22. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr B, 2. September 2012. Wort zum Sonntag von Michaela Druckenthaner

Mit dem Herzen hören ist ein aufmerksames Wahrnehmen des anderen und das Bemühen um Verstehen – ich nehme mir dich zu Herzen. Aufmerksam und sorgsam auf das Gottes-wort hinzuhören lässt die Verbindung mit Gott wachsen. Hören – wirklich hinhören – schafft Beziehung.

1. Lesung
Deuteronomium 4, 1–2. 6–8

Und nun, Israel, höre die Gesetze und Rechtsvorschriften, die ich euch zu halten lehre. Hört, und ihr werdet leben, ihr werdet in das Land, das der Herr, der Gott eurer Väter, euch gibt, hineinziehen und es in Besitz nehmen. Ihr sollt dem Wortlaut dessen, worauf ich euch verpflichte, nichts hinzufügen und nichts davon wegnehmen; ihr sollt auf die Gebote des Herrn, eures Gottes, achten, auf die ich euch verpflichte. [...] Ihr sollt auf sie achten und sollt sie halten. Denn darin besteht eure Weisheit und eure Bildung in den Augen der Völker. Wenn sie dieses Gesetzeswerk kennen lernen, müssen sie sagen: In der Tat, diese große Nation ist ein weises und gebildetes Volk. Denn welche große Nation hätte Götter, die ihr so nah sind, wie Gott, unser Gott, uns nah ist, wo immer wir ihn anrufen? Oder welche große Nation besäße Gesetze und Rechtsvorschriften, die so gerecht sind wie alles in dieser Weisung, die ich euch heute vorlege?

2. Lesung
Jakobus 1, 17–18. 21b–22. 27

Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben, vom Vater der Gestirne, bei dem es keine Veränderung und keine Verfinsterung gibt. Aus freiem Willen hat er uns durch das Wort der Wahrheit geboren, damit wir gleichsam die Erstlingsfrucht seiner Schöpfung seien. [...] Nehmt euch das Wort zu Herzen, das in euch eingepflanzt worden ist und das die Macht hat, euch zu retten. Hört das Wort nicht nur an, sondern handelt danach; sonst betrügt ihr euch selbst. [...] Ein reiner und makelloser Dienst vor Gott, dem Vater, besteht darin: für Waisen und Witwen zu sorgen, wenn sie in Not sind‚ und sich vor jeder Befleckung durch die Welt zu bewahren.

Evangelium
Markus 7, 1–8. 14–15. 21–23

Die Pharisäer und einige Schriftgelehrte, die aus Jerusalem gekommen waren, hielten sich bei Jesus auf. Sie sahen, dass einige seiner Jünger ihr Brot mit unreinen, das heißt mit ungewaschenen Händen aßen. Die Pharisäer essen nämlich wie alle Juden nur, wenn sie vorher mit einer Hand voll Wasser die Hände gewaschen haben, wie es die Überlieferung der Alten vorschreibt. Auch wenn sie vom Markt kommen, essen sie nicht, ohne sich vorher zu waschen. Noch viele andere überlieferte Vorschriften halten sie ein, wie das Abspülen von Bechern, Krügen und Kesseln. Die Pharisäer und die Schriftgelehrten fragten ihn also: Warum halten sich deine Jünger nicht an die Überlieferung der Alten, sondern essen ihr Brot mit unreinen Händen?
Er antwortete ihnen: Der Prophet Jesaja hatte recht mit dem, was er über euch Heuchler sagte: Dieses Volk ehrt mich mit Lippen, sein Herz aber ist weit weg von mir. Es ist sinnlos, wie sie mich verehren; was sie lehren, sind Satzungen von Menschen. Ihr gebt Gottes Gebot preis und haltet euch an die Überlieferung der Menschen. [...]

Dann rief er die Leute wieder zu sich und sagte: Hört mir alle zu und begreift, was ich sage: Nichts, was von außen in den Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen; sondern was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein. [...] Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Hochmut und Unvernunft. All dieses Böse kommt von innen und macht den Menschen unrein.

Wort zum Sonntag

Michaela DruckenthanerMichaela Druckenthaner
ist 36 Jahre, frisch verheiratet,
Theologin und Geistliche Assistentin,
Referentin für Kinderpastoral der Kath. Jungschar Linz.
Die Autorin erreichen Sie unter sonntag@kirchenzeitung.at

Hören – zu Herzen nehmen – handeln

Hast du schon gehört ...? Mein Ohr ist ein empfindliches Organ. Ich bin zwar noch jung, trotzdem habe ich manchmal Ahnungen davon, wie es sein wird, wenn ich alt bin; wenn Geräusche zwar wahrnehmbar, aber doch nicht deutlich genug sind ... (das liegt in der Familie).
Gott sei Dank gibt es Hörgeräte. Denn: Hören ist mehr als Aufnehmen von Tönen, mehr als Smalltalk oder oberflächliche Gerüchteküche. Hören ist mehr – wenn ich offen bin für das Leben und dessen Vielfalt ist es eine Brücke zwischen mir und den anderen. Hören – wirklich hinhören – schafft Beziehung. „Hört, und ihr werdet leben ...“ (Dtn 4, 6) Achtsames Hören hat etwas mit dem Leben in Fülle zu tun.

„Höre“, steht am Beginn der Regel des hl. Benedikt, in der er das Zusammenleben seiner Mönche festlegt, und weiter: „neige das Ohr deines Herzens.“ Wenn ich mit dem Herzen höre, dann ist da aufmerksames Wahrnehmen des anderen und das Bemühen um Verstehen. Ich nehme mir dich zu Herzen. Das Herz ist verbunden mit dem Hören: „Nehmt euch das Wort zu Herzen, das in euch eingepflanzt worden ist.“ (Jak 1, 21b).

Hören schafft Beziehung – wenn ich das Wort Gottes höre, bin ich hineingezogen in die Beziehung mit ihm. Ich höre in mich hinein und weiß um die Stimme Gottes, die mir sagt: „Ich bin da!“ Wenn ich mit meinem Herzen höre, dann kann ich nicht anders, als die Liebe Gottes weiterzugeben. Das Wort, das Hören wird fruchtbar im Tun. Was und wie wir glauben muss verwurzelt sein im Leben und darf kein äußeres Gebotebefolgen sein.

Jesus lässt uns aufhorchen – wo sich Fragen der Gerechtigkeit, Menschenwürde, Freiheit und Solidarität stellen. Aus seinem Wort sind wir gerufen, uns für eine menschengerechte und solidarische Gesellschaft einzusetzen. „Hört das Wort nicht nur an, sondern handelt danach; sonst betrügt ihr euch selbst.“(Jak 1, 22).

Zum Weiterdenken
Hast du schon gehört ...? – Bedeutungsschwere Pause, bevor der Lärm des Tratsches losbricht ... Hast du schon auf dich gehört?