Menschenhandel und moderne Sklaverei zählen weltweit zu den profitabelsten organisierten Verbrechen. Frauen und Kinder in Kenia sind davon besonders stark betroffen. Das Team der kenianischen Organisation HAART kämpft dagegen an.

Bild: Die Kenianerin Sophie Otiende ist Projektberaterin und Koordinatorin der Organisation HAART („Awareness Against Human Trafficking“), die sich gegen Menschenhandel einsetzt und von „Missio“ unterstützt wird.

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zu Weltmissions-Sonntag 2017

Susanne Huber 

Niemand hätte sich gedacht, dass so etwas passiert. Es war ein Jahr im Leben von Sophie Otiende, das sie wohl nie vergessen wird. Die Erinnerungen daran schmerzen. Trotzdem erzählt sie ihre Geschichte.

Glück im Unglück
Begonnen hatte alles damit, dass Sophie Otiendes Vater, der gut verdiente, plötzlich seinen Job verlor, als sie zwölf Jahre alt war. „Meine Eltern machten sich Sorgen, weil das Geld für die Privatschule, in die ich ging, nicht mehr reichte. Ihnen war aber wichtig, dass ich weiter zur Schule gehe“, erzählt die 30-jährige Kenianerin. Also wurde beschlossen, dass sie ein Jahr lang bei ihrem Onkel in Kakamega, 360 Kilometer von Nairobi entfernt, eine Schule besuchen sollte, die nicht so teuer war. „So kam ich mit 13 Jahren in die Obhut meines Onkels. Zwölf Monate verbrachte ich dann in seinem Haus – als Dienstmädchen, als Putzfrau, ich wurde geschlagen und sexuell missbraucht. Es war schrecklich. Zur Schule durfte ich nicht gehen. Während dieser Zeit bin ich sehr krank geworden, doch mein Onkel brachte mich nicht ins Spital. Ich war eingesperrt, konnte keinen Kontakt zu meinen Eltern aufnehmen, weil ich kein Handy hatte. Und die Entfernung für Besuche seitens meiner Eltern war zu groß, dafür fehlte auch das Geld. Mein Onkel ist reich, mein Vater hat ihm vertraut. Er ist schließlich sein Bruder. Es gab für meine Eltern keinen Grund, sich Sorgen zu machen“, berichtet Sophie Otiende. Immer wieder spielte sie mit dem Gedanken, davonzulaufen. Eines Tages ist es ihr gelungen. „Ich hatte großes Glück, da ich auf der Straße die Freundin meiner Mutter traf, die mir dann geholfen hat.“

Aufklärung
Heute setzt sich Sophie Otiende für jene in Kenia ein, die auch Opfer von Menschenhandel und moderner Sklaverei geworden sind. Neben sexueller Ausbeutung und dem Handel mit Organen ist vor allem die Zwangsarbeit von Kindern im Alter zwischen zehn und 14 Jahren die am häufigsten verbreitete Form des Menschenhandels in ihrer Heimat. Die junge Kenianerin ist als Projektberaterin und Koordinatorin bei der Organisation HAART tätig, die 2010 von Menschenrechtsaktivisten, Anwälten und Missionaren gegründet wurde. „Viele Leute in Kenia wissen gar nicht, was Menschenhandel bedeutet. Daher ist die Aufklärung darüber etwa an Schulen besonders wichtig. In Workshops erleben wir oft, dass den Teilnehmerinnen und Teilnehmern plötzlich bewusst wird, dass sie Opfer von Menschenhandel waren“, erzählt Sophie Otiende. Das Team von HAART stellt außerdem Betroffenen Anwälte zur Verfügung und betreibt in der Hauptstadt Nairobi ein Schutzhaus für Mädchen und Frauen, das von „Missio“ unterstützt wird. Die Afrikanerin macht deutlich, dass Menschenhandel ein globales Problem ist. Laut Studien verschiedener Organisationen wie der ILO (Internationale Arbeitsorganisation) sind weltweit jährlich rund 40 Millionen Menschen Opfer von moderner Sklaverei. „Deshalb müssen wir uns vernetzen und zusammenarbeiten, um gemeinsam dagegen anzukämpfen.“

Ein Stück Weltkirche in Vorarlberg

Einen besonderen Gast aus ­Afrika wird es am Weltmissions-Sonntag in der Pfarre St. Georg in Lauterach geben: Bischof Renatus Nkwande aus Tansania gestaltet gemeinsam mit Missio-Diözesandirektor Werner ­Ludescher die Gottesdienste:

Sa 21. Oktober, 18.30 Uhr, sowie
So 22. Oktober, 9 Uhr, Pfarrkirche, Lauterach

Weltmissions-Sonntag 2017

Am traditionellen Weltmissions-Sonntag (heuer der 22. Oktober) wird weltweit für den Aufbau der Kirche in den ärmsten Diözesen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas gesammelt und gebetet. Organisiert und durchgeführt wird die größte Solidaritätsaktion der Welt von den Päpstlichen Missionswerken („Missio“), die in mehr als 150 Ländern und in allen österreichischen Diözesen seit 1922 vertreten sind. Mit dem Erlös der gesammelten Spenden wird unter anderem ein „Missio“-Projekt in Kenia unterstützt, das sich im Kampf gegen den Menschenhandel engagiert. www.missio.at/wms

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(aus dem KirchenBlatt Nr. 42 vom 19. Oktober 2017)