Wörter können einem um den Kopf fliegen und wie Steine verletzen. Die Buchstaben (des Gesetzes, der Lehre, der Moral ...) können sehr kalt und Worte nichts­sagend sein. Wenn wir Christinnen und Christen unseren Glauben zu unserem Leben machen, dann wird dieser Glaube sichtbar, spürbar und erlebbar für andere. Menschen mit Name und Gesicht braucht die Kirche. Es liegt in deiner Hand, so ein Mensch für andere zu sein.

5. Fastensonntag - Lesejahr C, 13. März 2016

Evangelium
Johannes  8,1–11

Jesus aber ging zum Ölberg. Am frühen Morgen begab er sich wieder in den Tempel. Alles Volk kam zu ihm. Er setzte sich und lehrte es. Da brachten die Schriftgelehrten und die Pharisäer eine Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war. Sie stellten sie in die Mitte und sagten zu ihm: Meister, diese Frau wurde beim Ehebruch auf frischer Tat ertappt. Mose hat uns im Gesetz vorgeschrieben, solche Frauen zu steinigen. Nun, was sagst du? Mit dieser Frage wollten sie ihn auf die Probe stellen, um einen Grund zu haben, ihn zu verklagen. Jesus aber bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde. Als sie hartnäckig weiterfragten, richtete er sich auf und sagte zu ihnen: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie.
Und er bückte sich wieder und schrieb auf die Erde. Als sie seine Antwort gehört hatten, ging einer nach dem andern fort, zuerst die Ältesten. Jesus blieb allein zurück mit der Frau, die noch in der Mitte stand.
Er richtete sich auf und sagte zu ihr: Frau, wo sind sie geblieben? Hat keiner dich verurteilt? Sie antwortete: Keiner, Herr. Da sagte Jesus zu ihr: Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr.

1. Lesung
Jesaja  43,16–21

So spricht der Herr, der einen Weg durchs Meer bahnt, einen Pfad durch das gewaltige Wasser, der Wagen und Rosse ausziehen lässt, zusammen mit einem mächtigen Heer; doch sie liegen am Boden und stehen nicht mehr auf, sie sind erloschen und verglüht wie ein Docht. Denkt nicht mehr an das, was früher war; auch das, was vergangen ist, sollt ihr nicht achten. Seht her, nun mache ich etwas Neues. Schon kommt es zum Vorschein, merkt ihr es nicht? Ja, ich lege einen Weg an durch die Steppe und Straßen durch die Wüste. Die wilden Tiere werden mich preisen, die Schakale und Strauße, denn ich lasse in der Steppe Wasser fließen und Ströme in der Wüste, um mein Volk, mein erwähltes, zu tränken. Das Volk, das ich mir erschaffen habe, wird meinen Ruhm verkünden.

2. Lesung
Philipper  3,8–14

Ja noch mehr: Ich sehe alles als Verlust an, weil die Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, alles übertrifft. Seinetwegen habe ich alles aufgegeben und halte es für Unrat, um Christus zu gewinnen und in ihm zu sein. Nicht meine eigene Gerechtigkeit suche ich, die aus dem Gesetz hervorgeht, sondern jene, die durch den Glauben an Christus kommt, die Gerechtigkeit, die Gott aufgrund des Glaubens schenkt. Christus will ich erkennen und die Macht seiner Auferstehung und die Gemeinschaft mit seinem Leiden; sein Tod soll mich prägen. So hoffe ich, auch zur Auferstehung von den Toten zu gelangen. Nicht, dass ich es schon erreicht hätte oder dass ich schon vollendet wäre. Aber ich strebe danach, es zu ergreifen, weil auch ich von Christus ergriffen worden bin. Ich bilde mir nicht ein, dass ich es schon ergriffen hätte. Eines aber tue ich: Ich vergesse, was hinter mir liegt, und ich strecke mich nach dem aus, was vor mir ist. Das Ziel vor Augen, jage ich nach dem Siegespreis: der himmlischen Berufung, die Gott uns in Christus Jesus schenkt.

Wort zum Sonntag

Wort zum Sonntag März 2016Ruth Ferstl
ist Lehrerin für Religion und Musik
an der HBLA Oberwart (mit den Schulzweigen Tourismus, Mode,
Wirtschaft, Produktmanagement),
wohnt in Oberdorf/Südburgenland.
Die Autorin erreichen Sie unter


Hört auf, Steine zu werfen
Wer heute Religionslehrer ist, kennt das: du wirst eingeladen und Menschen vorgestellt. Wenig später bist du umringt und man verlangt von dir, Rechenschaft abzulegen für einen Glau­ben und eine Kirche, die viele als hart­herzig und scheinheilig erleben. Und ­immer wieder kommt die Frage: „Wie könnt ihr Katho­liken nur, wie können eure Priester und Bischöfe, die selbst so viel Unrecht tun und ­vertuschen, urteilen über Anders- oder Nichtgläubige, Geschiedene, Homosexuelle etc.? Hat nicht Jesus selbst gesagt: ,Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein?‘“

Viel Wut, aber noch mehr Trauer, Enttäuschung und Sehnsucht spüre ich. Manchmal bin ich müde, regelmäßig auf dieselben Fragen ­redu­ziert zu werden. Trotzdem versuche ich, in langen Gesprächen ein paar Lichtblicke meines Glaubens für mein Gegenüber spürbar zu machen. Da passiert es immer wieder, dass jemand sagt: „Also, wenn ich nicht wüsste, dass du ­katholisch bist ...!“ Evangelisch, Buddhist oder Esoteriker – alles könnte ich sein. Was als Kompliment gemeint ist, macht mich aber ­traurig. Wann und durch wen ist die Frohbotschaft meines Glaubens zur Drohbotschaft, zum Feindbild für so viele geworden?

Verwunderlich ist es nicht. Viel Unmenschliches und Unchristliches ist passiert in ­unseren Reihen. Die Rechnung bekommen vor allem die, die aus ehrlichem Bemühen ein Leben lang für die Kirche arbeiten – Priester wie Laien.  Es kommt nicht nur auf die Botschaft an, sondern auch auf den Boten. Noch vor der Missionierung anderer ist es unsere erste Aufgabe als Christen, unseren Glauben zu unserem Leben zu machen: sichtbar, spürbar, erlebbar.  Die Kirche braucht Menschen, keine „Würdenträger“ – zu sehen an den vielen Fans, die Papst Franziskus unter Nichtgläubigen hat. Auch wenn er einmal von Hasenzüchtern gerügt wird – mir ist ein Mensch im Amt lieber als ein austauschbarer, weil gesichtsloser Würdenträger.

Zum Weiterdenken
Der Kern unseres Glaubens ist die Mensch­werdung Gottes. Vielleicht sollten wir uns ­darauf konzentrieren ... mach es wie Jesus, ­werde Mensch!

Wie Träumende
Als der Herr das Los der Gefangenschaft Zions wendete,
da waren wir alle wie Träumende.
Da war unser Mund voll Lachen und unsere Zunge voll Jubel.
[...] Wende doch, Herr, unser Geschick,
wie du versiegte Bäche wieder füllst im Südland.
Die mit Tränen säen, werden mit Jubel ernten.
Sie gehen hin unter Tränen und tragen den Samen zur Aussaat.
Sie kommen wieder mit Jubel und bringen ihre Garben ein.

Antwortpsalm, aus Psalm 126

(aus dem KirchenBlatt Nr. 10 vom 10. März 2016)