Das „LightsOut-Trio“ beschließt am Sonntag, den 25. Februar, die montforter zwischentöne mit einem Dunkelkonzert. Es gehen wirklich alle Lichter aus. Was dabei bei den Musikern und beim Publikum geschieht, davon erzählt der Cellist Steven Walter.

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Das Interview führte Patricia Begle

Herr Walter, wie verändert die Dunkelheit die Wahrnehmung?
Wenn lange Zeit kein Licht ist, verliert man die Orientierung, die räumliche Dimension. Die Musik ist näher, wirkt lauter, die akustische Wahrnehmung ist stärker. Auch das Zeitempfinden ist anders. Es ist ein existenzieller Zustand, ein schöner Zustand.

Wie ist es für die Instrumentalisten?
Walter: Für Streicher ist es zum Beispiel schwierig, einen leisen Ansatz an der Seite zu finden, für den Pianisten sind die Sprünge schwierig. Es braucht hier andere Techniken. Und dann ist es Übungssache. Von der Technik her ist jedes Stück möglich.

Und das Auswendig-Spielen?
Einerseits ist es leichter im Dunkel, weil die Atmosphäre intimer ist. Andererseits gibt es keine Absicherungen - weder mit Noten noch mit visuellem Kontakt. Man ist dann ziemlich alleine.

Halten Sie die Augen beim Spielen geschlossen oder offen?
Ich schließe sie, denn offene Augen suchen ständig nach Licht und ermüden. Allerdings ist es eine ganz andere Erfahrung, wenn man die Augen im Dunkel zumacht - es nimmt nichts weg. Für mich ist es entspannter, ein Kollege hat die Augen offen, da sind wir unterschiedlich.

Wie ist es für Sie, auf der Bühne zu stehen und nicht gesehen zu werden?
Schön. Es geht nicht darum, Projektionsfläche zu sein, nicht um Performance. Es geht nur noch um Musik. Das befreit die Ego-Geschichte.

In Feldkirch kommt als Musiker Kaan Bulak hinzu, der Live-Elektronik improvisiert. Außerdem treten drei Expert/innen in einen Trialog über Visionen zur Stadt der Zukunft. Richtet sich Ihre Stückauswahl danach aus?
Neben unseren eigenen Stücken werden wir mit Bulak auch gemeinsame Stücke spielen, zwei davon haben improvisatorischen Charakter. Bulak hat eine quadrofonische Anlage - also vier Lautsprecher, die im Raum verteilt sind. Er sampelt und bearbeitet unter anderem Klänge und Geräusche aus der Stadt. Auch wir haben Stücke gewählt, die das Stadtgefühl suggerieren - aufgrund des Minimalismus oder der Geschwindigkeit. Die Musik soll zudem Ruhepol sein und Resonanzraum für den Trialog.

Das Programm, also die Liste der Stücke, wird bei Ihren Konzerten erst am Ende des Abends veröffentlich. Warum?
Im Dunkelformat ist es besonders stark, wenn man reingeht und nicht weiß, was passiert, keine genaue Vorstellung davon hat. Wie eine Art Wunderkammer ...

Welche Rolle spielt das Vertrauen? „Blind vertrauen“ scheint hier wörtlich gemeint.
Vertrauen ist eine absolute Notwendigkeit. Beim Einsatz zum Beispiel vertraut man, dass der andere mitgeht. Das gemeinsame Einatmen kann hier Hilfe sein. Das funktioniert natürlich nicht auf die Schnelle, das ist eine Sache des langen Übens.

Und bei den Zuhörenden? Kommt es vor, dass die Dunkelheit Angst macht?
Angst kommt sehr selten vor. Wir hatten über 100 Auftritte und können an einer Hand die Leute abzählen, die Raus mussten. Dafür stehen dann extra Wächter mit Taschenlampen bereit. Vielmehr entsteht im Publikum etwas, was nicht so nahe liegt, aber sehr stark ist. Die Tatsache, dass man niemanden sieht, aber mit 200 Leuten im Raum ist, lässt ein starkes Gemeinschaftsgefühl entstehen. Das ist fast schon eine spirituelle Dimension.

Musik schafft also Gemeinschaft?
Musik ist zwar die abstrakteste Kunstform - nicht zu sehen, nicht zu riechen, nicht zu spüren - gleichzeitig ist sie am direktesten, berührt sofort. Musik ist eine uralte, extrem menschliche Form des Zusammenkommens, der emotionalen Synchronisation von Menschen, eine Form der Kommunikation, die anders nicht geht.

Und was ist Musik für Sie persönlich?
Sie ist einerseits ein Ventil, ein emotionaler Ausgleich. Aber ich spiele selten allein und wenn ich übe, dann um teilen zu können. Es geht beim Musizieren nicht um uns Musiker, sondern darum, etwas zu ermöglichen, was eine klangliche Erfahrung ist. Gemeinschaft ist das Wichtigste in der heutigen Zeit. Denn viele zivilisatorische Entwicklungen - wie Mobilität oder Internet - differenzieren die Gemeinschaft aus, machen sie weniger stark bindend. Musik schafft eine Situation von Gemeinschaft - daran glauben wir.


"aufbrechen - heimkehren“


Die „montforter zwischentöne“ stehen diesmal ganz im Zeichen des 800-Jahr-Jubiläums der Stadt Feldkirch.

_Dialog für Feldkirch - Außenperspektiven und Innensichten zur Zukunft der Stadt.
Workshops: Sieben „Gelehrte“, die in Feldkirch aufgewachsen sind, stellen ihre Arbeit vor.
Freitag, 23. Februar, 16 Uhr, Montforthaus Feldkirch. Eintritt frei, Platzkarten müssen reserviert werden.
Gespräch: Feldkircher Wissenschaftlerinnen und Experten aus der ganzen Welt im Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern zur Zukunft der Stadt.
Freitag, 23. Februar, 20 Uhr, öffentlicher Kreisdialog mit Musik, Montforthaus Feldkirch. Ticket 5 Euro, freie Platzwahl.

_Die Entdeckung von Feldkirch
Eine außergewöhnliche nachmittägliche Erkundungsreise durch die Stadt - mit Installationen, Interaktionen und Performances - mündet abends in eine Vernissage. Im Anschluss gibt es ein Clubbing.
Samstag, 24. Februar, 20 Uhr, Montforthaus. Ticket 5 Euro.

_Lights out
Dunkelkonzert für Musikensemble und drei Stadtvisionäre - Marie-Therese Harnoncourt-Fuchs (Architektin), Prof. Mark Michaeli (Professor für Nachhaltige Entwicklung von Stadt und Land), Dr. Konrad Hummel (Sozialwissenschafter).
Sonntag, 25. Februar, 20 Uhr, Montforthaus Feldkirch. Ticket 35 Euro, Ermäßigungen sind anwendbar, freie Platzwahl.

www.montforter-zwischentoene.at