5. Sonntag der Osterzeit - Lesejahr C, 28. April 2013. Wort zum Sonntag von Martin Fenkart.

Es ist eine komplizierte Welt, und die Menschen, ihre Lebensgeschichten und -situationen, sind sehr verschieden. Anders als oft angenommen ist das Leben auf der Straße aber fast niemals das Ergebnis einer freiwilligen Entscheidung. Ein freundlicher Blick, ein Gruß, ein aufmerksames Wort ... einfache Gesten der Achtung und der Freundschaft für einen Menschen, und erste Schritte in eine (mir) neue Welt. Aus den anfangs kurzen Begegnungen mit dieser Welt der Armen kann wirklich Freundschaft werden. 

Evangelium
Johannes  13, 31–33a. 34–35

Als Judas hinausgegangen war, sagte Jesus: Jetzt ist der Menschensohn verherrlicht, und Gott ist in ihm verherrlicht. Wenn Gott in ihm verherrlicht ist, wird auch Gott ihn in sich verherrlichen, und er wird ihn bald verherrlichen. Meine Kinder, ich bin nur noch kurze Zeit bei euch. [...]
Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt. 

1. Lesung
Apostelgeschichte 14, 21b–27

[...] kehrten sie (Paulus und Barnabas) nach Lystra, Ikonion und Antiochia zurück. Sie sprachen den Jüngern Mut zu und ermahnten sie, treu am Glauben festzuhalten; sie sagten: Durch viele Drangsale müssen wir in das Reich Gottes gelangen. In jeder Gemeinde bestellten sie durch Handauflegung Älteste und empfahlen sie mit Gebet und Fasten dem Herrn, an den sie nun glaubten. Nachdem sie durch Pisidien gezogen waren, kamen sie nach Pamphylien, verkündeten in Perge das Wort und gingen dann nach Attalia hinab. Von dort fuhren sie mit
dem Schiff nach Antiochia, wo man sie für das Werk, das sie nun vollbracht hatten, der Gnade Gottes empfohlen hatte. Als sie dort angekommen waren, riefen sie die Gemeinde zusammen und berichteten alles, was Gott mit ihnen zusammen getan und dass er den Heiden die Tür zum Glauben geöffnet hatte.

2. Lesung
Offenbarung  21, 1–5a

Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, auch das Meer ist nicht mehr. Ich sah die Heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen; sie war bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat. Da hörte ich eine laute Stimme vom Thron her rufen: Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen, und sie werden sein Volk sein; und er, Gott, wird bei ihnen sein. Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen. Er, der auf dem Thron saß, sprach: Seht, ich mache alles neu.

WORT ZUM SONNTAG

Martin FenkartMartin Fenkart
leitet das Referat für Berufungspastoral der Diözese Feldkirch
und ist gemeinsam mit seiner Frau verantwortlich für die
Gemeinschaft Emmanuel in Europa.
Den Autor erreichen Sie unter sonntag@kirchenzeitung.at


Gott, bitte schick mir einen Armen als Freund

Inspiriert von der Gemeinschaft Sant’Egidio habe ich mich vor Jahren entschlossen, eine persönliche Freundschaft mit einem armen Menschen zu schließen. Zunächst wusste ich überhaupt nicht, wie ich das tun sollte. Daher begann ich zu beten: Gott, bitte schick mir einen Armen als Freund. Es dauerte nicht lange und ich lernte Richard kennen. Jeden Morgen traf ich ihn in Wien am Schottentor. Jeden Morgen war er da um zu betteln. Anfangs war ich ziemlich unbeholfen und wusste nicht recht, wohin das Ganze führen würde. Aus zurückhaltenden, scheuen Begegnungen wurden regelmäßige Gespräche. Ich verbrachte ganz einfach Zeit mit ihm und lernte ihn kennen. Ich erfuhr seine Lebensgeschichte und wie es kam, dass er nach vielen Lebensbrüchen auf der Straße landete. Wir rauchten gemeinsam eine Zigarette und schlürften einen Steh-Kaffee. Auf einmal gehörte er irgendwie in mein Leben, auch wenn wir nicht viel voneinander wussten.  Ein unverhofftes Geschenk.

Auf einen Schlag war er weg. Eines Morgens war er nicht mehr da und ich konnte ihn nicht mehr finden. Bis heute weiß ich nicht, wo er ist. Doch eines weiß ich: er ist immer noch in meinem Herzen. Es ist das geheimnisvolle Geschenk der Liebe, die es ausmacht, dass er irgendwie in mir weiterlebt, obwohl ich nicht weiß, ob er noch lebt. Das Liebesgebot Jesu hat enorme Sprengkraft und kann uns verändern: „Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.“ Dies ist zunächst kein moralischer Appell, sondern eine Einladung an die Liebe Gottes für uns zu glauben und das Leben und Lieben Jesu als Maßstab zu nehmen.

Zum Weiterdenken
„Im Dienst an einer Sache oder in der Liebe zu einer Person erfüllt der Mensch sich selbst. Je mehr er aufgeht in seiner Aufgabe, je mehr er hingegeben ist an seinen Partner, umso mehr ist er Mensch, um so mehr wird er selbst. Sich selbst verwirklichen kann er also eigentlich nur in dem Maße, in dem er sich selbst vergisst, in dem er sich selbst übersieht.“ (Viktor Frankl)

Gott ist treu in all seine Worten,
voll Huld in all seinen Taten.
Gott stützt alle, die fallen,
und richtet alle Gebeugten auf.

Antwortpsalm, aus Ps 145