Kirchen-)Zeitungen haben die Leser/innen nicht nur sprichwörtlich, sondern buchstäblich „etwas in der Hand“. Da steht etwas schwarz auf weiß. Das ist eine handfeste, stabile Beziehung. Das macht die Kirchen(-Zeitungen) auch (an-)greifbar und (an-)fassbar.

Was du schwarz auf weiß besitzt, kannst du getrost nach Hause tragen.
Im Zentrum christlicher Spiritualität und Religion - innerkirchlich ist damit die „Frohe Botschaft“, das Evangelium gemeint - steht nicht weniger als die Überzeugung, dass Gott Mensch geworden ist, dass der ganz Andere der ganz Unsere geworden ist. Gott und damit die Kirchen stellen sich den Menschen und der Welt. Und zwar in einer Art „physischer“ Präsenz gemäß Johannes, Kapitel 1, Vers 14: „Das Wort ist Fleisch geworden.“ Denn das Wort wurde kein 140-Zeichen-Tweet. Oder ein tausendfach „geliktes“ Posting.

Reichweite
Kirchenzeitungen produzieren hochwertigen Inhalt für ihre Adressaten - die Leser/innen, aber auch für ihre Eigentümer - die Diözesen. Kirchenzeitungen bieten Übersichten, Hintergründe, Einblicke, Orientierungen. Übrigens in einer Gesamtauflage von 180.000 Exemplaren. Die Kirchenzeitungen gehören damit zu den stärksten Wochenzeitungen Österreichs.

Die neuen Medien 
Kirchliche Kommunikation geht jedoch an den Menschen vorbei, wenn sie nicht die „Zeichen der Zeit“ erkennt - und richtig deutet. Darum investieren auch die Kirchen viel Geld und Zeit in neue Medienkanäle. Die innerbetriebliche Konkurrenz zwischen Internet- und Printredaktion belebt das Tagesgeschäft und treibt die Kreativität beider nach vorne.
Ist der Mehrwert der gedruckten Wochenzeitung der Überblick über die wichtigsten Themen der vergangenen, der aktuellen und der kommenden Woche, besteht der Mehrwert der Website in Schnelligkeit, Bildergalerien und der Möglichkeit zur Videoeinbindung.
Aktuell, das sind und bleiben beide Kanäle.

9 Kirchenzeitungen ...

Kirchenzeitungen Österreich

... gibt es in Österreich, für jede Diözese eine. Dazu kommen noch die slowenischsprachige Nedelja in Kärnten und die kroatischsprachige Glasnik im Burgenland. Gemeinsam erreichen die Kirchenzeitungen eine wöchentliche Druckauflage von 180.000 Exemplaren.

Das Vorarlberger KirchenBlatt ist Mitglied im Verband der Österreichischen Zeitungen (VÖZ) und wird durch die Österreichische Auflagenkontrolle (ÖAK) geprüft.

www.meinekirchenzeitung.at

Auf ein Wort

Dietmar Steinmair Dietmar Steinmair, Chefredakteur

Erntedank für gute Nachrichten

In vielen Pfarrgemeinden und Gottesdiensten in Vorarlberg wurde und wird in diesen Tagen Erntedank gefeiert. Der Herbst ist die Zeit des Dankes: Für den guten Sommer und für die gute Ernte. Die Äpfel etwa, gereift durch die Kraft der Sonne, sind nun erntebereit. Sie liefern guten Geschmack. Und Kraft.

Um Kraft fürs Leben und um eine gute Ernte - nämlich durch gute Nachrichten - geht es auch den Kirchenzeitungen in Österreich. Das Aufzeigen positiver Beispiele und Initiativen - gerade in schwierigeren Zeiten - ist uns wichtig, nicht die Skandalisierung oder das Heischen nach Aufmerksamkeit. Denn wir sind Teil der Kirche, die sich auf die Frohe Botschaft, auf das „eu-angelion“, somit auf die gute Nachricht beruft. In ihrem Dienst stehen wir.

Wir sind - wie (fast) alle Zeitungen - dem redlichen Journalismus verpflichtet, der Recherche, der ausgewogenen Berichterstattung, der Trennung von Bericht und Meinung. Wir verstehen uns nicht als Verlautbarungsorgane der Diözesanleitungen, sondern als Zeitungen der Diözesen. Als Informations- und Kommunikationsmedien sind wir weniger Kanzel als vielmehr Plattform und runder Tisch, an dem die verschiedenen Anliegen und Strömungen innerhalb der Kirche zusammenfinden.
Wir stehen - als Medium - tatsächlich in der Mitte. Als Redaktion wird man gelobt und gescholten. Mal von konservativer, mal von liberaler Seite. Dann wissen wir, dass wir richtig stehen.

Zusammen erreichen die Kirchenzeitungen in Österreich jede Woche fast eine halbe Million Leser/innen. Als Kaufzeitung lebt auch das KirchenBlatt von den Abonnentinnen und Abonnenten. Darum werben wir sehr um neue Leser/innen. Es ist nicht selbstverständlich, zusätzlich zum Kirchenbeitrag Geld für eine Kirchenzeitung auszugeben. Empfehlen Sie uns weiter, wenn Sie mögen. Die neue Herbstserie „Weltrezepte - Gerichte und Geschichten aus aller Welt“ (lesen Sie dazu das Interview mit Spitzenköchin Johanna Maier auf S. 8-9) bietet übrigens eine gute Gelegenheit dazu.

Ich danke allen, die - jede Woche und zuverlässig - an Entstehung, Produktion und Vertrieb des KirchenBlatts beteiligt sind. Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wünsche ich angenehme Lektüre. Auf bald!

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(aus dem KirchenBlatt Nr. 40 vom 6. Oktober 2016)