Erinner dich doch! Das sagt sich so leicht. Schwerer wird es allerdings, wenn das zu Erinnernde keine Postkartenidylle zeigt. Gerade dann aber ist das Gedenken umso wichtiger. Die Landesgedächtniskapelle an der Basilika Rankweil nimmt sich in dieser Hinsicht in die Pflicht - und erinnert.

Veronika Fehle

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“, niedergeschrieben wurde dieser hehre Satz am 10. Dezember 1948 in Paris, unterzeichnet von der Vollversammlung der Vereinten Nationen. Er ist Teil der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Lange zuvor, ganz genau gesagt im 1. Buch Moses, ist nachzulesen, dass Gott den Menschen als sein Ebenbild geschaffen hat. Kaum aber ist das vollbracht, beginnen auch die Konflikte. Kain erschlägt Abel, ein Mensch einen anderen Menschen.

Die Geschichte der Menschheit ist durchzogen mit Gewalt
Es ist nicht schön, auf diese Vergangenheit zurückzublicken. Es ist nicht immer leicht, sich zu erinnern. Die Landesgedächtniskapelle, die sich im Fundament der Basilika Rankweil befindet, versucht es trotzdem. Ein Jahr lang wurde umgebaut und renoviert. Nun sind die Kapelle und die benachbarte Fridolinszelle fertig und werden am kommenden Sonntag eröffnet.

Bereits seit 1957 beherbergte die Basilika eine Gedächtniskapelle - damals beschränkte sich das dortige Gedenken auf die gefallenen und vermissten Soldaten der beiden Weltkriege. Das war damals verständlich und reicht für heute nicht mehr aus. Im Gegenteil, ist es doch gerade das Ziel der Landesgedächtniskapelle, Glorifizierungsversuchen eine Absage zu erteilen. „Durch die Neugestaltung nach den Plänen von Andreas Cukrowicz und seinen Mitarbeitern vom Architektenbüro Cukrowicz-Nachbaur sowie durch einen Beitrag des international bekannten Künstlers Matt Mullican (USA) ist uns – so sind wir überzeugt – ein zeitgemäßes Gesamtkunstwerk gelungen, das die Dramatik des Menschen zeigt, dessen Würde nicht verhandelbar ist und dennoch mit Füßen getreten wird. Wir gedenken auch besonders an die Opfer der Euthanasie und der Gewalt in den Konzentrations- und Straflagern“, weitet Wallfahrtseelsorger Dr. Walter Juen den Begriff des Gedenkens, wie er nun neu Gestalt annimmt.

Ergänzende Unterschiedlichkeit
Durchsetzt mit Zeichen des Schmerzes und der Hoffnung bilden Gedächtniskapelle und Fridolinszelle mit der Basilika ein Gesamtensemble, das sich gerade in seiner Unterschiedlichkeit ergänzt. Erinnert das Schwarz der Fridolinszelle an die nächtens gesprochenen Gebete, so wird die Gedächtniskapelle von Zeichen der Trauer, der Hoffnung, des Lebens und des Erinnerns bestimmt. Ein Lichtstrahl dringt durch die Mauerschächte in den Innenraum und erinnert an das fahle Licht, das durch so viele Kerkerfenster fiel. Es ist aber auch das Licht, das auf die Erinnerung fällt und ein ungeschöntes Gedenken ermöglicht. Dem gegenüber steht das Wasser, das die vielen Tränen der Verfolgten und der Hinterbliebenen fasst und gleichzeitig sind Wasser und Licht doch auch Zeichen des Lebens, das sich gegen allen Schmerz auflehnt.

Die Landesgedächtniskapelle verherrlicht nicht und glorifiziert nicht. Sie ist die Kehrtwende allen Heldentums. Sie ist ein Ort, an dem sich die Erinnerung an menschliches Leid jenseits aller Zeiten, an die Hoffnung auf die Zukunft bindet.

Eröffnung der Landesgedächtniskapelle und der Fridolinszelle an der Basilika Rankweil.
So 25. März, 11 Uhr.   www.basilika-rankweil.at