25. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr A, 21. September 2014. Wort zum Sonntag von Andreas Liebl.

Mit dem Himmelreich ist es wie mit ... Sie hatten den ganzen Tag im Weinberg gearbeitet, andere neun, sechs oder drei Stunden, die letzten nur eine Stunde. Und abends bekam jeder Arbeiter den vereinbarten Denar (ein Denar war zur Zeit Jesu jener Lohn, mit dem ein Tagelöhner für sich und seine Familie für diesen Tag gut sorgen konnte und alle satt wurden). Protest regte sich. Weil jedem gegeben wurde, was er zum Leben brauchte? Aber wer zum Leben hat, was notwendig ist, braucht doch nicht noch mehr ... „oder bist du neidisch, weil ich zu anderen gütig bin?“

1. Lesung
Jesaja  55,6–9

Sucht den Herrn, solange er sich finden lässt, ruft ihn an, solange er nahe ist. Der Ruchlose soll seinen Weg verlassen, der Frevler seine Pläne. Er kehre um zum Herrn, damit er Erbarmen hat mit ihm, und zu unserem Gott; denn er ist groß im Verzeihen.
Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege – Spruch des Herrn. So hoch der Himmel über der Erde ist, so hoch erhaben sind meine Wege über eure Wege und meine Gedanken über euren Gedanken.

2. Lesung
Philipper  1,20ad–24.27a

Darauf warte und hoffe ich, dass [...] Christus [...] durch meinen Leib verherrlicht wird, ob ich lebe oder sterbe. Denn für mich ist Christus das Leben und Sterben Gewinn. Wenn ich aber weiterleben soll, bedeutet das für mich fruchtbare Arbeit. Was soll ich wählen? Ich weiß es nicht. Es zieht mich nach beiden Seiten: Ich sehne mich danach, aufzubrechen und bei Christus zu sein – um wie viel besser wäre das! Aber euretwegen ist es notwendiger, dass ich am Leben bleibe. [...] Vor allem: Lebt als Gemeinde so, wie es dem Evangelium Christi entspricht.

Evangelium
Matthäus  20,1–16

Denn mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Gutsbesitzer, der früh am Morgen sein Haus verließ, um Arbeiter für seinen Weinberg anzuwerben. Er einigte sich mit den Arbeitern auf einen Denar für den Tag und schickte sie in seinen Weinberg. Um die dritte Stunde ging er wieder auf den Markt und sah andere dastehen, die keine Arbeit hatten. Er sagte zu ihnen: Geht auch ihr in meinen Weinberg! Ich werde euch geben, was recht ist. Und sie gingen.

Um die sechste und um die neunte Stunde ging der Gutsherr wieder auf den Markt und machte es ebenso. Als er um die elfte Stunde noch einmal hinging, traf er wieder einige, die dort herumstanden. Er sagte zu ihnen: Was steht ihr hier den ganzen Tag untätig herum? Sie antworteten: Niemand hat uns angeworben. Da sagte er zu ihnen: Geht auch ihr in meinen Weinberg! Als es nun Abend geworden war, sagte der Besitzer des Weinbergs zu seinem Verwalter: Ruf die Arbeiter und zahl ihnen den Lohn aus, angefangen bei den Letzten, bis hin zu den Ersten. Da kamen die Männer, die er um die elfte Stunde angeworben hatte, und jeder erhielt einen Denar. Als dann die Ersten an der Reihe waren, glaubten sie mehr zu bekommen. Aber auch sie erhielten nur einen Denar.

Da begannen sie über den Gutsherrn zu murren und sagten: Diese Letzten haben nur eine Stunde gearbeitet, und du hast sie uns gleichgestellt; aber wir haben den ganzen Tag über die Last der Arbeit und die Hitze ertragen. Da erwiderte er einem von ihnen: Mein Freund, dir geschieht kein Unrecht. Hast du nicht einen Denar mit mir vereinbart? Nimm dein Geld und geh! Ich will dem Letzten ebenso viel geben wie dir. Darf ich mit dem, was mir gehört, nicht tun, was ich will? Oder bist du neidisch, weil ich zu anderen gütig bin?  So werden die Letzten die Ersten sein und die Ersten die Letzten.

WORT ZUM SONNTAG

Andreas LieblAndreas Liebl
ist Koordinator der Gefangenen-Seelsorge
der Diözese Innsbruck und Religionslehrer an der
Tiroler Fachberufsschule für Holztechnik in Absam.
Den Autor erreichen Sie unter
sonntag@kirchenzeitung.at

„Mit Arbeit spielt man nicht!“

Rund 550 der 2.600 Stellen des Stahlwerks in Terni werden vom ThyssenKrupp-Konzern gestrichen. Verlieren Arbeiter ihren Job in einer solchen Firma, steigen meist Aktienkurse und Managergehälter, die Shareholder verdienen. Aber die Menschen und ihre Familien haben kein Einkommen mehr. Nicht die Logik des Profits dürfe gewinnen, sondern die der Solidarität und Gerechtigkeit ... wer Arbeitsplätze streiche, um mehr Geld zu verdienen, nehme auch den Menschen ihre Würde, so Papst Franziskus, „mit Arbeit spielt man nicht!“.

Gefängnisgottesdienst. Wir hatten gerade das Evangelium betrachtet – über die enge Pforte, die ins Himmelreich führt (Lk 13,22–30) – und hörten dazu das Lied „Ich will nicht ins Paradies, wenn der Weg dorthin so schwierig ist“ von den Toten Hosen. Ein junger Häftling war in der ersten Reihe und deutete mir, den CD-Player doch lauter zu stellen. Drei Tage später war er verstorben. Zu seiner Trauerfeier wünschten sich seine Mithäftlinge das Lied „Nur die Besten sterben jung“ von den Boehsen Onkelz. Der Nervige, der Häfenbruder, der den Großteil seines kurzen Lebens im Gefängnis verbracht hat, der Giftler, der Schläger! Einer der Besten?

Warum ist er so geworden, welchen Lohn hatte die Welt für ihn? Mit dem Evangelium vom Gutsbesitzer, der allen Arbeitern im Weinberg ihren Lohn gibt, verbinde ich als Christ die Hoffnung, dass er einer der Ersten ist und am himmlischen Hochzeitstisch ganz oben sitzt. Denn Gott „ist groß im Verzeihen“. Möglicherweise bin ich ja der letzte Arbeiter, der in den Weinberg geht, um dort zu arbeiten … In diesem Gleichnis will mich Gott gerade durch das Ärgerliche und Unlogische auf mein eigenes Leben aufmerksam machen. Gott ist nicht so, wie ich ihn mir immer wieder ausrechne. Gott ist nicht einfach das Abbild menschlichen Verhaltens! So spricht Gott: „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege ...“

Zum Weiterdenken
Wo spüre ich in meinem Leben Neid? Bleibe ich Gottes verzeihender Liebe auf der Spur?