2. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr A, 19. Jänner 2014. Wort zum Sonntag von Bruno Niederbacher.

„Seht, das Lamm Gottes“, sagt Johannes der Täufer und zeigt auf Jesus. Was könnte das bedeuten? Das Johannesevangelium enthält keine Kindheitsgeschichte Jesu. Was aber andere Evangelien im Bild vom Kind sagen, drückt Johannes vielleicht im Bild vom Lamm aus – nämlich, wie Gott uns entgegenkommt: sanft, unaufdringlich, verletzlich. Und so ist auch sein Wort. Es entfaltet seine Kraft, wenn ihm in Liebe und Behutsamkeit begegnet wird. 

Evangelium
Johannes  1,29–34

Am Tag darauf sah er (Johannes der Täufer) Jesus auf sich zukommen und sagte: Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt. Er ist es, von dem ich gesagt habe: Nach mir kommt ein Mann, der mir voraus ist, weil er vor mir war. Auch ich kannte ihn nicht; aber ich bin gekommen und taufe mit Wasser, um Israel mit ihm bekannt zu machen. Und Johannes bezeugte: Ich sah, dass der Geist vom Himmel herabkam wie eine Taube und auf ihm blieb. Auch ich kannte ihn nicht; aber er, der mich gesandt hat, mit Wasser zu taufen, er hat mir gesagt: Auf wen du den Geist herabkommen siehst und auf wem er bleibt, der ist es, der mit dem Heiligen Geist tauft. Das habe ich gesehen, und ich bezeuge: Er ist der Sohn Gottes.

1. Lesung
Jesaja  49,3. 5–6

Er sagte zu mir: Du bist mein Knecht, Israel, an dem ich meine Herrlichkeit zeigen will. [...] Jetzt aber hat der Herr gesprochen, der mich schon im Mutterleib zu seinem Knecht gemacht hat, damit ich Jakob zu ihm heimführe und Israel bei ihm versammle.
So wurde ich in den Augen des Herrn geehrt, und mein Gott war meine Stärke. Und er sagte: Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, nur um die Stämme Jakobs wieder aufzurichten und die Verschonten Israels heimzuführen. Ich mache dich zum Licht für die Völker, damit mein Heil bis an das Ende der Erde reicht.

2. Lesung
1 Korinther  1,1–3

Paulus, durch Gottes Willen berufener Apostel Christi Jesu, und der Bruder Sosthenes an die Kirche Gottes, die in Korinth ist, an die Geheiligten in Christus Jesus, berufen als Heilige mit allen, die den Namen Jesu Christi, unseres Herrn, überall anrufen, bei ihnen und bei uns. Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. 

Wort zum Sonntag

Bruno NiederbacherP. Dr. Bruno Niederbacher SJ
ist Jesuit und Philosoph
an der Universität Innsbruck.
Den Autor erreichen Sie unter
sonntag@kirchenzeitung.at

Das Lamm und der Schwamm

Im Alltag reden wir oft in Metaphern. Wir sagen etwa: „Der Anton ist ein Fuchs“. Das bedeutet natürlich nicht, dass er ein rotes Fell, spitze Ohren oder einen buschigen Schwanz hat, sondern dass er hinterlistig ist und man sich vor ihm in Acht nehmen sollte. Und wenn jemand sagt „Die Berta ist eine Schnecke“, so könnte dies, je nach Umständen, Verschiedenes bedeuten, z. B. dass sie langsam ist oder schüchtern oder sehr anhänglich.
Johannes zeigt auf Jesus und sagt: „Seht, das Lamm Gottes“. Was könnte das bedeuten? Lämmer sind klein und süß. Man muss sie einfach lieb haben. Sie sind sanft, zart und verletzbar. Sie erfordern behutsamen Umgang.

Das Johannesevangelium enthält keine Kindheitsgeschichte Jesu. Was aber andere Evangelien (Matthäus und Lukas) im Bild vom Kind sagen, drückt Johannes vielleicht im Bild vom Lamm aus; nämlich, wie Gott uns entgegenkommt: sanft, unaufdringlich, verletzlich. Und so ist auch sein Wort. Es entfaltet seine Kraft, wenn wir in Liebe und Behutsamkeit mit ihm umgehen.

Unser Ordensgründer, Ignatius von Loyola, verwendet einmal das Bild vom Schwamm. Menschen, die auf einem guten Weg sind, so schreibt er, berührt Gott „mild, leicht und sanft wie ein Wassertropfen, der in einen Schwamm eintritt“. Und bei der Betrachtung der Geburt Jesu ruft Ignatius dazu auf, die unendliche Sanftheit und Süße der Gottheit zu schmecken. Unendlich sanft: So kommt Gott uns in der Regel entgegen. Ich muss keine Angst vor ihm haben, ich muss mich nicht vor ihm verstellen und verstecken. Ich bitte um die Gnade, dass ich mein Herz öffnen kann, sodass in jeden Winkel dieses armen Herzens das ganze unendliche Leben des dreifaltigen Gottes einziehen möge.

Zum Weiterdenken
Ich nehme mir etwas Zeit und lasse das Wort vom Lamm Gottes auf mich wirken, in mich einsickern, nehme es auf wie ein Schwamm Wasser aufnimmt. Was löst es in mir aus? 

Ich hoffte, ja ich hoffte auf den Herrn.
Da neigte er sich mir zu und hörte mein Schreien.
[...] Er legte mir ein neues Lied in den Mund,
einen Lobgesang auf ihn, unsern Gott.
[...] An Schlacht- und Speiseopfern hast du kein Gefallen,
Brand- und Sündopfer forderst du nicht.
Doch das Gehör hast du mir eingepflanzt;
darum sage ich: Ja, ich komme.
In dieser Schriftrolle steht, was an mir geschehen ist.
Deinen Willen zu tun, mein Gott, macht mir Freude,
deine Weisung trag ich im Herzen.  [...]   

Antwortpsalm, Aus Psalm 40