Wohnraum ist in Vorarlberg Mangelware, besonders wenn er leistbar sein soll. Mit einem Sonderwohnbauprogramm schafft das Land nun weitere günstige Wohnungen - und Pfarren schaffen mit.

Patricia Begle

Rund 6.500 Wohnungssuchenden stehen in Vorarlberg geschätzte 10.000 Wohnungen gegenüber, die leer stehen. Eine einfache Rechnung, denkt sich da wohl so mancher - die einen haben, was die anderen brauchen. Dass diese Logik in der Wirklichkeit anders aussieht, wissen wir. Die politisch Verantwortlichen suchen nach Lösungen: Vermieten attraktiver machen, das ist die eine. Neubau die andere.
Für anerkannte Flüchtlinge zeigt sich die Situation noch um einiges schwieriger. Hier scheitert das Finden einer Wohnung vielfach an der fehlenden Bereitschaft der Vermietenden. Die 300 Wohneinheiten, die nach derzeitigem Stand im kommenden Jahr für Bleibeberechtigte gefunden werden müssen, sind eine echte Herausforderung.

Bleibeberechtigte mitdenken
Das Architektentrio Postner-Duelli-Kaufmann zeigt mit seinem Wohnbau-Modell einen Lösungsansatz auf, der Flüchtlinge mit in den Blick nimmt. „Für beide bauen“ - für Einheimische und Flüchtlinge - war von Anfang an ihr Credo. Damit wird das Konzept nicht nur sozialpolitisch tragfähig, sondern schafft auch die Voraussetzung für einen guten Integrationsprozess. Das Land Vorarlberg hat diesen Grundsatz in das Sonderwohnbauprogramm aufgenommen, das 2016 beschlossen wurde. In dessen Rahmen wurden die geplanten 500 gemeinnützigen Wohnungen um 150 erweitert. Sie werden zu zwei Drittel an Einheimische und zu einem Drittel an Bleibeberechtigte vergeben.

Bauen nach Maß und Bedarf
An fünf Standorten wird im Rahmen dieses Pilotprojektes gebaut, an drei Orten unter der Leitung des Architektentrios Postner-Duelli-Kaufmann: Meiningen, Rankweil und Götzis. Während in den ersten beiden Gemeinden auf Pfarrgründen gebaut wird, stellt in Götzis die Diözese Feldkirch einen Grund zur Verfügung.
Das Herausfordernde an diesen Baugründen sind deren unterschiedliche Zuschnitte. „Jedes Grundstück hat besondere Bedingungen“, erklärt Andreas Postner, „man muss Maßanfertigungen machen.“ So wurden aus den ursprünglichen Modulen weitere entwickelt. „Für sehr viele Situationen gibt es jetzt Typologien, die wir anpassen können, wir können auf eine große Vielfalt zurückgreifen“, erläutert Konrad Duelli die architektonischen Möglichkeiten im Blick auf weitere Projekte. Geachtet wird überall auch auf genügend Grünfläche, die Raum für Spielplätze und Gemeinschaftsgärten gibt. Engagiert für die Holzmischbauten werden einheimische Betriebe, die regionale Wertschöpfung ist hoch.

Gute Rahmenbedingungen
Bauträger der drei Projekte ist die Wohnbauselbsthilfe, eine der drei gemeinnützigen Bauträger in Vorarlberg. Den rechtlichen Rahmen bildet der Baurechtsvertrag. Er regelt unter anderem die Instandhaltung der Gebäude, sodass für die Grundstücksbesitzer kein Aufwand und keine Kosten entstehen. Nach fünfzig Jahren geht das Gebäude dann über in den Besitz des Grundstückseigentümers.

INTERVIEW

Das Wohnprojekt in Meiningen

Pfr. Antony PayyapillyHerr Pfarrer Payyapilly, wenn Sie auf den bisherigen Prozess zurückschauen - was verlief gut?
Sehr hilfreich für uns ist, dass Gemeinde, Land und Diözese hinter dem Projekt stehen und uns unterstützen. Auch mit dem Bauträger, der Wohnbauselbsthilfe, haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht, sie sind auf unsere Wünsche eingegangen.

Was würden Sie anders machen?
Die Kommunikation nach außen - sie verlief anfangs nicht glücklich und es mussten Misstrauen und Widerstände aufgefangen werden.

Was ist der Gewinn für die Pfarre?
Wir machen etwas für junge Familien, wir geben Bleibeberechtigten die Chance zur Integration und wir haben eine Einnahmequelle, die unsere kleine Pfarre gut brauchen kann.

In Indien aufgewachsen, standen Sie selbst vor der Herausforderung, in einer anderen Kultur heimisch zu werden. Was war dabei hilfreich?
Als Priester hatte ich viel Kontakt mit Menschen und habe die Vorarlberger als sehr großzügig und geduldig erlebt, voller Verständnis - wenn ich etwa keinen Käse mochte oder es mir zu kalt war. Sie waren nicht zwanghaft, sondern herzlich. Die Sprache ist natürlich ungemein wichtig, sonst kann ich meine innere Welt niemandem mitteilen.

(aus dem KirchenBlatt Nr. 2 vom 12. Jänner 2017)