Bernhard Loss ist der Nestor und Leiter des Kirchenmusikreferats der Diözese Feldkirch. Im KirchenBlatt-Interview spricht er über den neuen Lehrgang für Kirchenmusik, der sich an alle Musizierenden richtet.

Wolfgang Ölz

Was hat es mit dem neuen Kirchenmusiklehrgang am Konservatorium auf sich?
Der Kirchenmusiklehrgang ist die Pflanzstätte für Leiterinnen und Leiter von Kirchenchören. Der alte Lehrgang hat 2004 gestartet und ist bis 2012 gegangen, und jetzt hat es eine Neukonzipierung gegeben. Gemeinsam mit dem Landeskonservatorium haben wir uns überlegt, was man noch besser machen kann. Das speziell Neue ist die Vorbereitungsphase, die man von einem Semester auf insgesamt vier Semester ausgeweitet hat. Jetzt kann jemand auch nach zwei oder vier Semestern mit einem Grundzertifikat aufhören.

Wir merken bei den Kirchenchören und bei den Chören allgemein, dass sie - nicht wie befürchtet - wegsterben, sondern im Gegenteil, dass es  viele sehr gut singfähige Chöre im Land gibt, die sich aber schwer tun, Personen für die Leitung zu finden. Da leisten diese Lehrgänge unglaublich wertvolle Arbeit. In den vergangenen zwei Jahren, in denen es keinen Lehrgang gegeben hat, fehlen die Absolvent/innen, die dringend gebraucht würden. Die Qualität der Kirchenchöre und Chöre hängt eben ganz stark von diesem Lehrgang ab. Aus diesem Grund seien alle Musiker im Land ganz herzlich zur Teilnahme angeregt.

Welcher Stellenwert kommt dem Chorgesang und der Kirchenmusik in der Eucharistiefeier zu?
Die Kirchenmusik und mit ihr der Chorgesang ist natürlich in der Liturgie ganz wichtig. Dort, wo ich sie erlebe, ist die Qualität im Land so, dass wir uns im Österreichvergleich überhaupt nicht verstecken müssen. Zusammen mit dem neuen Gotteslob ist die Kirchenmusik dabei auch wieder mehr in den Blickpunkt gerückt. Die Kirchenmusik umfasst ja nicht nur den Chorgesang und die Orgelmusik, sondern auch den Volksgesang. Letzterer ist sicher auch ein Problem, weil generell immer weniger gesungen wird, auch in den Familien. Die Hemmschwelle  zu singen ist größer geworden. Schauen Sie sich doch ein Fußballstadion an: Da gibt es zugegebenermaßen Stimulanzien wie Bier, die die Hemmschwelle heruntersetzen, und das Singen fördern. Es wird wenigstens dort im Fußballstadion klar, dass auch Männer durchaus Singen können.

Spannend bleibt, wie sich die ganzen pastoralen Strukturprozesse auf die Chöre auswirken. Da ist noch eine gewisse Unsicherheit zu spüren: Wie geht man damit um? Schließt man sich unter den Chören zusammen, was zum Teil heißt, dass man mehr Dienste zu leisten hat? Wir können jedenfalls immer noch Leute für die Chöre und für die Chorleitung begeistern. Wie das in zehn Jahren aussieht, ist schwer zu beurteilen. Ich bin aber zuversichtlich, dass die Kirchenmusik einen guten Weg machen wird.

Was hat die Kirchenmusik mit Gott zu tun?
Kirchenmusik ist eine Musik, die selbstredend immer mit Gott bzw. Gottesdiensten zu tun hat. Die Kirchenmusik bzw. der Chorgesang haben ja folgende drei Aufgaben: Erstens das Lob Gottes, zweitens die Freude, selbst in einem Chor zu singen, und drittens die Freude, die das Zuhören macht. Die spirituelle Dimension bleibt dabei immer sehr stark.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass in Kirchenchören auch Leute singen, die nicht typische Kirchgänger sind, die aber zu Weihnachten oder zu Ostern - also immer, wenn der Chor singt - in die Kirche kommen. Bei Gospelchören in Deutschland ist es teilweise sogar so, dass Menschen ohne Bekenntnis mit dabei sind. Es ist somit ein spannendes Phänomen, dass ein Chor auch die Möglichkeit religiöser Sozialisation bietet.

Wer ist durch diesen Lehrgang besonders angesprochen?
Angesprochen sind natürlich Leute, die schon in diesem Bereich tätig sind, die sagen, ich möchte mich weiterentwickeln. Zum anderen auch engagierte Chorsänger/innen, die Interesse haben, in die Chorleitung einzusteigen. Natürlich auch Organist/innen die von der Orgel her kommend sagen, mich interessiert die Chorleitung, weil der Lehrgang das Orgelspiel und die Chorleitung umfasst. Und der Lehrgang wendet sich an die Studenten am Landeskonservatorium, die, da ihnen viele Fächer angerechnet werden, mit einem verhältnismäßig geringem Aufwand eine weitere Qualifikation erwerben können, die ihr berufliches Betätigungsfeld noch einmal erweitert. Und wieder andere sagen: Davon träume ich schon lange, und diesen Traum erfülle ich mir. 

Chorleitung & Kirchenmusik

Das Vorarlberger Landeskonservatorium bietet ab Herbst 2014 wieder den Lehrgang „Chorleitung Kirchenmusik C“ an. Während vier Semester werden angehende Chorleiter/innen durch eine Vielfalt von erfahrenen Referent/innen unterrichtet. Die Ausbildung ist besonders für berufstätige Personen geeignet, da der Unterricht in wöchentlichen Abendveranstaltungen sowie an vier Samstagen im Semester abgehalten wird.
Infos: birgit.gebhard@vlk.ac.at   T 0699 18241379
www.vlk.ac.at