Bruder Johannes Vogt von den Feldkircher Kapuzinern feiert am 16. Februar seinen 90. Geburtstag. Das KirchenBlatt traf ihn zu diesem Anlass im Antoniushaus in Feldkirch und führte mit ihm ein hochinteressantes Interview über den heiligen Fidelis, über seine persönliche Berufungsgeschichte und darüber, was er uns Nachgeborenen mit auf den Lebensweg geben möchte.

Wolfgang Ölz

An diesem schönen Wintertag betrete ich das Zimmer im Feldkircher Antoniushaus, wo Bruder Johannes Vogt an seinem Schreibtisch sitzt, das aktuelle KirchenBlatt, allerlei Bücher und Schreibutensilien vor sich auf dem Tisch. Bruder Johannes weiß viel aus seinem langen Leben zu erzählen, und immer wieder muss er lächeln, wenn er eine Pointe formuliert. Auch wenn er viel mit seinen Händen arbeitete, hat Bruder Johannes auch viel geforscht, etwa über den heiligen Fidelis. Auf die Frage, welche Bedeutung dem in der Gegenreformation aktiven Kapuziner Fidelis heute zukommt, sagt Bruder Johannes, „dass er ein Vorbild der Glaubenstreue ist. Sein Name Fidelis stellte tatsächlich sein Lebensprogramm dar. Gleichzeitig zeichnete ihn eine große Demut aus, weil er gegenüber den Abgefallenen voll Mitleid war. Er hat alle in Güte angenommen, und deswegen ist er auch für die Ökumene ein Vorbild, weil er so tolerant war. Er kann als eifrig bezeichnet werden, aber nicht als Eiferer.“

600 Führungen
Die Todesart des heiligen Fidelis (1578-1622) war nicht, dass er geköpft wurde, wie viele Feldkircher glauben, sondern er ist im April 1622 erschlagen worden. In Seewies in Graubünden, wo er getötet und begraben worden war, gruben mehrere Kapuziner im Oktober 1622 aus Feldkirch den Leichnam des heiligen Fidelis wieder aus, und da der Verwesungszustand so weit fortgeschritten war, konnten sie das Haupt des Märtyrers leicht vom übrigen Leichnam abheben und nach Feldkirch bringen, wo es heute noch verehrt wird. Von 1992 bis 2005 lebte Bruder Johannes im Kapuzinerkloster Feldkirch. In dieser Zeit hat er ca. 600 Führungen für Schulen, Bischöfe, Prälaten und Ordensschwestern gemacht. 

Die Hauptreliquie
Bruder Johannes weiß kenntnisreich über das Leben und Ordensleben des heiligen Fidelis zu erzählen. Zur Hauptreliquie: „Auf dem Haupt sieht man genau den Schwertstreich, den er zunächst bekommen hat, dann ist er bewusstlos nach vorne gesunken, darauf hat ihm ein zweiter den Schädel hinten gespalten, und dann sind sie mit Dolchen und Spießen gekommen und haben durch den Mantel durchgestochen.“ Das Haupt wurde dann gereinigt, und die geistlichen Schwestern vom damaligen Kloster in der Valduna haben einen Seidenschleier gemacht. Ein Guardian hat dann für das Haupt eine Einfassung des Reliquiars anfertigen lassen. Heute noch kann man im Feldkircher Kapuzinerkloster auch die Zelle des heiligen Fidelis sehen, die von der großen Armut zeugt, die der Heilige lebte.     

Ein Leben der Fülle
Von seiner persönlichen Berufung berichtet Bruder Johannes so: „Ich bin am 16. Februar 1923 in St. Gallenkirch als viertes von acht Kindern geboren. Mein Onkel war ein ausgezeichneter Tischlermeister und ist mit 33 Jahren in den Kapuzinerorden eingetreten. Und als er in den Urlaub zu uns kam, hat er mir so imponiert, dass ich sagte: so einer möchte ich auch werden. Ich wollte als 12-jähriger Bub gleich mit ihm mitgehen. Später kam dann ein Brief aus Bregenz, ich könnte für 50 Schilling im Monat in das Kapuzinerseminar gehen.“ 100 Schilling war der Gegenwert für ein Rind und erst nachdem der Vater geschrieben hatte, er könne sich das nicht leisten, bekam er in Anbetracht dessen, dass sein Onkel als Tischler im Orden so viel geleistet hatte, einen Gratis-Studienplatz. Im August 1939 trat P. Johannes im Alter von 16 Jahren in den Kapuzinerorden ein. 1940 musste er einrücken, erkrankte schwer und konnte aus diesem Grund von 1943 bis 1945 im Privatgymnasium in Imst weiterstudieren und mit der Matura abschließen. 1945 folgte in Innsbruck das Theologiestudium und am 25. Juli 1946 die Priesterweihe durch Bischof Paulus Rusch. U.a. nach Stationen als Landesjugendseelsorger in Kitzbühel und als verantwortlicher Bauleiter des Kapuzinerklosters in Salzburg wirkte er von 1982 bis 1992 als Kaplan in einem großen Altenpflegeheim in Innsbruck.

Zurück in Feldkirch
Dann kam er zurück nach Feldkirch, zunächst ins Kapuzinerkloster und dann als geistlicher Begleiter der Franziskaner Missionschwestern nach Maria Ebene bei Frastanz. 2011 kam er ins Antoniusheim, wo er immer noch täglich im Rollstuhl die Heilige Messe konzelebriert oder auch selbst feiert. Bruder Johannes hat immer sehr viel gearbeitet, praktisch als Tischler, wissenschaftlich als Kirchenhistoriker und vor allem in der Seelsorge. „Die Schreibmaschine haben sie mir weggenommen“, sagt er lachend, „damit ich endlich mehr auf meine Gesundheit achte.“ Und weiter gesteht er: „Ich bin ein Schinder wie mein Vater.“          

Das schönste Erlebnis
Welches war das schönste Erlebnis? „Bei einer Aushilfe in Oberösterreich kam ein Mädchen unter Tränen zu mir, sie war bildhübsch und hat mir erzählt, wie ihr die Burschen zusetzen und nachrennen. Sie sei nicht mehr Jungfrau und fürchte sich vor der Hölle. Nach einem längeren Gespräch habe ich ihr geraten, in ein Kloster zu gehen, und sie ist dann tatsächlich bei den Barmherzigen Schwestern in Salzburg eingetreten. Später habe ich sie dann einmal getroffen, und da war sie überaus glücklich.“ Auch die Begleitung der Sterbenden bereitete oft sehr schöne Stunden. Für uns Nachgeborene hat Bruder Johannes eine Weisheit, nämlich das tägliche Gebet nicht zu vergessen, in der Frühe ein guter Gedanke, abends eine kurze Reue und Danksagung.  Ein alter Pfarrer habe einmal gesagt, das Reuegebet abends sei der Himmelsschlüssel, denn wenn man mit Gott anfange und mit Gott aufhöre, sei man am rechten Weg. „Ich bin überzeugt, dass dieser Kerl, der das Flüchtlingsheim in Batschuns anzünden wollte, wenn er beten würde, diesen Blödsinn nie gemacht hätte.“

 

Neu erschienen

Das Leben des heiligen Fidelis

P. Johannes Vogt hat sein umfangreiches Wissen über den heiligen Fidelis in einem Büchlein festgehalten. Auf knapp fünfzehn Seiten ist das Leben und Wirken des heiligen Fidelis zusammengefasst. Nach einigen programmatischen Vorbemerkungen zur Zeit der (Gegen-)Reformation im heutigen Gebiet von Vorarlberg, Süddeutschland, Tirol und der Ostschweiz folgen chronologische Kapitel zum heiligen Fidelis. Weitere Kapitel widmen sich dem hl. Fidelis als Militärseelsorger, Missionar und vor allem seiner letzten Missionsreise ins Prättigau. Weitere wichtige Punkte der Recherche sind dem Begräbnis des Heiligen, der Ausforschung der Fidelismörder und der Exhumierung, der feierlichen Beisetzung und der Selig- und Heiligsprechung von P. Fidelis gewidmet.

Die neue Broschüre ist beziehbar über das Feldkircher Kapuzinerkloster.