Deine Bitten werden erhört. Dieses Versprechen Jesu erscheint ungeheuerlich – und braucht dennoch Vertrauen. Auch Abraham hatte keine Scheu, Gott zu bitten – immer wieder.

17. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr C, 24. Juli 2016
Wort zum Sonntag von Dr. Silvia Habringer-Hagleitner

1. Lesung
Genesis  18, 20–32

Der Herr sprach zu Abraham: Das Klagegeschrei über Sodom und Gomorra, ja, das ist laut geworden, und ihre Sünde, ja, die ist schwer. Ich will hinabgehen und sehen, ob ihr Tun wirklich dem Klagegeschrei entspricht, das zu mir gedrungen ist. Ich will es wissen. Da trat Abraham näher und sagte: Willst du auch den Gerechten mit den Ruchlosen wegraffen? Vielleicht gibt es fünfzig Gerechte in der Stadt: Willst du auch sie wegraffen und nicht doch dem Ort vergeben wegen der fünfzig Gerechten dort? Das kannst du doch nicht tun, die Gerechten zusammen mit den Ruchlosen umbringen. Sollte sich der Richter über die ganze Erde nicht an das Recht halten? Da sprach der Herr: Wenn ich in Sodom, in der Stadt, fünfzig Gerechte finde, werde ich ihretwegen dem ganzen Ort vergeben. Abraham antwortete und sprach: Ich habe es nun einmal unternommen, mit meinem Herrn zu reden, obwohl ich Staub und Asche bin. Vielleicht fehlen an den fünfzig Gerechten fünf. Wirst du wegen der fünf die ganze Stadt vernichten? Nein, sagte er, ich werde sie nicht vernichten, wenn ich dort fünfundvierzig finde. Er fuhr fort, mit ihm zu reden: Vielleicht finden sich dort nur vierzig. Da sprach er: Ich werde es der vierzig wegen nicht tun. Und weiter sagte er: Mein Herr, zürne nicht, wenn ich weiterrede. Vielleicht finden sich dort nur dreißig. Er entgegnete: Ich werde es nicht tun, wenn ich dort dreißig finde. Darauf sagte er: Ich habe es nun einmal unternommen, mit meinem Herrn zu reden. Vielleicht finden sich dort nur zwanzig. Er antwortete: Ich werde sie um der zwanzig willen nicht vernichten. Und nochmals sagte er: Mein Herr, zürne nicht, wenn ich nur noch einmal das Wort ergreife. Vielleicht finden sich dort nur zehn. Und wiederum sprach er: Ich werde sie um der zehn willen nicht  vernichten.

2. Lesung
Kolosser  2, 12–14

Brüder! Mit Christus wurdet ihr in der Taufe begraben, mit ihm auch auferweckt, durch den Glauben an die Kraft Gottes, der ihn von den Toten auferweckt hat. Ihr wart tot infolge eurer Sünden, und euer Leib war unbeschnitten; Gott aber hat euch mit Christus zusammen lebendig gemacht und uns alle Sünden vergeben. Er hat den Schuldschein, der gegen uns sprach, durchgestrichen und seine Forderungen, die uns anklagten, aufgehoben. Er hat ihn dadurch getilgt, dass er ihn an das Kreuz geheftet hat.

Evangelium
Lukas  11, 1–13

Jesus betete einmal an einem Ort; und als er das Gebet beendet hatte, sagte einer seiner Jünger zu ihm: Herr, lehre uns beten, wie schon Johannes seine Jünger beten gelehrt hat. Da sagte er zu ihnen: Wenn ihr betet, so sprecht: Vater, dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme. Gib uns täglich das Brot, das wir brauchen. Und erlass uns unsere Sünden; denn auch wir erlassen jedem, was er uns schuldig ist. Und führe uns nicht in Versuchung.
Dann sagte er zu ihnen: Wenn einer von euch einen Freund hat und um Mitternacht zu ihm geht und sagt: Freund, leih mir drei Brote; denn einer meiner Freunde, der auf Reisen ist, ist zu mir gekommen, und ich habe ihm nichts anzubieten!, wird dann etwa der Mann drinnen antworten: Lass mich in Ruhe, die Tür ist schon verschlossen, und meine Kinder schlafen bei mir; ich kann nicht aufstehen und dir etwas geben? Ich sage euch: Wenn er schon nicht deswegen aufsteht und ihm seine Bitte erfüllt, weil er sein Freund ist, so wird er doch wegen seiner Zudringlichkeit aufstehen und ihm geben, was er braucht. Darum sage ich euch: Bittet, dann wird euch gegeben; sucht, dann werdet ihr finden; klopft an, dann wird euch geöffnet. Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet. Oder ist unter euch ein Vater, der seinem Sohn eine Schlange gibt, wenn er um einen Fisch bittet, oder einen Skorpion, wenn er um ein Ei bittet? Wenn nun schon ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gebt, was gut ist, wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist denen geben, die ihn bitten.

WORT ZUM SONNTAG

Wort z.Sonntag Juli 2016Dr. Silvia Habringer-Hagleitner
ist Professorin für Religionspädagogik
und leitet das Institut Ausbildung für Religionslehrer/innen
an der Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz.
Die Autorin erreichen Sie unter


Beten – die Kehrseite des Stolzes
Als einer unserer Söhne mit fünf Jahren einmal sehr krank war und es nicht besser werden wollte, saß ich ängstlich an seinem Bett.
Er war geschwächt und sagte: „Bete das Vater Unser für mich.“ Das habe ich gemacht und mehrfach das Gebet wiederholt. Es hat mir geholfen und ihn beruhigt. In Situationen, in denen sich eine Not so im Körper ausbreitet, dass einem die Worte fehlen – helfen Gebete, deren Worte man auswendig kann. Das wusste meine Großmutter, die oft den Rosenkranz betete, und das wussten Generationen von Christen auch davor. Irgendwann ist unser Sohn wieder gesund geworden. Vermutlich wäre das auch ohne Beten passiert, denn in Zeiten hochentwickelter Medizin stellt sich die Frage, ob bei Kinderkrankheiten beten überhaupt notwendig ist. Man muss doch nur die richtigen Medikamente oder Kräuter finden, oder? Was mich an der Bibelstelle Lk 11,1-13 so anrührt ist, wie heftig uns Jesus hier zum Bitten ermutigt. Trau dich Gott zu mit deinen Anliegen und Nöten! Scheinbar kleine Probleme kannst du genauso vor Gott tragen wie die großen! Persönliche Nöte genauso wie jene, welche die großen politischen Zeitfragen betreffen.
Du darfst darauf vertrauen, dass dich Gott Vater-Mutter nicht hängen lässt. Deine Bitten werden erhört werden. Dieses jesuanische Versprechen erscheint ungeheuerlich und doch braucht es genau dieses Vertrauen darauf, gehört und nicht abgewiesen zu werden, welches uns die Kraft zum Beten gibt. Beten ist die Kehrseite des Stolzes und der Überzeugung – alles selber richten zu müssen. Wer nicht bittet, dem kann auch nicht gegeben werden. Beten ist aktives Tun, nicht passives Hinnehmen. Aktivität ohne Aktionismus. Und ich bin sicher: vieles von dem, was an Gutem in unserer Welt geschieht, wird in Gebeten herbeigesehnt.

Spurensuche
Welches persönliche oder weltpolitische Problem beschäftigt Sie gerade besonders? Welche Bitte verbindet sich damit für Sie? …wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist denen geben, die ihn bitten.

Ich will dir danken aus ganzem Herzen,
dir vor den Engeln singen und spielen;
ich will mich niederwerfen zu deinem heiligen Tempel hin
und deinem Namen danken für deine Huld und Treue.
Denn du hast die Worte meines Mundes gehört,
deinen Namen und dein Wort über alles verherrlicht.
Du hast mich erhört an dem Tag, als ich rief;
du gabst meiner Seele große Kraft.
Dich sollen preisen, Herr, alle Könige der Welt,
wenn sie die Worte deines Mundes vernehmen.
Sie sollen singen von den Wegen des Herrn;
denn groß ist die Herrlichkeit des Herrn.
Der Herr nimmt sich meiner an.
Herr, deine Huld währt ewig.

Aus dem Antwortpsalm 138

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(aus dem KirchenBlatt Nr. 29 vom 21. Juli 2016)