33. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr C, 17. November 2013. Wort zum Sonntag von Harald Mandl.

Geheiligt ist der Ort durch Menschen, die – selbst zur Heiligkeit gerufen – sich hier versammeln. Glanz und Pracht sind das eine, lebendiger Glaube das andere. Dieser Gedanke gilt heute noch. Eine wunderschöne Kathedrale, ein riesiger Dom oder eine barocke Dorfkirche – Ästhetik und Architektur können und dürfen nicht Selbstzweck sein. 

Evangelium
Lukas  21,5–19

Als einige darüber sprachen, dass der Tempel mit schönen Steinen und Weihegeschenken geschmückt sei, sagte Jesus: Es wird eine Zeit kommen, da wird von allem, was ihr hier seht, kein Stein auf dem anderen bleiben; alles wird niedergerissen werden. Sie fragten ihn: Meister, wann wird das geschehen, und an welchen Zeichen wird man erkennen, dass es beginnt? Er antwortete: Gebt Acht, dass man euch nicht irreführt! Denn viele werden unter meinem Namen auftreten und sagen: Ich bin es! und: Die Zeit ist da. – Lauft ihnen nicht nach! Und wenn ihr von Kriegen und Unruhen hört, lasst euch dadurch nicht erschrecken! Denn das muss als Erstes geschehen; aber das Ende kommt noch nicht sofort.
Dann sagte er zu ihnen: Ein Volk wird sich gegen das andere erheben und ein Reich gegen das andere. Es wird gewaltige Erdbeben und an vielen Orten Seuchen und Hungersnöte geben; schreckliche Dinge werden geschehen und am Himmel wird man gewaltige Zeichen sehen. Aber bevor das alles geschieht, wird man euch festnehmen und euch verfolgen. Man wird euch um meines Namens willen den Gerichten der Synagogen übergeben, ins Gefängnis werfen und vor Könige und Statthalter bringen. Dann werdet ihr Zeugnis ablegen können. Nehmt euch fest vor, nicht im Voraus für eure Verteidigung zu sorgen; denn ich werde euch die Worte und die Weisheit eingeben, so dass alle eure Gegner nicht dagegen ankommen und nichts dagegen sagen können. Sogar eure Eltern und Geschwister, eure Verwandten und Freunde werden euch ausliefern, und manche von euch wird man töten. Und ihr werdet um meines Namens willen von allen gehasst werden. Und doch wird euch kein Haar gekrümmt werden. Wenn ihr standhaft bleibt, werdet ihr das Leben gewinnen.

1. Lesung
Maleachi  3,19–20b

Denn seht, der Tag kommt, er brennt wie ein Ofen: Da werden alle Überheblichen und Frevler zu Spreu, und der Tag, der kommt, wird sie verbrennen, spricht der Herr der Heere. Weder Wurzel noch Zweig wird ihnen bleiben. Für euch aber, die ihr meinen Namen fürchtet, wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen, und ihre Flügel bringen Heilung.

2. Lesung
2 Thessalonicher  3,7–12

Ihr selbst wisst, wie man uns nachahmen soll. Wir haben bei euch kein unordentliches Leben geführt und bei niemand unser Brot umsonst gegessen; wir haben uns gemüht und geplagt, Tag und Nacht haben wir gearbeitet, um keinem von euch zur Last zu fallen. Nicht, als hätten wir keinen Anspruch auf Unterhalt; wir wollten euch aber ein Beispiel geben, damit ihr uns nachahmen könnt. Denn als wir bei euch waren, haben wir euch die Regel eingeprägt: Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen. Wir hören aber, dass einige von euch ein unordentliches Leben führen und alles Mögliche treiben, nur nicht arbeiten. Wir ermahnen sie und gebieten ihnen im Namen Jesu Christi, des Herrn, in Ruhe ihrer Arbeit nachzugehen und ihr selbst verdientes Brot zu essen. 

Wort zum Sonntag

Harald MandlHarald Mandl
Leiter des Institutes für religions-pädagogische Bildung der Pädagogischen Hochschule Burgenland und Religionslehrer seit 1981, verheiratet und Vater zweier Kinder.
Den Autor erreichen Sie unter sonntag@kirchenzeitung.at

Marmor, Stein, Glaube – eine Trainingseinheit 

Lukas erzählt, was er erlebt und mit eigenen Augen gesehen hat. Die Zerstörung des Tempels durch die Römer war für ihn wie für viele andere seiner Zeit ein traumatisches Erlebnis. Dazu kamen die Verfolgung und Verhaftung der Jünger Jesu. Sie wurden vor weltliche und religiöse Gerichte geschleppt und ins Gefängnis geworfen. Doch Jesus steigt über die Bilder von Untergang und Zerstörung hinaus und spendet Hoffnung.
Jesus blickt in die Zukunft. Sein ganzes irdisches Leben lang hat er das getan. Sein Vorausblick beginnt im Zentrum jüdischer Frömmigkeit. Es ist der Ort selber, den Jesus zunächst zum Thema macht. Zur Schwärmerei und Begeisterung einiger für den prachtvollen Tempel meint Jesus: „Marmor, Stein und Eisen bricht, aber die Liebe Gottes nicht …“ Glanz und Pracht sind das eine, lebendiger Glaube das andere. Dieser Gedanke gilt heute noch. Eine wunderschöne Kathedrale, ein riesiger Dom – Ästhetik und Architektur dürfen nicht Selbstzweck sein. Wichtig ist und bleibt der christliche Grundgedanke, der spürbar werden soll: Geheiligt ist der Ort durch Menschen, die, selbst zur Heiligkeit gerufen, sich hier versammeln. Glaube wird lebendig durch Christinnen und Christen, die einander treffen, um im Namen Jesu zu singen, zu beten, Mahl zu halten.

Jesus geht noch einen Schritt weiter. Er nutzt die Gelegenheit relativer Ruhe und Sicherheit und „trainiert“ mit seinen Freundinnen und Freunden für härtere Zeiten. Mit den Bildern von Krieg, Erdbeben, Seuchen und Hungersnöten will er im Training vor Irreführung und geistiger Blindheit warnen. Angst zu machen ist nicht sein Ziel. Das zeigen vor allem die beiden Schlussverse. Ich möchte diese in der wohl kürzeste Zusammenfassung der Theologie Jesu hier zu bedenken geben: Fürchtet euch nicht!

Zum Weiterdenken
Im Gästebuch meines Lebens steht geschrieben, auf der letzten Seite, ganz klein: „Fürchte dich nicht!“ Unterschrieben hat ein gewisser Jesus von Nazareth.