Teil 6 (von 8) der Serie "Bausteine des Glaubens von Mag. Erhard Lesacher: Die Dreifaltigkeit.

Bild rechts: Vater, Sohn und Geist – drei „Personen“, eingehüllt in einem göttlichen Mantel oder wachsend aus einer gemeinsamen Wurzel.

LesacherMag. Erhard Lesacher
geboren 1962 in Spittal a. d. Drau,
Studium der Theologie in Wien, Assistent am Institut für Dogmatik,
seit 2001 Leiter der „Theologischen Kurse“.

 

Der „dreieinige“ Gott – eine leere Formel oder ein unverzichtbarer und lebendig-machender Teil unseres Glaubens?

Die Dreieinigkeit Gottes ist uns einerseits vertraut: Wie selbstverständlich sagen wir beim Kreuzzeichen „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ und bekennen damit die Trinität. Andererseits fällt es uns schwer, dieses Glaubensgeheimnis in Worte zu fassen. Für manche wird die Trinität deshalb zu einer leeren Formel, die mit ihrem Glauben und Leben nichts zu tun hat.

Unverzichtbar – warum?
(Nicht nur) für den evangelischen Theologen Eberhard Jüngel geht es beim Glauben an die Dreieinigkeit Gottes um etwas absolut Zentrales: „Die Trinitätslehre ist der unerlässlich schwierige Ausdruck der einfachen Wahrheit, dass Gott lebt, … weil Gott als Liebe lebt. Dass Gott als Liebe lebendig ist, ist das Geheimnis seines Seins, das sich in Leben, Tod und Auferstehung Jesu Christi offenbart hat.“
Trinität ist keine Frage von eins oder drei. Gott ist ganz und gar jenseits der Zahl. „Ein Gott“ meint seine Einzigkeit und Einzigartigkeit – „drei“ die Lebendigkeit, Beziehungsmächtigkeit Gottes. Die – durchaus missverständliche – Formel „Ein Gott in drei Personen“ hält zunächst nur fest, dass Liebe, Gemeinschaft und Kommunikation das innerste Sein Gottes ausmachen.

Lebendigkeit – Kommunikation
Treffend hat dies Ruth Pfau, Ordensfrau und Lepraärztin in Pakistan, im Dialog mit einem Sufi-Muslim formuliert: „Wenn … Gott nicht nur Liebe hat, sondern Liebe ist, und wenn Liebe notwendig nicht selbstbezogen, sondern dialogisch ist, dann muss es in Gott selber Dialog geben. Das ist es, was wir stammelnd als Trinitätslehre auszudrücken versuchen.“

Kein Schreibtischglaube
Der Glaube an die Dreifaltigkeit ist nicht am Schreibtisch kluger Theologen entstanden, ist also nicht einfach Ergebnis theologischer Spekulation. Es waren vielmehr die tiefe Erfahrung der Nähe Gottes in Jesus, die die frühen Christen zu diesem Bekenntnis „nötigte“: Gott hat sich in Jesus selbst geschenkt, so dass von Gott nicht mehr ohne seinen Sohn gesprochen werden kann. Dazu kam die überwältigende Erfahrung der bleibenden Nähe Gottes im Heiligen Geist, die die junge Kirche „nötigte“, von Gott auch nicht mehr ohne den Geist zu sprechen. Durch den Sohn im Heiligen Geist haben wir Zugang zum Vater. (vgl. Eph 2,18)

Die „beiden Hände Gottes“
Der Kirchenvater Irenäus von Lyon (+ 202) spricht vom Sohn und dem Heiligen Geist als den „beiden Händen Gottes“, durch die Gott an der Welt handelt und sich offenbart. Hilfreich ist auch das Bild der – für uns ganz und gar unzugänglichen – Sonne, die uns aber durch ihr Licht und die Kraft ihrer Wärme nahe kommt. Durch Licht und Wärme erfahren wir die Sonne selbst. Im Sohn und im Heiligen Geist hat sich Gott selbst als Liebe gezeigt. Deshalb dürfen wir glauben, dass Gott die Liebe ist.

Wahres Person-Sein
Alle Bilder, die das ewige Sein des dreieinen Gottes aussagen wollen, wie „Vater“, „Sohn“, „Geist“, „Person“ usw. sind treffend, gleichzeitig aber auch völlig unbrauchbar. Der herkömmliche Personbegriff (der einzelne, selbständige, unabhängige Mensch) ist irreführend und führt zu einer Drei-Gott-Lehre. Person-Sein muss von Jesus (Wer sein Leben verliert, wird es gewinnen) und vom Heiligen Geist her verstanden werden: Für den Heiligen Geist ist es – wie für die Liebe – charakteristisch, dass er nicht bei sich bleibt, sondern aus sich herausgeht, sich verströmt, im anderen ist. Wahres Personsein ist Selbst-Sein im Sich-Überschreiten. Das göttliche Personsein ist ganz und gar als „In-Beziehung-Sein“ zu verstehen. Gott ereignet sich in Beziehung. Gott ist ewiges Ereignis der Liebe, das sich für uns geöffnet hat und in das wir eingeladen sind. 

IMPULSE

Gott ist Communio (Gemeinschaft) und deshalb müssen auch wir Communio werden!
ein Indio aus Peru

Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm.
1. Johannesbrief 4,16

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes des Vaters und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch.
Liturgischer Gruß

Gott ist die Liebe:
die alles umfasst – der Vater;
die uns selbst begegnet – der Sohn; die in und durch uns
wirken will – Heiliger Geist.
Nach Hans Kessler