3teilige KirchenBlatt-Serie von Dr. Helga Kohler-Spiegel.

Vom Gott der Bibel sprechen

Mit Kindern ins Gespräch kommen - Kinder-Erfahrungen aufnehmenHelga Kohler-Spiegel

Serie mit Dr. Helga Kohler Spiegel
Religionspädagogin und Therapeutin

Juden sagen, wir sollten den Kern des eigenen Glaubens so kurz zusammenfassen können, dass wir dies auf einem Bein stehend sagen können. Das ist gar nicht einfach. Die christliche Tradition ist so umfangreich geworden, dass es oft schwer ist, in Worte zu fassen, was den eigenen Glauben ausmacht.  Für das Gespräch mit Kindern halte ich zwei Grundbotschaften der Bibel für zentral.

„Ich bin da, ich werde da sein“
Die Bibel selbst redet vom Leben – und von all dem, was zum Leben gehört, vom Verlieben und von der Liebe, vom Zorn und vom Streit, vom Verlassen und von der Versöhnung. Die Bibel spricht von Gott als JHWH – „Ich bin bei Dir. Ich bin da, als der ich da sein werde.“ Das ist das Zentrum, das ist der Name Gottes. Gott begleitet, richtet auf, ruft heraus und weckt zum Leben. In der Erfahrung etwa neun- bis zehnjähriger Kinder heißt dies:

Sag es mir
Sag es, wenn ich mich verkriechen möchte,
wenn ich meine Familie nicht sehen mag,
wenn ich genug habe von der Schule.

Sag: Ich bin bei dir.
Sag es, wenn die bösen Träume kommen,
wenn ich mich vor der Zukunft fürchte,
wenn ich am Morgen nicht aufstehen mag.

Sag: Ich bin bei dir.
Sag es, wenn mein Herz klopft,
wenn ich die Nähe der Eltern suche,
wenn ich vor mich hinträume.

Sag es immer: Ich bin bei dir.

Die Bibel erzählt, so könnten wir sagen, immer wieder davon, dass wir es glauben können: Wir sind begleitet, wir sind nicht allein.

„Fürchtet euch nicht“
Diese Botschaft steht auch am Beginn und am Ende des Weges Jesu: Bei Jesu Geburt verkünden Engel, die sichtbare Seite Gottes: „Fürchtet euch nicht, habt keine Angst“; am Grab Jesu verkünden Engel: „Fürchtet euch nicht, habt keine Angst.“ Die ersten Worte des Auferstandenen an die Jüngerinnen und Jünger lauten: „Fürchtet euch nicht.“ Dies ist die Botschaft von Weihnachten und von Ostern. Der Gott der Bibel verspricht den Menschen kein einfaches und unkompliziertes, auch kein leidfreies Leben, aber ein begleitetes, furchtloses Leben – zumindest ein Leben mit weniger Angst: „Ich werde da sein. Also – ihr braucht euch nicht zu fürchten.“ Christlicher Glaube ist „religio“, Bindung. Immer wieder ist davon in der Bibel erzählt, Jesu Leben ist eine Einladung, dieser Bindung an Gott zu vertrauen.

Im Blick auf Kinder
Kinder spüren, wenn das, was Erwachsene ihnen sagen, nicht wirklich ernst gemeint ist. Kinder spüren, wenn unser Reden von Gott für uns Worte sind, die wir selbst nicht wirklich glauben. Deshalb laden uns Kinder immer wieder ein, für uns selbst zu überdenken: Was ist mir so wichtig, dass ich es der nächsten Generation als „Nahrung“ mitgeben will? Es kann diese Botschaft Jesu sein: „Fürchtet euch nicht, habt keine Angst.“ Denn „Ich bin da, ich werde da sein“, was immer das Leben bringen wird. Es können auch andere Erzählungen, andere Glaubenssätze sein, die für Sie Bedeutung haben. Wieder mag ich Sie ermutigen, Kindern das mitzugeben, was für Sie selbst glaub-würdig ist, was Ihnen selbst Halt gibt. Kinder werden – wenn sie größer sind – selbst auswählen und ins Erwachsenenleben mitnehmen, was für sie dann hilfreich und glaubwürdig ist.

Anregungen

Sag es mir
Sag es, wenn …
Sag: Ich bin bei dir.
Kinder wie Erwachsene können eigene Strophen schreiben, den Text fortschreiben mit eigenen Erfahrungen – „Sag es, wenn ich Sorge habe, wenn ich glücklich bin. Sag es, wenn ich mit meinem Freund streite, sag es, wenn ich mich auf den Ausflug freue – Sag es immer. Ich bin bei dir.“

Ein Kind, eine Familie kann in einem kleinen Heftchen für einige Zeit all die Strophen aufschreiben, die im Alltag und in besonderen Situationen entstehen. So entstehen ganz konkrete Gebete in den Worten des Kindes, der Familie.

Oder Sie können eine Kinderbibel nehmen und Ihrem Kind, Ihren Kindern die Geschichten vorlesen, von den Erfahrungen mit Gott, der die Menschen begleitet – von Abraham und Sara, von Jakob und von Josef … Oder einfach selbst wieder einmal darin blättern und lesen …

(aus KirchenBlatt Nr. 19 vom 15. Mai 2011)