Das vierte Modul des ksoe-Lehrganges „Soziale Verantwortung“ trug den Titel „Alternative Ökonomien und solidarisches Wirtschaften“.

Wolfgang Ölz

Für jemanden, der mit gewinnorientierter, ökologischer, bewusst sozialer Wirtschaft nicht direkt befasst ist, bietet ein Büchlein von Christian Felber, das er „mit maximaler Authentizität“ geschrieben hat, einen möglichen Einstieg. Unter dem Motto „Die innere Stimme“ stellt er sich der Frage, „Wie Spiritualität, Freiheit und Gemeinwohl zusammenhängen“.
Felber, Gründer von Attac, Menschenrechtsaktivist und Tänzer, betont: „Wer spirituell frei und couragiert ist, wird auf ganz natürliche Weise zum ‚zoon politikon‘ (Platon), zum ‚Sauerstoff der Demokratie‘ (Günther Wallraff), zum/zur politisch wachen, engagierten und mitverantwortlichen Staatsbürger/in“.

Haushalt als Ökonomie

Die landläufige Ökonomie, die gewinnorientiert Märkte bearbeitet, ist nur ein Teil der tatsächlichen Ökonomie, die die feministische Wirtschaftswissenschaftlerin Luise Gubnitzer in fünf Sektoren einteilt. Neben dem „For profit“-Sektor, gibt es genauso einen „Non profit“-Sektor, einen öffentlichen sowie und einen kriminellen Sektor. Und vor allem gibt es auch einen Sektor, der die privaten Haushalte umfasst. Im Ursinn des Wortes bedeutet „Oikos“ griechisch „Haus“. Die Stärke dieses Modells ist es, zu zeigen, dass die unbezahlte und patriarchal entwertete „Hausarbeit“ einen wesentlichen Teil der Wirtschaft ausmacht.

Die Referentin und Professorin für „heterodoxe Ökonomien“ an der Wirtschaftsuniversität in Wien, Andrea Grisold, schlug ein interessantes Experiment vor: Sechs Teilnehmer/innen des Lehrgangs stellten sechs verschiedene Autoritäten der Wirtschaftsgeschichte seit ca. 1800 dar. Vor dem Hintergrund der jeweiligen Theorie - von neoliberal bis orthodox-marxistisch - wurden die Gesellschafts- und Menschenbilder diskutiert. Karl Marx etwa versuchte, sich geschickt von seiner eigenen Lehre zu distanzieren („Ich bin kein Marxist“) und sich so - trotz Imageproblem - salonfähig zu machen.

Talente gefragt

Spannend war auch die Zusammenschau der Wirtschaftskrise von 2008 aus Sicht der Herkunftsländer der Teilnehmer/innen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen in Österreich, Deutschland, Tschechien, Slowakei, Ungarn und Bolivien konnten ein umfassenderes Bild des Crashs bieten. Auch der Vorarlberger Umgang mit dieser Krise war ein Thema: Nach Gernot Jochum galten die Initiatoren der Talentetauschkreise 2007 noch als Verrückte, während 2009 jeder begann, über diese Fragen zu diskutieren, und der Umsatz des Talentetauschkreises um ein Drittel anstieg.

Markus Blümel, Mitarbeiter der ksoe, referierte über „Solidarisches Wirtschaften“, das mit dem Postulat eines guten Lebens für alle statt Profitmaximierung arbeitet. Leih- und Kostnixläden, Repair-Cafés, Regionalwährungen wie etwa der Langenegger Dorftaler sind nur einige von vielen Initiativen. Im Bereich „Solidarische Landwirtschaft“ gibt es in Österreich mittlerweile ca. 30 Betriebe. Die sogenannten Ernteteiler finanzieren die Arbeit auf dem Hof und erhalten im Gegenzug ihren Anteil an der Ernte.

Eine große Offenheit

Dieser Lehrgang ermöglicht es auch Menschen mit weniger Vorwissen einen gangbaren Weg ins soziale Engagement zu gehen. Die unterschiedlichen Lerngeschwindigkeiten werden registriert und akzeptiert. Selbst die vorhandene Sprachbarriere wird immer wieder überwunden. Jeder und jede ist frei zu wählen und zu entscheiden, in welchem Bereich er sich sozial einsetzen kann und darf.

Der Autor besucht zurzeit den Lehrgang „Soziale Verantwortung - Gestaltungskompetenzen für den gesellschaftlichen Wandel“ der Katholischen Sozialakademie Österreichs (ksoe).

(aus dem KirchenBlatt Nr. 19 vom 11. Mai 2017)