14. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr B, 5. Juli 2015. Wort zum Sonntag von Irina Wutzlhofer, Oberpullendorf im Burgenland.

In der Wiese liegend wird aus der kleinen Blume plötzlich eine ganz Große! Aber halt! Nicht die Blume ist plötzlich anders, sondern der Blick auf die Blume und die Blickrichtung sind anders. „Nur nicht auffallen“, denn in der Masse schwimmt es sich halt meistens doch bequemer. Schade drum, was dabei alles verloren geht. Sich von anderen zu unterscheiden ist eine Herausforderung, die es anzunehmen gilt im eigenen Leben. Anders-Sein bringt neue Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten – für alle.

Evangelium
Markus  6,1b–6

[...] und (Jesus) kam in seine Heimatstadt; seine Jünger begleiteten ihn. Am Sabbat lehrte er in der Synagoge. Und die vielen Menschen, die ihm zuhörten, staunten und sagten: Woher hat er das alles? Was ist das für eine Weisheit, die ihm gegeben ist! Und was sind das für Wunder, die durch ihn geschehen! Ist das nicht der Zimmermann, der Sohn der Maria und der Bruder von Jakobus, Joses, Judas und Simon? Leben nicht seine Schwestern hier unter uns? Und sie nahmen Anstoß an ihm und lehnten ihn ab. Da sagte Jesus zu ihnen: Nirgends hat ein Prophet so wenig Ansehen wie in seiner Heimat, bei seinen Verwandten und in seiner Familie. Und er konnte dort kein Wunder tun; nur einigen Kranken legte er die Hände auf und heilte sie.
Und er wunderte sich über ihren Unglauben. Jesus zog durch die benachbarten Dörfer und lehrte.

1. Lesung
Ezechiel  1,28c – 2,5

Als ich diese Erscheinung (Gottes) sah, fiel ich nieder auf mein Gesicht. Und ich hörte, wie jemand redete. Er sagte zu mir: Stell dich auf deine Füße, Menschensohn; ich will mit dir reden. Als er das zu mir sagte, kam der Geist in mich und stellte mich auf die Füße. Und ich hörte den, der mit mir redete. Er sagte zu mir: Menschensohn, ich sende dich zu den abtrünnigen Söhnen Israels, die sich gegen mich aufgelehnt haben. Sie und ihre Väter sind immer wieder von mir abgefallen, bis zum heutigen Tag. Es sind Söhne mit trotzigem Gesicht und hartem Herzen. Zu ihnen sende ich dich. Du sollst zu ihnen sagen: So spricht Gott, der Herr. Ob sie dann hören oder nicht – denn sie sind ein widerspenstiges Volk –, sie werden erkennen müssen, dass mitten unter ihnen ein Prophet war.

2. Lesung
2 Korinther  12,7–10

Damit ich mich wegen der einzigartigen Offenbarungen nicht überhebe, wurde mir ein Stachel ins Fleisch gestoßen: ein Bote Satans, der mich mit Fäusten schlagen soll, damit ich mich nicht überhebe. Dreimal habe ich den Herrn angefleht, dass dieser Bote Satans von mir ablasse. Er aber antwortete mir: Meine Gnade genügt dir; denn sie erweist ihre Kraft in der Schwachheit. Viel lieber also will ich mich meiner Schwachheit rühmen, damit die Kraft Christi auf mich herabkommt. Deswegen bejahe ich meine Ohnmacht, alle Misshandlungen und Nöte, Verfolgungen und Ängste, die ich für Christus ertrage; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.

WORT ZUM SONNTAG

Wort zum Sonntag Juli 2015Irina Wutzlhofer
unterrichtet Religion an den
Gymnasien in Oberpullendorf.
Sie ist verheiratet und Mutter
eines Sohnes und lebt in Sigleß
im Burgenland.
Die Autorin erreichen Sie unter

Anders-Sein ist wichtig

Es gibt Menschen, die tragen ein Leben lang das Gefühl in sich „anders“ zu sein und ­empfinden das als belastend und hemmend. Vielleicht ­erging es dem Propheten Ezechiel im ersten Moment ähnlich, als Gott ihn beauftragt, seine Botschaft zu verkünden. Gott bereitet Ezechiel auf eine schwierige und „hartherzige“ Zielgruppe vor und stärkt ihn gleichzeitig mit aufmunternden Worten. Er sagt ihm seine v­olle Unterstützung zu. Er will, dass Ezechiel „anders“ ist. Ezechiel erfüllt seinen Auftrag ohne Angst, weil er sich von Gott getragen weiß.

Warum ist es in unserer Gesellschaft allem Anschein nach einfacher, mit dem Strom zu schwimmen anstatt die eigene Meinung, den persönlichen Kleidungsstil (und nicht jenen, der gerade „in“ ist) oder Vorlieben offen zu artikulieren? Als Religionslehrerin habe ich die Möglichkeit, gerade solche Themen im Unterricht aufzugreifen. Besonders dann, wenn ich beobachte, dass Schüler/innen aufgrund ihres „Anders-Seins“ an den Rand gedrängt werden.

Jesus macht (wie uns Markus im 6. Kapitel berichtet) eine ähnliche Erfahrung. Er, der einen anderen Weg geht, sich gegen Ungerechtigkeit auflehnt und sich dem „Abschaum“ der Gesellschaft zuwendet, wird im eigenen Heimatort (!) nur milde belächelt. Warum? Er wird – noch vor einem ersten persönlichen Kennenlernen – in eine Schublade eingeordnet: aufgrund seiner Herkunft, aufgrund seines Berufes. Er ist eben „anders“. Es ist aber gerade seine besondere Art, die ihn so einzigartig macht. Er weiß sich geliebt und hält Ablehnung dadurch aus.

Sich von anderen zu unterscheiden ist also eine Herausforderung, die es anzunehmen gilt. ­Anders-Sein bereichert, lässt neue ­Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten (für alle) zu. ­Voraussetzung dafür ist, dass wir uns für das „Anders-Sein“ öffnen, anstatt im Voraus ­darüber zu urteilen.

Zum Weiterdenken
Menschen, die „aus der Reihe tanzen“ bereicher(te)n unsere Gesellschaft mit ungewöhnlichen Ideen – und fordern uns auf, mutig zu sein! „Wir müssen der Wandel sein, den wir in der Welt zu sehen wünschen.“ M. Gandhi 

Ich erhebe meine Augen zu dir

.. der du hoch im Himmel thronst.
Wie die Augen der Knechte auf die Hand ihres Herrn,
wie die Augen der Magd auf die Hand ihrer Herrin,
so schauen unsre Augen auf den Herrn, unsern Gott,
bis er uns gnädig ist.
Sei uns gnädig, Herr, sei uns gnädig!
Denn übersatt sind wir vom Hohn der Spötter,
übersatt ist unsre Seele von ihrem Spott,
von der Verachtung der Stolzen.

Antwortpsalm, aus Psalm 123

(aus dem KirchenBlatt Nr. 27 vom 2. Juli 2015)