Die Kaplan Bonetti Arbeitsprojekte feiern ihren 25. Geburtstag. In den vergangenen Jahren haben sie sich den Veränderungen der Zeit mutig gestellt und sich ständig weiterentwickelt. Heute gehen sie ihren eigenen Weg und leisten wertvolle Vernetzungsarbeit: Einheimische Betriebe auf der einen Seite, Langzeitarbeitslose auf der anderen. Für alle Seiten ein Gewinn.

Patricia Begle

Wer seine Arbeit verliert, steht vor einer großen Leere: Keine Arbeitskolleg/innen, keine Tagesstruktur, keine Aufgabe, keine Anerkennung, kein finanzieller Spielraum. Es braucht ein gutes soziales Netz und innere Stärke, um in dieser Situation nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Das hat nicht jede/r.

Wiedereingliederung 
Je länger Menschen arbeitslos sind, umso schwieriger gestaltet sich oft der Wiedereinstieg. Genau hier unterstützen die Kaplan Bonetti Arbeitsprojekte, die aus Geldern des AMS und des Landes Vorarlberg finanziert werden. Die Anzahl der Beschäftigten sowie die Dauer der Dienstverhältnisse sind vorgegeben, die Verantwortlichen stehen also vor der Herausforderung, sich in diesem Rahmen zu bewegen und das Bestmögliche daraus zu machen.

Kaplan-Bonetti-ArbeitsprojekteDas ist aber nicht die einzige Herausforderung, weiß Helmut Johler (Bild links), der seit 16 Jahren die Leitung der Arbeitsprojekte innehat. Zur Hälfte muss sich die Einrichtung nämlich selbst finanzieren.

Aufträge heimischer Betriebe
Konkret heißt das, dass mit anderen Firmen kooperiert wird. Allerdings so, dass „durch die Arbeiten, die wir hier ausführen, keine Arbeitsplätze verloren gehen“, erklärt Johler.  Heimische Groß- und Mittelbetriebe vergeben Aufträge, für die sie selber keine Kapazität haben, sei es weil die Stückzahl zu gering ist oder die Arbeit nicht in den Arbeitsprozess hineinpasst. Zum Glück gibt es in Vorarlberg viele Betriebe, die sozial eingestellt sind, weiß Johler. Sowohl was die Arbeitsaufträge betrifft als auch die Einstellung von Arbeitskräften - oft stößt Johler auf offene Ohren.
So werden hier jährlich 80.000 Paletten für die Firma Meusburger hergestellt, Elektrokabel für Zumtobel Leuchten zusammengelötet und für Hirschmann Automotive Steckverbindungen kontrolliert, die später dafür sorgen, dass die Elektronik von Autos funktioniert. Immer geht es um präzise und termingerechte Durchführung. Fehler haben in der Produktion keinen Platz. „Die Betriebe sehen uns als Partner“, erläutert Johler. „Wir sind kein Beschäftigungsprojekt, sondern ein Arbeitsprojekt.“

Hohe Flexibilität
Diesem Anspruch gerecht zu werden, ist unter den gegebenen Bedingungen keine leichte Aufgabe. Die Arbeitnehmer/innen sind oft wenig qualifiziert und müssen sich als Langzeitarbeitslose erst wieder an den Arbeitsprozess gewöhnen. Durch den ständigen Wechsel müssen die Anleiter/innen laufend neue Mitarbeiter/innen in die Tätigkeiten einschulen. Langjährige Mitarbeiter/innen gibt es hier nicht, denn die Arbeitsprojekte sind nur Übergang in den ersten Arbeitsmarkt. „Wir müssen die Besten immer loslassen“, erzählt Johler.

Beratung und Begleitung
Unterstützt werden Anleiter/innen und Arbeiter/innen auch durch die Personalabteilung und die Sozialarbeiter/innen. Zu Beginn wird abgeklärt, welche Kompetenzen bzw. Handicaps die Arbeitssuchenden mitbringen und wo sie eingesetzt werden können. Beraten wird in rechtlichen, gesundheitlichen und finanziellen Angelegenheiten oder wenn es um Weiterbildung und Jobsuche geht. Diese Hilfestellung wird von den Mitarbeiter/innen sehr geschätzt. „Hier geht man auf die Leute ein“, erzählt Ulrike Mäser, die seit Ende März in der Produktion arbeitet. „Hier ist man nicht nur eine Nummer, sondern ein Mensch.“

Dankbarkeit
Vor zwei Jahren stürzte die gebürtige Tirolerin aufgrund dreier Todesfälle innerhalb von drei Monaten in eine Krise und nach der Kündigung in eine Depression. Als ihr die AMS-Mitarbeiterin schließlich eine Anstellung bei den Kaplan Bonetti Arbeitsprojekten vermittelte, war ihr erster Gedanke: „So weit hast du es gebracht, jetzt hockst du beim Bonetti.“ Die Vorstellung, die Mäser von der Einrichtung hatte, entsprach vielleicht dem Ruf der Einrichtung, aber nicht der Wirklichkeit. Heute ist sie dankbar, dass sie hier ist. Sie bekommt Anerkennung und erlebt, dass sie etwas wert ist. „Ich habe in mein Leben zurückgefunden“, erzählt sie mit ihrem charmanten Tiroler Akzent und schaut ihrer nächsten Jobsuche zuversichtlich entgegen.

Zur Sache

1991: Gründung des Vereins „Arbeitsprojekt Haus der jungen Arbeiter“.
2009: Die Wohn- und Arbeitsprojekte werden in der Kaplan Bonetti gemeinnützigen GmbH zusammengeführt. Im selben Jahr kommt die Beratungsstelle hinzu.
2013: Inbetriebnahme des neuen Büro- und Produktionsgebäudes in der Schlachthausstraße.

Mitarbeiter/innen

Elf Schlüsselkräfte (Anleiter/innen) und 70 Arbeiter/innen stehen in einem Arbeitsverhältnis (Kollektivvertrag). Die Mitarbeiter/innen werden vom AMS sowie vom Wohnprojekt und der Beratungsstelle zugewiesen. 2015 fanden 358 Frauen und Männer eine Anstellung, deren Dauer bei AMS-Vermittelten zwischen zwei Monaten und einem Jahr, bei Menschen aus dem Wohnprojekt der Dauer des Aufenthaltes im Wohnheim entspricht.

Angebote

Industrielle Lohnarbeiten: Zusammenbau, Komplettierungen oder Bestückungen, Maßbohrungen, Schleifen, Verpackungs-, Aussortier- und Steckarbeiten
Holzarbeiten (Tischlerei): Einfache Holzprodukte wie Kisten, Regale, Fußschemel, Futter- und Nistkästen, Maßpaletten, etc.
Altmetall-Recycling: Trennung von Kabeln und metallhaltigen Maschinen oder Geräten
Außendienstleistungen: ­Hausmeisterdienste, Gartenarbeiten, Landschaftspflege, Umzüge, Kleintransporte oder Entrümpelungen
Objektreinigung: Reinigung von Büros, Stiegenhäusern oder Allgemeinflächen
Wäscherei: Waschen und Bügeln von Tischwäsche, Bettwäsche oder Arbeitskleidung

(aus dem KirchenBlatt Nr. 48 vom 1. Dezember 2016)