„Wenn ihr nur die liebt, die euch lieben – welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten?“ So fragt Jesus. Eine Zeit ist angebrochen, in der weder der Hass noch die Liebe mit der Waage gemessen werden.

7. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr A, 19. Februar 2017
Wort zum Sonntag von Pfr. Gert Smetanig

1. Lesung
Levitikus 19,1–2.17–18

Der Herr sprach zu Mose: Rede zur ganzen Gemeinde der Israeliten, und sag zu ihnen: Seid heilig, denn ich, der Herr, euer Gott, bin heilig. [...] Du sollst in deinem Herzen keinen Hass gegen deinen Bruder tragen. Weise deinen Stammesgenossen zurecht, so wirst du seinetwegen keine Schuld auf dich laden. An den Kindern deines Volkes sollst du dich nicht rächen und ihnen nichts nachtragen. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Ich bin der Herr.

2. Lesung
1 Korinther 3,16–23

Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? Wer den Tempel Gottes verdirbt, den wird Gott verderben. Denn Gottes Tempel ist heilig, und der seid ihr. Keiner täusche sich selbst. Wenn einer unter euch meint, er sei weise in dieser Welt, dann werde er töricht, um weise zu werden. Denn die Weisheit dieser Welt ist Torheit vor Gott. In der Schrift steht nämlich: Er fängt die Weisen in ihrer eigenen List. Und an einer anderen Stelle: Der Herr kennt die Gedanken der Weisen; er weiß, sie sind nichtig. Daher soll sich niemand eines Menschen rühmen. Denn alles gehört euch; Paulus, Apollos, Kephas, Welt, Leben, Tod, Gegenwart und Zukunft: alles gehört euch; ihr aber gehört Christus, und Christus gehört Gott.

Evangelium
Matthäus 5,38–48

Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Auge für Auge und Zahn für Zahn. Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin. Und wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel. Und wenn dich einer zwingen will, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh zwei mit ihm. Wer dich bittet, dem gib, und wer von dir borgen will, den weise nicht ab. Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters im Himmel werdet; denn er lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten, und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten? Tun das nicht auch die Zöllner? Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr damit Besonderes? Tun das nicht auch die Heiden? Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist.

WORT ZUM SONNTAG

Wort z.So Februar 2017Gert Smetanig
ist Pfarrer von Mauerkirchen
und Burgkirchen am Inn sowie
Dechant im Dekanat Braunau.

Ist unsere Lebenssinfonie spielbar?

Es wird berichtet: Als der Komponist Anton Bruckner seine Fünfte Sinfonie fertig komponiert hatte, wollte er sie mit den Wiener Symphonikern aufführen. Als aber die Musiker die Noten sahen, weigerten sie sich. Das sei unspielbar, unmöglich, so etwas könne man nicht aufführen. Und so kam es, dass Bruckner selbst die Sinfonie zu Lebzeiten nie gehört hat. Heute wird sie gespielt. Sie gilt nicht mehr als unspielbar, aber sie verlangt auch heute noch einem Orchester das Äußerste ab. Man braucht dazu Musiker, die bereit sind, zu üben und zu üben und das Letzte aus sich herauszuholen. Und wer diese Sinfonie einmal gehört hat, der wird sie nie vergessen.
Vielleicht geht es uns mit solchen Sätzen Jesu ähnlich. Er sagt in der Evangeliumsstelle: „Ihr habt gehört: Auge für Auge, Zahn für Zahn. Ihr habt gehört: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen.“
Stimmt – solche Sätze haben wir gehört: „Fang keinen Streit an, aber wenn dich einer haut, dann hau zurück. Lass dir bloß nichts gefallen!“ Jesus sagt aber: „Solche Sätze könnt ihr vergessen. Die verändern die Welt und die Menschen nicht zum Guten hin.“ Wenn wir das hören, sagen wir zuerst einmal: Unmöglich! Das geht nicht! Das kann man nicht! – Aber vielleicht sind wir nur zu bequem zum Üben?
Wenn Bruckners Fünfte das Äußerste von einem Musiker verlangt und er dafür üben muss, dann kann es doch mit der Bergpredigt genauso sein. Jesus will, dass wir unsere Lebenssinfonie üben und trainieren. Das verlangt Einsatz und Idealismus. Aber wenn es gelingt, dass wir diese Sätze zum Klingen und zum Leben bringen, dann ist das wie mit der Musik: vollkommen und unvergesslich.

Zum Weiterdenken
Solange wir leben, wird es Dinge geben, die uns gefangen halten, bei denen wir uns unwohl fühlen, die uns lähmen. Vieles können wir aufbrechen, wenn wir nicht mit dem Kopf durch die Wand wollen, sondern bewusst ungewöhnliche Schritte gehen.

nach oben

(Aus dem KirchenBlatt Nr. 7 vom 16. Februar 2017)