23. Sonnntag im Jahreskreis - Lesejahr B, 9. September 2012. Wort zum Sonntag von Michaela Druckenthaner

„Effata! Öffne dich!“, spricht Jesus zu dem Taubstummen, den man zu ihm gebracht hatte, und er berührt ihn. Bei einer Taufe ist mit dem Effata-Ritus der Wunsch verbunden, offen zu werden für Gott. Manchmal wird dieser Ritus erweitert: Du sollst Gott hören, riechen, schmecken, fühlen können. „Öffne dich!“ für die Wahrnehmungen deiner Sinne, für die Lebenswelten anderer Menschen, für das Wort Gottes – so kannst du Gott erfahren!

Evangelium
Markus  7, 31–37

Jesus verließ das Gebiet von Tyrus wieder und kam über Sidon an den See von Galiläa, mitten in das Gebiet der Dekapolis. Da brachte man einen Taubstummen zu Jesus und bat ihn, er möge ihn berühren. Er nahm ihn beiseite, von der Menge weg, legte ihm die Finger in die Ohren und berührte dann die Zunge des Mannes mit Speichel; danach blickte er zum Himmel auf, seufzte und sagte zu dem Taubstummen: Effata! das heißt: Öffne dich! Sogleich öffneten sich seine Ohren, seine Zunge wurde von ihrer Fessel befreit, und er konnte richtig reden. Jesus verbot ihnen, jemand davon zu erzählen. Doch je mehr er es ihnen verbot, desto mehr machten sie es bekannt. Außer sich vor Staunen sagten sie: Er hat alles gut gemacht; er macht, dass die Tauben hören und die Stummen sprechen.

1. Lesung
Jesaja  35, 4–7a

Sagt den Verzagten: Habt Mut, fürchtet euch nicht! Seht, hier ist euer Gott! Die Rache Gottes wird kommen und seine Vergeltung; er selbst wird kommen und euch erretten. Dann werden die Augen der Blinden geöffnet, auch die Ohren der Tauben sind wieder offen. Dann springt der Lahme wie ein Hirsch, die Zunge des Stummen jauchzt auf. In der Wüste brechen Quellen hervor, Bäche fließen in der Steppe. Der glühende Sand wird zum Teich und das durstige Land zu sprudelnden Quellen.

2. Lesung
Jakobus  2, 1–5

Haltet den Glauben an unseren Herrn Jesus Christus, den Herrn der Herrlichkeit, frei von jedem Ansehen der Person. Wenn in eure Versammlung ein Mann mit goldenen Ringen und prächtiger Kleidung kommt, und zugleich kommt ein Armer in schmutziger Kleidung, und ihr blickt auf den Mann in der prächtigen Kleidung und sagt: Setz dich hier auf den guten Platz!, und zu dem Armen sagt ihr: Du kannst dort stehen!, oder: Setz dich zu meinen Füßen! – macht ihr dann nicht untereinander Unterschiede und fällt Urteile aufgrund verwerflicher Überlegungen? Hört, meine Geliebten: Hat Gott nicht die Armen in der Welt auserwählt, um sie durch den Glauben reich und zu Erben des Königreiches zu machen, das er denen verheißen hat, die ihn lieben?

Wort zum Sonntag

Michaela DruckenthanerMichaela Druckenthaner
ist 36 Jahre,
frisch verheiratet,
Theologin und Geistliche Assistentin,
Referentin für Kinderpastoral der Kath. Jungschar Linz.
Die Autorin erreichen Sie unter
sonntag@kirchenzeitung.at

 

Öffne dich!

Eine gehörlose Frau zeigte mir ihre Wohnung: Die Türglocke ein Leuchtsignal, ebenso der Wecker, sogar ein Telefon gibt es – via SMS geht auch das. Maria geht einer Arbeit nach, die ihr Freude macht und lebt ein „normales“ Leben. Das mit den Männern sei ein wenig schwierig, aber das ist keine Besonderheit der Gehörlosen-Welt, fügt die Dolmetscherin mit einem verschmitzten Lächeln hinzu.

Gebärdensprache ist von Land zu Land unterschiedlich, es gibt sogar Dialekte. Sprache bildet Welt und Weltbild, so entwickelt sich durch die Gebärdensprache auch eine eigene Kultur. Ähnlich wie wenn ich selbst eine andere Sprache spreche, denke, lebe – wie zum Beispiel Englisch – das ist auch ein Eintauchen in eine andere Kultur, in eine andere Welt.

„Habt Mut, fürchtet euch nicht!“, sagt Jesaja auch zu uns (siehe 1. Lesung), wenn wir neue Welten entdecken, zum Beispiel die Welt gehörloser Menschen. Jesaja kündigt an, dass da jemand kommen wird, der Barrieren aufhebt, Schranken löst. Er gibt Hoffnung auf ein heiles Leben ohne Nöte.

Jesus ist der besondere Mensch, der diese Hoffnung erfüllt: Er heilt und befreit und öffnet eine neue Welt, einen neuen Himmel. Er stellt uns seinen Gott vor, den er Vater nennt – einen Gott der herzlichen Beziehung.

Bei Maria am Küchentisch: Der Gebärdensprache nicht mächtig bin ich sprachlos, hilflos. Sie liest das „Danke für den Kaffee!“ von meinen Lippen und lächelt.

Zum Weiterdenken
Jesus sagt: „Öffne dich!“ Mit diesen Worten und dem heiligen Öl sind wir bei der Taufe an Ohren und Mund berührt worden. Damit verbunden ist der Wunsch offen zu sein für das Wort Gottes und es zu verkünden.
Manchmal wird dieser Ritus erweitert: Du sollst Gott hören, riechen, schmecken und fühlen können. Wenn ein Sinn ausfällt, wird manchmal ein anderer besonders sensibel.
Jesus sagt: „Öffne dich!“ Für die Wahrnehmungen deiner Sinne, für die Lebenswelt anderer Menschen, für das Wort Gottes – so kannst Du Ihn erfahren!